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Dienstag, 6. September 2011

schwanenmeister, 15:16h
Das sind doch mal Erkenntnisse: Ich bin definitiv noch nicht zu alt für diesen Scheiß! Aber die Jahre, in denen ich mir vier Filme am Stück hinter die Binde kippen konnte, scheinen unwiederbringlich vorbei zu sein. Gediegene Double Features dominierten mein so kleines wie feines Programm. Große Teile des Fantasy Filmfest-Angebots gibt es mittlerweile ja schon vorher auf ausländischen DVDs einzusammeln, was ein Abturner sein kann. Und doch gibt es fast nichts schöneres, als einige der wichtigsten Genreperlen des Jahres, wie etwa "The Innkeepers", "Kill List" oder "Urban Explorer", vorzeitig im vollbesetzten Kinosaal unter Gleichgesinnten entdecken zu dürfen. Mit minimalem Vorwissen und offenen, kindlichen Augen. Da mag das Frankfurter Metropolis durch Wegrationalisierung der Meinungs-Pinnwände noch so sehr daran arbeiten, das Fantasy Filmfest optisch komplett in den trüben Blockbuster-Alltag des Multiplexes einzugliedern - der nerdige Spirit der Dauerkartenträger ist nicht klein zu kriegen.
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Sonntag, 4. September 2011

schwanenmeister, 15:36h
"Point Blank" (Fred Cavayé) ★★★
"Á bout portant" ist ein grundsolider Thriller im klassischen Stile von Alfred Hitchcocks "Der unsichtbare Dritte", an dem der doch sehr charismatische Hauptdarsteller Gilles Lellouche und die Genrewolke, die ihn umgibt, am interessantesten sind. Sieht man sich nur Lellouches Filmografie an, erahnt man, wie vielfältig und anregend der aktuelle französische Genrefilm ist: "Anthony Zimmer", "Kein Sterbenswort", "Die Kammer der toten Kinder", "Public Enemy No. 1", "Adèle und das Geheimnis des Pharaos" und "Kleine wahre Lügen", um nur einmal die Highlights zu nennen. Die eine Hälfte davon sind Lieblingsfilme von mir, aus der anderen Hälfte hat Hollywood Remakes versucht. Ein bisschen ironisch ist es da schon, dass sein neuester Film den internationalen Verleihtitel "Point Blank" trägt, was bekanntlich einer der wichtigsten Klassiker des amerikanischen Gangsterfilms ist. Nun, es gibt keinerlei Berührungspunkte. Und doch wirkt der französische "Point Blank" wie eine gekonnte Abkupferung - aber aus seinem eigenen Land. Der unschuldige Bürger, der in eine politische Intrige hineingezogen wird und mit Angst und Überlebenswillen gerade noch die brenzligsten Situationen meistert. Ja, das kennt man doch besser und süchtiger machend etwa aus "Kein Sterbenswort". Aber wenn Lellouche für das Leben seiner hochschwangeren Frau einen angeschossenen Gangster aus dem Krankenhaus schleust, die zahlreichen Verwicklungen immer undurchsichtiger werden und der Zuschauer nicht mehr weiß, wem er jetzt trauen soll, dann macht "Point Blank" eine Menge Spaß und ist dabei gekonnt und ohne unnötige Mätzchen erzählt. Fred Cavayés Weg nach Hollywood ist vorgezeichnet, wurde doch schon sein Diane Kruger-Thriller "Ohne Schuld" von den Amis mit dem Prügelbarden Russell Crowe nachgedreht ("The Next Three Days"). Und der gute Gilles Lellouche taucht demnächst neben Noomi Rapace im neuen "Sherlock Holmes"-Blockbuster auf. Hollywood hat schon eine sehr verquere Art, europäischen Schauspieltalenten Tribut zu zollen; indem sie nämlich weitgehend in schlechten Nebenrollen verheizt werden.
"The Prey" (Eric Valette) ★★★
Mhm. Wieder grundsolide Thrillerkost aus Frankreich, wieder fehlt das Außergewöhnliche. Der kleine Entdecker in mir freute sich über einen in Teilen schön morricone-esken Soundtrack, die sehr heiße Alice Taglioni als investigative Polizistin mit gottgegebener weiblicher Intuition und Schießhemmung und den großen Sergi López in einer viel zu kleinen, eigentlich herrlich egalen Nebenrolle. Die Story um einen Bankräuber, der mit einem Kinderschänder im Knast sitzt und vorzeitig ausbrechen muss, da sein Bettkamerad scharf auf seine Familie ist, lebt von der kriminellen Energie des Pädophilen, als dieser fälschlicherweise nach Intervention seines Anwalts entlassen wird. Weniger interessiert die Hatz, die der Protagonist veranstaltet, um seine Frau und sein Kind zu retten. Zu sehr Profi ist der gute Mann, zu sehr kennt er sich mit Waffen und Schlossknacken aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis er seinen Gegenspieler ausgemacht hat. Auch die Recherche der Polizei nervt zunehmend trotz attraktiven Ermittlerin. Die Staatsmacht lässt sich hier ablenken wie Schiedsrichter beim Wrestling. Natürlich sind sie hinter dem falschen Häftling her. Natürlich gibt es nur Eine, die es besser weiß. Und natürlich will ihr bis zuletzt niemand Glauben schenken. Nein, wenn "The Prey" fasziniert, dann durch die bizarr abstoßende Dynamik zwischen dem Kinderschänder und seiner herzallerliebsten Frau, die für ein eigenes kleines Kind wortwörtlich über Leichenberge geht. In dem Hollywoodfilm "Running Scared" mit Paul Walker gibt es eine ziemlich ähnliche Episode eines solchen Pädo-Pärchens, das in schalldichten Kinderzimmern mit Videokameras die unglaublichsten Grausamkeiten anstellen, die unsere Fantasie zulassen. Und auch dort war bereits das größte Problem, dass die Kinderschänder zu unmenschlichen Monstren aufgebauscht werden. So sehr, dass sie letztlich nicht mehr sind als emotionale Punching Balls, an denen sich die Volksseele abreagieren kann. Wenn ich dagegen etwa Stefan Kurts Molesch-Figur in der Serienkiller-Geschichte "Eine Minute Dunkel" des "Dreileben"-Projekts der ARD halte, verflacht der schicke französische Thriller umso mehr.
"Á bout portant" ist ein grundsolider Thriller im klassischen Stile von Alfred Hitchcocks "Der unsichtbare Dritte", an dem der doch sehr charismatische Hauptdarsteller Gilles Lellouche und die Genrewolke, die ihn umgibt, am interessantesten sind. Sieht man sich nur Lellouches Filmografie an, erahnt man, wie vielfältig und anregend der aktuelle französische Genrefilm ist: "Anthony Zimmer", "Kein Sterbenswort", "Die Kammer der toten Kinder", "Public Enemy No. 1", "Adèle und das Geheimnis des Pharaos" und "Kleine wahre Lügen", um nur einmal die Highlights zu nennen. Die eine Hälfte davon sind Lieblingsfilme von mir, aus der anderen Hälfte hat Hollywood Remakes versucht. Ein bisschen ironisch ist es da schon, dass sein neuester Film den internationalen Verleihtitel "Point Blank" trägt, was bekanntlich einer der wichtigsten Klassiker des amerikanischen Gangsterfilms ist. Nun, es gibt keinerlei Berührungspunkte. Und doch wirkt der französische "Point Blank" wie eine gekonnte Abkupferung - aber aus seinem eigenen Land. Der unschuldige Bürger, der in eine politische Intrige hineingezogen wird und mit Angst und Überlebenswillen gerade noch die brenzligsten Situationen meistert. Ja, das kennt man doch besser und süchtiger machend etwa aus "Kein Sterbenswort". Aber wenn Lellouche für das Leben seiner hochschwangeren Frau einen angeschossenen Gangster aus dem Krankenhaus schleust, die zahlreichen Verwicklungen immer undurchsichtiger werden und der Zuschauer nicht mehr weiß, wem er jetzt trauen soll, dann macht "Point Blank" eine Menge Spaß und ist dabei gekonnt und ohne unnötige Mätzchen erzählt. Fred Cavayés Weg nach Hollywood ist vorgezeichnet, wurde doch schon sein Diane Kruger-Thriller "Ohne Schuld" von den Amis mit dem Prügelbarden Russell Crowe nachgedreht ("The Next Three Days"). Und der gute Gilles Lellouche taucht demnächst neben Noomi Rapace im neuen "Sherlock Holmes"-Blockbuster auf. Hollywood hat schon eine sehr verquere Art, europäischen Schauspieltalenten Tribut zu zollen; indem sie nämlich weitgehend in schlechten Nebenrollen verheizt werden.
"The Prey" (Eric Valette) ★★★
Mhm. Wieder grundsolide Thrillerkost aus Frankreich, wieder fehlt das Außergewöhnliche. Der kleine Entdecker in mir freute sich über einen in Teilen schön morricone-esken Soundtrack, die sehr heiße Alice Taglioni als investigative Polizistin mit gottgegebener weiblicher Intuition und Schießhemmung und den großen Sergi López in einer viel zu kleinen, eigentlich herrlich egalen Nebenrolle. Die Story um einen Bankräuber, der mit einem Kinderschänder im Knast sitzt und vorzeitig ausbrechen muss, da sein Bettkamerad scharf auf seine Familie ist, lebt von der kriminellen Energie des Pädophilen, als dieser fälschlicherweise nach Intervention seines Anwalts entlassen wird. Weniger interessiert die Hatz, die der Protagonist veranstaltet, um seine Frau und sein Kind zu retten. Zu sehr Profi ist der gute Mann, zu sehr kennt er sich mit Waffen und Schlossknacken aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis er seinen Gegenspieler ausgemacht hat. Auch die Recherche der Polizei nervt zunehmend trotz attraktiven Ermittlerin. Die Staatsmacht lässt sich hier ablenken wie Schiedsrichter beim Wrestling. Natürlich sind sie hinter dem falschen Häftling her. Natürlich gibt es nur Eine, die es besser weiß. Und natürlich will ihr bis zuletzt niemand Glauben schenken. Nein, wenn "The Prey" fasziniert, dann durch die bizarr abstoßende Dynamik zwischen dem Kinderschänder und seiner herzallerliebsten Frau, die für ein eigenes kleines Kind wortwörtlich über Leichenberge geht. In dem Hollywoodfilm "Running Scared" mit Paul Walker gibt es eine ziemlich ähnliche Episode eines solchen Pädo-Pärchens, das in schalldichten Kinderzimmern mit Videokameras die unglaublichsten Grausamkeiten anstellen, die unsere Fantasie zulassen. Und auch dort war bereits das größte Problem, dass die Kinderschänder zu unmenschlichen Monstren aufgebauscht werden. So sehr, dass sie letztlich nicht mehr sind als emotionale Punching Balls, an denen sich die Volksseele abreagieren kann. Wenn ich dagegen etwa Stefan Kurts Molesch-Figur in der Serienkiller-Geschichte "Eine Minute Dunkel" des "Dreileben"-Projekts der ARD halte, verflacht der schicke französische Thriller umso mehr.
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Samstag, 3. September 2011

schwanenmeister, 21:10h
"Attack the Block" (Joe Cornish) ★★★
Der Brite Edgar Wright hat aktuell die Scheiße am Schuh. Egal ob der ehemals umfeierte und immer noch von den Geeks dieser Welt hofierte Regisseur von "Shaun of the Dead" und "Hot Fuzz" im Moment etwa als Regisseur, Produzent oder auch nur Buddy auftritt: seine Beteiligungen bringen Pech. Zu dem gigantischen Flop "Grindhouse" steuerte er in freundschaftlicher Verbundenheit mit Tarantino den Fake-Trailer "Don't" bei. Sein eigenes ambitioniertes Hollywoodprojekt "Scott Pilgrim vs. the World" scheiterte sowohl künstlerisch als auch kommerziell. Und auch bei seinem neuesten Film, "Attack the Block", welchen er als ausführender Produzent betreute, ließen ihn die Zuschauer im Stich. Ob dieses Pech auch auf Spielbergs angedachten Welt-Blockbuster "Tim & Struppi" übergehen wird, muss sich zeigen. Jedenfalls schrieben dort jener Wright gemeinsam mit dem "Attack the Block"-Regisseur Joe Cornish das Drehbuch. Wie die beiden den Job bekamen, für Spielberg und Jackson einen der berühmtesten europäischen Comichelden für das Kinojahr 2011 aufzupolieren? Es könnte unter anderem mit "Attack the Block" zu tun haben, diesem Alieninvasions-Film im Ghetto. Man könnte auch Ghetto-Goonies kalauern und dem Ganzen irgendwie gerecht werden. Denn "Attack the Block" ist weit davon entfernt, ein großer Wurf zu sein. Er macht ganz gut Spaß, hauptsächlich dadurch, dass er kleine "böse" Gangster gute Sachen tun lässt. In Süd-London stürzen also Aliens ab. Bevor sie aber ihre Raserei beginnen können, werden sie schon kalt gestellt. Sie haben sich nämlich die falsche Gegend ausgesucht. Das ist dann weder spannend, noch gruselig, da man die Monster von Anfang an im vollen Umfang zu sehen bekommt. Der Zuschauer weiß, wie einfach sie doch zu töten sind. Und zu allem Überfluss sehen die knuddeligen Monster aus dem Weltraum mit ihren phosphorisierenden Gebissen auch noch so aus, als wären sie aus dem Stickeralbum der kleinen Schwester entwischt. Kindergarten, wenn man sie mit den deutlich knuddeligeren 1980er-Jahre-Kultmonstern wie den Critters, den Gremlins oder gleich den Ewoks vergleicht, die dagegen aber auch wussten, echten Terror zu verbreiten. Die junge Gang rettet den Tag und den Film. Wer Spaß daran hat, kann auch noch die London-Riots aus der Realität in den filmischen Wohnblöcken ausmachen. Aber es ist vor allem John Boyega, der charismatische und schweigsame Anführer der Gruppe, der den Film auf seinen Schultern trägt und wohl bald ein ganz Großer wird. Er spielt nämlich wie ein junger Denzel Washington. Aus "Attack the Block" wiederum wird nur recht brauchbare Filmware für einen Videoabend.
"Shaolin" (Benny Chan) ★½
Martial Arts-Kino zum Abgewöhnen. Ja, Hongkong-Bombast ohne Herz, aber hauptsächlich für die Seele des chinesischen Staates. Immer noch die rassistische Attitüde gegen die bösen Ausländer, die das Land der Mitte korrumpieren wollen. Damals, in den Shaw Brothers-Filmen der 1970er-Jahre, sah man darüber gerne hinweg, wenn Gordon Liu und Wang Yu nur ordentlich die Knochen knacken ließen. In "Shaolin" schreit einen der Ausländerhass aber wegen der dünnen Geschichte und den papierenen Figuren geradezu an. Feinste Genreperlen wie "Detective Dee and the Mystery of the Phantom Flame", "Reign of Assassins" oder "Wu Xia" hatten wieder Heißhunger auf stilsichere Kampfkunst aus Fernost gemacht. "Shaolin" spuckt dem Ganzen in die fein gewürzte Suppe. Dabei gab es keinen echten Buzz um den Film. Einzig der Trailer sprach mich an. Und er war eben Teil des Fantasy Filmfests. Warum frage ich mich jetzt? Vielleicht reichen manchem die Statistenheere, die Explosionen oder dass Jackie Chan in einer selten dämlichen Rolle als clownesker Gemüsekoch zu sehen ist. Was für einen ruhmreichen Auftritt bekam Jimmy Wang Yu dieses Jahr in "Wu Xia" spendiert. Wie peinlich nimmt sich dagegen das Herumgeblödel von Jackie hier aus. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Chan dem Regisseur noch einen Gefallen schuldig gewesen sein muss. Es geht um einen grausamen Herrscher (Andy Lau), der Opfer einer Intrige seiner rechten Hand (eine Entdeckung: Nicholas Tse) wird, wobei er der Familie und der Macht beraubt wird. Zur Läuterung geht er ins Kloster, lässt sich Kung Fu beibringen und kämpft an der Seite der Mönche gegen seine alten Lakaien, die mittlerweile Geschäfte mit den fiesen Ausländern machen. Um die Subtilität der Geschichte zu unterstreichen, sei nur einmal kurz der Hinterhalt geschildert, in den Andy Lau mit seiner Familie gerät: Dort jagen ihn nämlich unzählige äxteschwingende Wahnsinnige auf Kutschen durch das Restaurant über die Steppe, bis er sich an einem Berganhang verstecken kann. Man fragt sich nur anfangs, warum Lau bei einem Treffen, wo er selbst plante, seinen Konkurrenten zu ermorden, im Vorfeld nicht bessere Schutzmaßnahmen getroffen hat. Solch offensichtliche Aggressoren hätten für den mächtigsten Mann der Region eigentlich kein Problem darstellen dürfen. Vor allem die Figuren sind schrecklich eindimensional gezeichnet. Entfernt erinnern sie an die Takashi Miike-Schule im überschätzten Genrewerk "Thirteen Assassins". Die Protagonisten bleiben auf Distanz, weil sie nicht mehr als austauschbare Klischees sind, die einer plumpen Botschaft zu dienen haben. Hail to China. Die Action ist so blutleer wie unspektakulär. Die Überlänge tut ihr übriges. "Shaolin" ist ein seelenloses Kitschprodukt vom Fließband. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.
Der Brite Edgar Wright hat aktuell die Scheiße am Schuh. Egal ob der ehemals umfeierte und immer noch von den Geeks dieser Welt hofierte Regisseur von "Shaun of the Dead" und "Hot Fuzz" im Moment etwa als Regisseur, Produzent oder auch nur Buddy auftritt: seine Beteiligungen bringen Pech. Zu dem gigantischen Flop "Grindhouse" steuerte er in freundschaftlicher Verbundenheit mit Tarantino den Fake-Trailer "Don't" bei. Sein eigenes ambitioniertes Hollywoodprojekt "Scott Pilgrim vs. the World" scheiterte sowohl künstlerisch als auch kommerziell. Und auch bei seinem neuesten Film, "Attack the Block", welchen er als ausführender Produzent betreute, ließen ihn die Zuschauer im Stich. Ob dieses Pech auch auf Spielbergs angedachten Welt-Blockbuster "Tim & Struppi" übergehen wird, muss sich zeigen. Jedenfalls schrieben dort jener Wright gemeinsam mit dem "Attack the Block"-Regisseur Joe Cornish das Drehbuch. Wie die beiden den Job bekamen, für Spielberg und Jackson einen der berühmtesten europäischen Comichelden für das Kinojahr 2011 aufzupolieren? Es könnte unter anderem mit "Attack the Block" zu tun haben, diesem Alieninvasions-Film im Ghetto. Man könnte auch Ghetto-Goonies kalauern und dem Ganzen irgendwie gerecht werden. Denn "Attack the Block" ist weit davon entfernt, ein großer Wurf zu sein. Er macht ganz gut Spaß, hauptsächlich dadurch, dass er kleine "böse" Gangster gute Sachen tun lässt. In Süd-London stürzen also Aliens ab. Bevor sie aber ihre Raserei beginnen können, werden sie schon kalt gestellt. Sie haben sich nämlich die falsche Gegend ausgesucht. Das ist dann weder spannend, noch gruselig, da man die Monster von Anfang an im vollen Umfang zu sehen bekommt. Der Zuschauer weiß, wie einfach sie doch zu töten sind. Und zu allem Überfluss sehen die knuddeligen Monster aus dem Weltraum mit ihren phosphorisierenden Gebissen auch noch so aus, als wären sie aus dem Stickeralbum der kleinen Schwester entwischt. Kindergarten, wenn man sie mit den deutlich knuddeligeren 1980er-Jahre-Kultmonstern wie den Critters, den Gremlins oder gleich den Ewoks vergleicht, die dagegen aber auch wussten, echten Terror zu verbreiten. Die junge Gang rettet den Tag und den Film. Wer Spaß daran hat, kann auch noch die London-Riots aus der Realität in den filmischen Wohnblöcken ausmachen. Aber es ist vor allem John Boyega, der charismatische und schweigsame Anführer der Gruppe, der den Film auf seinen Schultern trägt und wohl bald ein ganz Großer wird. Er spielt nämlich wie ein junger Denzel Washington. Aus "Attack the Block" wiederum wird nur recht brauchbare Filmware für einen Videoabend.
"Shaolin" (Benny Chan) ★½
Martial Arts-Kino zum Abgewöhnen. Ja, Hongkong-Bombast ohne Herz, aber hauptsächlich für die Seele des chinesischen Staates. Immer noch die rassistische Attitüde gegen die bösen Ausländer, die das Land der Mitte korrumpieren wollen. Damals, in den Shaw Brothers-Filmen der 1970er-Jahre, sah man darüber gerne hinweg, wenn Gordon Liu und Wang Yu nur ordentlich die Knochen knacken ließen. In "Shaolin" schreit einen der Ausländerhass aber wegen der dünnen Geschichte und den papierenen Figuren geradezu an. Feinste Genreperlen wie "Detective Dee and the Mystery of the Phantom Flame", "Reign of Assassins" oder "Wu Xia" hatten wieder Heißhunger auf stilsichere Kampfkunst aus Fernost gemacht. "Shaolin" spuckt dem Ganzen in die fein gewürzte Suppe. Dabei gab es keinen echten Buzz um den Film. Einzig der Trailer sprach mich an. Und er war eben Teil des Fantasy Filmfests. Warum frage ich mich jetzt? Vielleicht reichen manchem die Statistenheere, die Explosionen oder dass Jackie Chan in einer selten dämlichen Rolle als clownesker Gemüsekoch zu sehen ist. Was für einen ruhmreichen Auftritt bekam Jimmy Wang Yu dieses Jahr in "Wu Xia" spendiert. Wie peinlich nimmt sich dagegen das Herumgeblödel von Jackie hier aus. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Chan dem Regisseur noch einen Gefallen schuldig gewesen sein muss. Es geht um einen grausamen Herrscher (Andy Lau), der Opfer einer Intrige seiner rechten Hand (eine Entdeckung: Nicholas Tse) wird, wobei er der Familie und der Macht beraubt wird. Zur Läuterung geht er ins Kloster, lässt sich Kung Fu beibringen und kämpft an der Seite der Mönche gegen seine alten Lakaien, die mittlerweile Geschäfte mit den fiesen Ausländern machen. Um die Subtilität der Geschichte zu unterstreichen, sei nur einmal kurz der Hinterhalt geschildert, in den Andy Lau mit seiner Familie gerät: Dort jagen ihn nämlich unzählige äxteschwingende Wahnsinnige auf Kutschen durch das Restaurant über die Steppe, bis er sich an einem Berganhang verstecken kann. Man fragt sich nur anfangs, warum Lau bei einem Treffen, wo er selbst plante, seinen Konkurrenten zu ermorden, im Vorfeld nicht bessere Schutzmaßnahmen getroffen hat. Solch offensichtliche Aggressoren hätten für den mächtigsten Mann der Region eigentlich kein Problem darstellen dürfen. Vor allem die Figuren sind schrecklich eindimensional gezeichnet. Entfernt erinnern sie an die Takashi Miike-Schule im überschätzten Genrewerk "Thirteen Assassins". Die Protagonisten bleiben auf Distanz, weil sie nicht mehr als austauschbare Klischees sind, die einer plumpen Botschaft zu dienen haben. Hail to China. Die Action ist so blutleer wie unspektakulär. Die Überlänge tut ihr übriges. "Shaolin" ist ein seelenloses Kitschprodukt vom Fließband. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.
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schwanenmeister, 03:03h
"ALPS (A-) Dazzling formal freakout on nervy theme of 'substitution' expands on the absurdist comedy and compositional elegance of DOGTOOTH." (Guy Lodge, In Contention) "ALPS is great; a real puzzle but very rewarding. Another film to see cold." (Damon Wise, Empire) "I just bailed on ALPS after one hour. DOGTOOTH, ATTENBERG and this are, for me, all just the same nothingy nothingness. Blind spot?" (Neil Young, Hollywood Reporter) "Got gloriously lost in ALPS. Opaque, wicked-funny tale of bereavement gurus that puts the dead in deadpan. Smartest Venice film so far." (Xan Brooks, Guardian) "Brilliantly executed, Yorgos Lanthimos has managed to match if not surpass DOGTOOTH with his new film ALPS." (Kieron Corless, Sight & Sound) "Lanthimos gelingt damit einmal mehr ein ebenso irritierndes wie einnehmendes Generationsporträt." (Felicitas Kleiner, Filmdienst) "Result feels less innovative than its predecessors." (Boyd van Hoeji, Variety) "A truly original work and a masterpiece of contemporary existentialism, confirming Lanthimos as Europe’s most pertinent hope in an arthouse cinema suffocating in the alienation-boredom of Haneke et al." (Christoph Huber, Die Presse) "Shot with a brilliant understanding of widescreen composition, activating the entire space of the screen, ALPS has graphic, aesthetic confrontational power but fails to confront its own ideas." (Daniel Kasman, Mubi.com) "Ein kleiner, stiller Film im Wettbewerb läuft den großen Namen bisher den Rang ab." (Christiane Peitz, Tagesspiegel) "Zugleich ist ALPIS eine kluge Reflexion über Realismus im Kino, dessen Geschlossenheit er unentwegt aufbricht." (Dominik Kamalzadeh, Der Standard) "There were some, too, who were waving the flag for ALPS, which, despite its bold attitude, is familiar and not as pleasurable or stimulating as DOGTOOTH." (Dave Calhoun, Time Out London)
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Mittwoch, 31. August 2011

schwanenmeister, 14:54h
"The Innkeepers" (Ti West) ★★★½
Regisseur Ti West galt seit seinem chilligen Satans-Slasher "The House of the Devil" als einer der letzten Hoffnungsträger des amerikanischen Horrorfilms. Splat Pack-Größen wie Eli Roth und Rob Zombie hatten vor langer Zeit ihr Mojo verschossen. Der Mainstream-Horror verlor sich im unendlichen Sequel-, Reboot- und Prequel-Wahn, den ausländische Fachkräfte wie Alexandre Aja oder Marcus Nispel bewerkstelligten. Nur US-Boy Lucky McKee sprang dieses Jahr mit "The Woman" in die Bresche. Vielleicht ist es genau diese Last auf Ti Wests Schultern, die mich nach "The Innkeepers" doch mehr oder weniger enttäuscht im Kinosaal zurückließ. Der Begriff Mumblecore-"The Shining" fasst seinen Geisterhaus-Film beängstigend gut zusammen. Wie in "The House of the Devil" gibt es eine wahnsinnige Spannungskurve, die durch das Herumgammeln der Protagonisten auf die Spitze getrieben wird. Nur wird dieses Mal, in den letzten Tagen eines schäbigen Hotels, das kurz vor der Schließung steht und dessen verbliebene Angestellte zwei äußerst sympathische Slacker mit einem Hang zur Geisterjagd sind, eines deutlich: Im Vordergrund stehen nicht mehr der Horror und der Suspense, sondern die schief laufende Liebesgeschichte zwischen zwei befreundeten Arbeitskollegen. West inszeniert das blonde Model Sara Paxton, die mit gestrengem Seitenscheitel die etwas schusselige, aber immer niedliche und noch liebenswertere Claire spielt, als feuchte Geekfantasie. Die Kamera ist ganz vernarrt in ihre aufgerissene Jeans. Und jedes Mal wenn sie ihr Asthma-Spray aus der Tasche zieht, erinnert sie dabei an Sean Astin in "The Goonies" oder auch Jonathan Brandis in "Sidekicks". Das Asthma-Spray definierte die Nerds und Außenseiter im Hollywoodfilm der 1980er und frühen 1990er-Jahre. Bei Sara Paxton wird das Erkennungszeichen nun zum sexuellen Fetisch aufgeladen. Die Tragik von "The Innkeepers" liegt darin verborgen, dass Claire - die heimliche Liebe in Lukes Leben, mit der er sich blind versteht - seine Leidenschaft für Geister nicht nur adaptiert, sondern daran in einer Art Besessenheit letztlich zugrunde geht. Dieses sehr gegenwärtige Dilemma zwischen Internetpornos und Perspektivlosigkeit erzählt Ti West so humorvoll wie ökonomisch. Aber letztlich vertrug sich das bei mir nicht richtig mit dem allzu straighten und kantenlosen Horror-Plot. Ich habe aber Lust, bald einen zweiten Blick zu riskieren. Und "Cabin Fever 2" wird nachgeholt! Versprochen!
Regisseur Ti West galt seit seinem chilligen Satans-Slasher "The House of the Devil" als einer der letzten Hoffnungsträger des amerikanischen Horrorfilms. Splat Pack-Größen wie Eli Roth und Rob Zombie hatten vor langer Zeit ihr Mojo verschossen. Der Mainstream-Horror verlor sich im unendlichen Sequel-, Reboot- und Prequel-Wahn, den ausländische Fachkräfte wie Alexandre Aja oder Marcus Nispel bewerkstelligten. Nur US-Boy Lucky McKee sprang dieses Jahr mit "The Woman" in die Bresche. Vielleicht ist es genau diese Last auf Ti Wests Schultern, die mich nach "The Innkeepers" doch mehr oder weniger enttäuscht im Kinosaal zurückließ. Der Begriff Mumblecore-"The Shining" fasst seinen Geisterhaus-Film beängstigend gut zusammen. Wie in "The House of the Devil" gibt es eine wahnsinnige Spannungskurve, die durch das Herumgammeln der Protagonisten auf die Spitze getrieben wird. Nur wird dieses Mal, in den letzten Tagen eines schäbigen Hotels, das kurz vor der Schließung steht und dessen verbliebene Angestellte zwei äußerst sympathische Slacker mit einem Hang zur Geisterjagd sind, eines deutlich: Im Vordergrund stehen nicht mehr der Horror und der Suspense, sondern die schief laufende Liebesgeschichte zwischen zwei befreundeten Arbeitskollegen. West inszeniert das blonde Model Sara Paxton, die mit gestrengem Seitenscheitel die etwas schusselige, aber immer niedliche und noch liebenswertere Claire spielt, als feuchte Geekfantasie. Die Kamera ist ganz vernarrt in ihre aufgerissene Jeans. Und jedes Mal wenn sie ihr Asthma-Spray aus der Tasche zieht, erinnert sie dabei an Sean Astin in "The Goonies" oder auch Jonathan Brandis in "Sidekicks". Das Asthma-Spray definierte die Nerds und Außenseiter im Hollywoodfilm der 1980er und frühen 1990er-Jahre. Bei Sara Paxton wird das Erkennungszeichen nun zum sexuellen Fetisch aufgeladen. Die Tragik von "The Innkeepers" liegt darin verborgen, dass Claire - die heimliche Liebe in Lukes Leben, mit der er sich blind versteht - seine Leidenschaft für Geister nicht nur adaptiert, sondern daran in einer Art Besessenheit letztlich zugrunde geht. Dieses sehr gegenwärtige Dilemma zwischen Internetpornos und Perspektivlosigkeit erzählt Ti West so humorvoll wie ökonomisch. Aber letztlich vertrug sich das bei mir nicht richtig mit dem allzu straighten und kantenlosen Horror-Plot. Ich habe aber Lust, bald einen zweiten Blick zu riskieren. Und "Cabin Fever 2" wird nachgeholt! Versprochen!
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Dienstag, 30. August 2011
Das TV-Epos des Jahres: "Dreileben"
schwanenmeister, 04:06h
Hätte es einen deutschen Fernsehsender mit noch größeren Eiern gegeben, würde ich heute wahrscheinlich die NBA-Finals zwischen den Dallas Mavericks und den Miami Heat als das TV-Epos des Jahres ausrufen. Ich denke aber, dass "Dreileben" ein würdiger Vertreter ist, was die Eier und die epische Qualität betrifft. Alle drei Spielfilme zusammengenommen, erzählten Christian Petzold, Dominik Graf und Christoph Hochhäusler länger als "Vom Winde verweht" auf dem immer noch besten Sendeplatz des deutschen Fernsehens, nämlich ab 20.15 Uhr in der ARD. Wie sich dieses wunderschöne Experiment in den Quoten auswirkt, wird sich morgen früh zeigen. Ob es bald so etwas wiedergeben wird, bleibt zu bezweifeln. Aber ich kann immerhin sagen, dabei gewesen zu sein, als Fernsehgeschichte geschrieben wurde. Für völlig falsch halte ich den Ansatz, die Filme einzeln zu bewerten - oder noch schlimmer: sie gegeneinander auszuspielen. Ich finde, das große Vergnügen dieser TV-Trilogie entsteht doch erst, wenn sich die Filme übereinander legen und miteinander kommunizieren, so dass der Zuschauer anhand der ausgeworfenen Erzählnetze eine Art emotionale Karte dieses fiktiven Verbrechens erhält, die das Entdecken im jeweils anderen Teil befördert. Apropos: Wann kommt denn eigentlich endlich "Carlos - Der Schakal" als Miniserie auf Arte?
Nachtrag: Quotenmeter-Überschrift lautet: "Dreileben"-Experiment gescheitert. 20.15 Uhr (2,61 Mio.), 21.45 Uhr (1,84 Mio.), 23.30 Uhr (0,81 Mio.). Was natürlich großer Unsinn ist. Die ARD war der Ausgangspunkt, der die nötige Aufmerksamkeit generierte. Aber die Filme werden erst ihr richtiges Publikum finden, wenn sie unzählige Male auf den Extra-Kanälen und in den dritten Programmen versendet sein werden. Und ich finde die Zahl von gut achthunderttausend cinephilen Wahnsinnigen, die sich scheinbar die ganze Trilogie am Stück gegeben haben, einen beachtlichen Erfolg.
Nachtrag: Quotenmeter-Überschrift lautet: "Dreileben"-Experiment gescheitert. 20.15 Uhr (2,61 Mio.), 21.45 Uhr (1,84 Mio.), 23.30 Uhr (0,81 Mio.). Was natürlich großer Unsinn ist. Die ARD war der Ausgangspunkt, der die nötige Aufmerksamkeit generierte. Aber die Filme werden erst ihr richtiges Publikum finden, wenn sie unzählige Male auf den Extra-Kanälen und in den dritten Programmen versendet sein werden. Und ich finde die Zahl von gut achthunderttausend cinephilen Wahnsinnigen, die sich scheinbar die ganze Trilogie am Stück gegeben haben, einen beachtlichen Erfolg.
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Sonntag, 28. August 2011

schwanenmeister, 16:28h
"Kill List" (Ben Wheatley) ★★★★★
Du willst das düstere britische Meisterwerk "Kill List" noch sehen? Dann lies bloß nicht weiter! Verschließe sofort deine Ohren, wenn jemand aus deinem Umfeld davon schwärmen sollte, verschließe deine Augen, wenn Kritiken oder Trailer auftauchen! Du würdest dir ansonsten eine der erinnerungswürdigsten Filmerfahrungen des Kinojahres versauen. Umso weniger du weißt, umso besser. Ich wusste praktisch nichts - und wurde förmlich weggeblasen. "Kill List" war der Geheimtipp des South By Southwest-Festival, das sich neben Sundance immer mehr zur elementaren Frühjahrs-Startrampe von Genreperlen entwickelt. Die Horrorexperten Scott Weinberg, Drew McWeeny und Alan Jones waren begeistert, die IFC Midnight-Schiene hatte wieder mal zugeschlagen, und die britische Zensurbehörde spielte verrückt - mehr brauchte es für mich nicht.
"Kill List" ist ein abartiger Genrebastard, der immer genau dann seine Richtung zu ändern scheint, wenn man ihn gerade verstanden zu haben glaubt. Der Film beginnt als klassisches Kitchen Sink-Drama, wie es Mike Leigh und Ken Loach in Großbritannien zu einer Marke und zu einem Makel gemacht haben. Ein arbeitsloser Mann, der seiner Frau und seinem jungen Sohn auf der Tasche liegt, weil er nichts mit sich anzufangen weiß. Soweit es die stark im lokalen Dialekt gesprochenen Dialogfetzen zulassen, muss er früher wohl Soldat gewesen sein, der auf eine neue Anstellung wartet. Einmal brät er sich einen von der Katze erlegten Hasen, den er wegen des Ekels der Ehefrau nur allein im Garten verzehren darf. Ein anderes Mal stößt ihn sein Sohnemann beim Rasieren an. Er schneidet sich und fühlt sich dabei erinnert. Bei einem Abendessen mit Freunden eskaliert dann die Situation. Die Emotionen schlagen hoch. Der Freund schreitet ein. Er hat einen neuen, mysteriösen Job an der Angel. Und so kippt "Kill List" das erste Mal in eine völlig andere Richtung. Aus dem Familiendrama wird ein waschechter britischer Gangsterfilm. Und jeder, der sich in der Gangsterfilm-Geschichte etwas auskennt, weiß, dass die Engländer in den 1970er-Jahren die besten gemacht haben. Gelegentlich scheint das heute noch in neueren Produktionen wie "Gangster No. 1" oder "Sexy Beast" durch. Schlimm wurde es immer, wenn die Briten nicht an die eigene Historie, sondern an Quentin Tarantino anknüpfen wollten (Guy Ritchie, Matthew Vaughn). Aber was "Kill List" dann auffährt, erinnert nicht nur an die Klassiker "Get Carter", "Callan", "Sitting Target" oder "The Squeeze", sondern findet seine eigene Stimme. Es wird sehr existenzialistisch und düster - als ob die Gangster mit Knarre und Hammer die eigenen inneren Dämonen jagen würden. Darin steckt bereits die nächste Genrewendung, wenn der Gangsterfilm zum Selbstjustiz-Thriller morpht. Den intensiven, süchtig machenden Darstellern Neil Maskell und Mike Smiley ist es zu verdanken, dass daraus zu keinem Moment eine blasse Kopie von "Reservoir Dogs" oder "Pulp Fiction" wird, was innerhalb der Grenzen dieser Genres einer wahren Kunst gleichkommt. Wenn, dann erinnern Wheatleys Gangster eher an die deprimierende Brutalität und Hilflosigkeit eines Richard Burton in "Villain". Aber das Blatt wendet sich noch einmal - übrigens wieder in Richtung eines Subgenre, das die Briten in den 1970er-Jahren beherrschten und antrieben. Und als die Kirchenglocken zum Schluss läuteten, war ich jedenfalls total am Ende. Womit hatte ich solch einen cinephilen Wunsch- bzw. Alptraum verdient?
"Urban Explorer" (Andy Fetscher) ★★★★
Eigentlich müsste ich den Münchner Regisseur Andy Fetscher in den höchsten Tönen loben. Machte er es doch im selben Festival einem Tim Fehlbaum vor, wie man trotz ausgelutschter Genrevorgabe einen eigenständigen Horrorfilm zaubert, der nicht ständig an zu nahe oder zu große Vorbilder erinnert. Fetscher ist ein neuartiger Berlin-Film geglückt, der uns die totgefilmte Hauptstadt aus doppelt anregender Perspektive anders kennenlernen lässt: zum einen aus den Augen von ausländischen, kosmopolitischen Backpackern, die auf ihrer ach so hippen Europareise eine besondere Art von Kick suchen; zum anderen aus dem Inneren der Erde, da die Abenteuerlustigen eine Tour durch die unterirdischen Gänge, Bunker und Abwasserkanäle der Stadt gebucht haben. So wirft Regisseur Fetscher gleich noch mal einen ganz anderen, in Partylaune doch mehr oder weniger verdrängten Blick auf Berlin. Und was das für ein Blick ist: ein aufgeregter, positiv nervöser, aufregender, immer interessierter, in allen Belangen auf internationaler Klasse mitspielender Psychoblick. Aber würde ich nur das loben, würde ich deutlich die wahre Stärke und den heimlichen Hauptdarsteller und Helden der Geschichte unterschlagen. Er heißt Klaus Stiglmeier, ist seit Mitte der 1980er-Jahre im Geschäft und meistens nur das verrückte Gesicht hinten rechts oder der Spaßvogel vorne links gewesen. Man kennt ihn vielleicht aus der bayerischen Comedy-Sendung "Kanal Fatal", hat ihn bestimmt schon mal irgendwo mitspielen gesehen. Aber es sollte 26 Jahre dauern, bis er nach Siggi Götz' "Die Einsteiger" wieder eine tragende Rolle in einem Horrorfilm spielen konnte. Und bei Gott, genießt er dieses Comeback. Klaus Stiglmeier ist mindestens der Dieter Laser ("The Human Centipede") des diesjährigen Fantasy Filmfest. Tatsächlich hat er sich hier aber mit hingebungsvoller Akribie eine eigene Kategorie geschaffen, an der sich deutsche Charakterdarsteller in absoluten Wahnsinnsrollen in den nächsten Jahrzehnten abarbeiten dürften. Auszuformulieren, was Stiglmeiers Auftritt so groß macht, würde die Luft aus dem Film lassen. Und so schweige ich, tease nur und zitiere FrightFest-Maestro Alan Jones: "THE DESCENT meets CREEP in a nightmare as epic as the stunning subterranean locations."
Du willst das düstere britische Meisterwerk "Kill List" noch sehen? Dann lies bloß nicht weiter! Verschließe sofort deine Ohren, wenn jemand aus deinem Umfeld davon schwärmen sollte, verschließe deine Augen, wenn Kritiken oder Trailer auftauchen! Du würdest dir ansonsten eine der erinnerungswürdigsten Filmerfahrungen des Kinojahres versauen. Umso weniger du weißt, umso besser. Ich wusste praktisch nichts - und wurde förmlich weggeblasen. "Kill List" war der Geheimtipp des South By Southwest-Festival, das sich neben Sundance immer mehr zur elementaren Frühjahrs-Startrampe von Genreperlen entwickelt. Die Horrorexperten Scott Weinberg, Drew McWeeny und Alan Jones waren begeistert, die IFC Midnight-Schiene hatte wieder mal zugeschlagen, und die britische Zensurbehörde spielte verrückt - mehr brauchte es für mich nicht.
"Kill List" ist ein abartiger Genrebastard, der immer genau dann seine Richtung zu ändern scheint, wenn man ihn gerade verstanden zu haben glaubt. Der Film beginnt als klassisches Kitchen Sink-Drama, wie es Mike Leigh und Ken Loach in Großbritannien zu einer Marke und zu einem Makel gemacht haben. Ein arbeitsloser Mann, der seiner Frau und seinem jungen Sohn auf der Tasche liegt, weil er nichts mit sich anzufangen weiß. Soweit es die stark im lokalen Dialekt gesprochenen Dialogfetzen zulassen, muss er früher wohl Soldat gewesen sein, der auf eine neue Anstellung wartet. Einmal brät er sich einen von der Katze erlegten Hasen, den er wegen des Ekels der Ehefrau nur allein im Garten verzehren darf. Ein anderes Mal stößt ihn sein Sohnemann beim Rasieren an. Er schneidet sich und fühlt sich dabei erinnert. Bei einem Abendessen mit Freunden eskaliert dann die Situation. Die Emotionen schlagen hoch. Der Freund schreitet ein. Er hat einen neuen, mysteriösen Job an der Angel. Und so kippt "Kill List" das erste Mal in eine völlig andere Richtung. Aus dem Familiendrama wird ein waschechter britischer Gangsterfilm. Und jeder, der sich in der Gangsterfilm-Geschichte etwas auskennt, weiß, dass die Engländer in den 1970er-Jahren die besten gemacht haben. Gelegentlich scheint das heute noch in neueren Produktionen wie "Gangster No. 1" oder "Sexy Beast" durch. Schlimm wurde es immer, wenn die Briten nicht an die eigene Historie, sondern an Quentin Tarantino anknüpfen wollten (Guy Ritchie, Matthew Vaughn). Aber was "Kill List" dann auffährt, erinnert nicht nur an die Klassiker "Get Carter", "Callan", "Sitting Target" oder "The Squeeze", sondern findet seine eigene Stimme. Es wird sehr existenzialistisch und düster - als ob die Gangster mit Knarre und Hammer die eigenen inneren Dämonen jagen würden. Darin steckt bereits die nächste Genrewendung, wenn der Gangsterfilm zum Selbstjustiz-Thriller morpht. Den intensiven, süchtig machenden Darstellern Neil Maskell und Mike Smiley ist es zu verdanken, dass daraus zu keinem Moment eine blasse Kopie von "Reservoir Dogs" oder "Pulp Fiction" wird, was innerhalb der Grenzen dieser Genres einer wahren Kunst gleichkommt. Wenn, dann erinnern Wheatleys Gangster eher an die deprimierende Brutalität und Hilflosigkeit eines Richard Burton in "Villain". Aber das Blatt wendet sich noch einmal - übrigens wieder in Richtung eines Subgenre, das die Briten in den 1970er-Jahren beherrschten und antrieben. Und als die Kirchenglocken zum Schluss läuteten, war ich jedenfalls total am Ende. Womit hatte ich solch einen cinephilen Wunsch- bzw. Alptraum verdient?
"Urban Explorer" (Andy Fetscher) ★★★★
Eigentlich müsste ich den Münchner Regisseur Andy Fetscher in den höchsten Tönen loben. Machte er es doch im selben Festival einem Tim Fehlbaum vor, wie man trotz ausgelutschter Genrevorgabe einen eigenständigen Horrorfilm zaubert, der nicht ständig an zu nahe oder zu große Vorbilder erinnert. Fetscher ist ein neuartiger Berlin-Film geglückt, der uns die totgefilmte Hauptstadt aus doppelt anregender Perspektive anders kennenlernen lässt: zum einen aus den Augen von ausländischen, kosmopolitischen Backpackern, die auf ihrer ach so hippen Europareise eine besondere Art von Kick suchen; zum anderen aus dem Inneren der Erde, da die Abenteuerlustigen eine Tour durch die unterirdischen Gänge, Bunker und Abwasserkanäle der Stadt gebucht haben. So wirft Regisseur Fetscher gleich noch mal einen ganz anderen, in Partylaune doch mehr oder weniger verdrängten Blick auf Berlin. Und was das für ein Blick ist: ein aufgeregter, positiv nervöser, aufregender, immer interessierter, in allen Belangen auf internationaler Klasse mitspielender Psychoblick. Aber würde ich nur das loben, würde ich deutlich die wahre Stärke und den heimlichen Hauptdarsteller und Helden der Geschichte unterschlagen. Er heißt Klaus Stiglmeier, ist seit Mitte der 1980er-Jahre im Geschäft und meistens nur das verrückte Gesicht hinten rechts oder der Spaßvogel vorne links gewesen. Man kennt ihn vielleicht aus der bayerischen Comedy-Sendung "Kanal Fatal", hat ihn bestimmt schon mal irgendwo mitspielen gesehen. Aber es sollte 26 Jahre dauern, bis er nach Siggi Götz' "Die Einsteiger" wieder eine tragende Rolle in einem Horrorfilm spielen konnte. Und bei Gott, genießt er dieses Comeback. Klaus Stiglmeier ist mindestens der Dieter Laser ("The Human Centipede") des diesjährigen Fantasy Filmfest. Tatsächlich hat er sich hier aber mit hingebungsvoller Akribie eine eigene Kategorie geschaffen, an der sich deutsche Charakterdarsteller in absoluten Wahnsinnsrollen in den nächsten Jahrzehnten abarbeiten dürften. Auszuformulieren, was Stiglmeiers Auftritt so groß macht, würde die Luft aus dem Film lassen. Und so schweige ich, tease nur und zitiere FrightFest-Maestro Alan Jones: "THE DESCENT meets CREEP in a nightmare as epic as the stunning subterranean locations."
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Samstag, 27. August 2011

schwanenmeister, 05:59h
"Hell" (Tim Fehlbaum) ★★★
Das hätte ein richtig toller apokalyptischer Endzeitfilm sein können, wenn er denn vor einem Jahrzehnt herausgekommen wäre. Die Ironie liegt darin, dass mir Tim Fehlbaums Debütfilm besser gefallen hat als die Genrewerke, an die er erinnert. Ich würde "Hell" zu jeder Zeit einem weiteren Durchgang "28 Days Later", "Zombieland", "The Road" oder "Stake Land" vorziehen. Trotzdem haftet der Geschichte um eine zufällig zusammengewürfelte Truppe, die in neuen lebensfeindlichen Bedingungen zu überleben versucht, etwas zutiefst Verbrauchtes an. Das ist sogar so abgenutzt, dass Fehlbaums "Hell" nach einem weiteren, zugegebenermaßen großartigen Film wie etwa "Saint" schon fast wieder aus der Erinnerung verschwunden ist. Dabei hat der Film viel, was mich für ihn einnimmt: Er erzählt viel und gut über Blicke und Gesten, er holt aus wenig Budget und beschränktem Setting das Optimum heraus. Ja, er entwickelt seine Figuren organisch und interessant. Erst nach und nach lernen wir die Konstellationen unter den Überlebenden kennen, was sehr beim Identifizieren mit der aussichtslosen Situation hilft. Die Schauspieler sind ganz großartig: besonders Lars Eidinger als "Arschloch" und Hannah Herzsprung - aber weniger als Final Girl, wie sie Rüdiger Suchsland in seinem FAZ-Artikel interpretiert hat, sondern mehr als moderne Action-Heldin im Stile einer Ripley aus der "Alien"-Reihe. Und wenn die brennende Sonne die Leinwand während einer adrenalinvollgepumpten Fluchtszene für einige Augenblicke in einen poetischen Schwarzweißfilm verwandelt, dann möchte man, dass "Hell" in der eigenen Erinnerung doch etwas Bleibendes haben wird.
"Saint" (Dick Maas) ★★★★½
"Baby, das ist genau mein Ding!" lautet der Titel eines Sachbuches, das Austin Powers über schwedische Penispumpen geschrieben hat. Dieser Satz ist inzwischen aber auch zu einer meiner höchsten Lobpreisungen geworden, die ich einem Film direkt nach dem Ansehen ausstellen kann. Und dann dankt dieser Teufelskerl von Regisseur, der als Macher des Flodders-Phänomens berühmt wurde und in den letzten Jahrzehnten gemeinsam mit Paul Verhoeven das niederländische Genrekino überhaupt im Gespräch hielt, in den Credits der belgischen Regielegende Harry Kümel. Nach diesem Wahnsinn von Weihnachts-Slasher, der wohl nur dafür geschaffen wurde, um auf Genrefestivals in der Midnight-Schiene unter erhöhtem Alkoholkonsum genossen zu werden, pusht also Dick Maas den Regisseur von "Blut an den Lippen", einem der Kultklassiker unter den lesbischen Vampirfilmen. Und dazu spielte ein feucht-fröhlicher Rocksong, der mich hinterfragen ließ, ob ich das eben nicht nur alles geträumt hatte. Habe ich das wirklich gesehen, dass da gerade der abartig böse Nikolaus mit seinen Zombiepiraten-Helfern über die Dächer Amsterdams geritten ist und die halbe Bevölkerung weggeschnetzelt hat? In Europa werden derzeit die Weihnachtslegenden aufs Unterhaltsamste neuinterpretiert: Erst die Finnen, die in "Rare Exports" aufklärten, dass umtrainierte Wichtel anstelle des Weihnachtsmannes in seinem Namen gute Taten vollbringen. Jetzt die Niederländer, die ihre Legende um einen religiösen Wahnsinnigen, der am Ende des Mittelalters von Dorfbewohnern verbrannt wurde und deshalb aus Rache alle 23 Jahre zu Vollmond am 5. Dezember wiederkehrt, natürlich mit der gewohnten Freizügigkeit würzten. Und dazu kommen der unvergleichliche Humor, die niedliche Sprache, Kinkiness en masse und zum Sterben schöne Goreszenen. "Saint" ist einer dieser Filme, der, würde man sie Kindern zur rechten Zeit vorspielen, schlimme Traumata zurücklassen würde. "Saint" hat keinen Respekt und auch keine angezogene Handbremse. Er prescht wie ein Bulldozer durch die verkitschten Kindheitsträume und hat dabei die Frechheit, extrem kurzweilig und einer der besten Slasherfilme der neuen Generation zu sein.
Das hätte ein richtig toller apokalyptischer Endzeitfilm sein können, wenn er denn vor einem Jahrzehnt herausgekommen wäre. Die Ironie liegt darin, dass mir Tim Fehlbaums Debütfilm besser gefallen hat als die Genrewerke, an die er erinnert. Ich würde "Hell" zu jeder Zeit einem weiteren Durchgang "28 Days Later", "Zombieland", "The Road" oder "Stake Land" vorziehen. Trotzdem haftet der Geschichte um eine zufällig zusammengewürfelte Truppe, die in neuen lebensfeindlichen Bedingungen zu überleben versucht, etwas zutiefst Verbrauchtes an. Das ist sogar so abgenutzt, dass Fehlbaums "Hell" nach einem weiteren, zugegebenermaßen großartigen Film wie etwa "Saint" schon fast wieder aus der Erinnerung verschwunden ist. Dabei hat der Film viel, was mich für ihn einnimmt: Er erzählt viel und gut über Blicke und Gesten, er holt aus wenig Budget und beschränktem Setting das Optimum heraus. Ja, er entwickelt seine Figuren organisch und interessant. Erst nach und nach lernen wir die Konstellationen unter den Überlebenden kennen, was sehr beim Identifizieren mit der aussichtslosen Situation hilft. Die Schauspieler sind ganz großartig: besonders Lars Eidinger als "Arschloch" und Hannah Herzsprung - aber weniger als Final Girl, wie sie Rüdiger Suchsland in seinem FAZ-Artikel interpretiert hat, sondern mehr als moderne Action-Heldin im Stile einer Ripley aus der "Alien"-Reihe. Und wenn die brennende Sonne die Leinwand während einer adrenalinvollgepumpten Fluchtszene für einige Augenblicke in einen poetischen Schwarzweißfilm verwandelt, dann möchte man, dass "Hell" in der eigenen Erinnerung doch etwas Bleibendes haben wird.
"Saint" (Dick Maas) ★★★★½
"Baby, das ist genau mein Ding!" lautet der Titel eines Sachbuches, das Austin Powers über schwedische Penispumpen geschrieben hat. Dieser Satz ist inzwischen aber auch zu einer meiner höchsten Lobpreisungen geworden, die ich einem Film direkt nach dem Ansehen ausstellen kann. Und dann dankt dieser Teufelskerl von Regisseur, der als Macher des Flodders-Phänomens berühmt wurde und in den letzten Jahrzehnten gemeinsam mit Paul Verhoeven das niederländische Genrekino überhaupt im Gespräch hielt, in den Credits der belgischen Regielegende Harry Kümel. Nach diesem Wahnsinn von Weihnachts-Slasher, der wohl nur dafür geschaffen wurde, um auf Genrefestivals in der Midnight-Schiene unter erhöhtem Alkoholkonsum genossen zu werden, pusht also Dick Maas den Regisseur von "Blut an den Lippen", einem der Kultklassiker unter den lesbischen Vampirfilmen. Und dazu spielte ein feucht-fröhlicher Rocksong, der mich hinterfragen ließ, ob ich das eben nicht nur alles geträumt hatte. Habe ich das wirklich gesehen, dass da gerade der abartig böse Nikolaus mit seinen Zombiepiraten-Helfern über die Dächer Amsterdams geritten ist und die halbe Bevölkerung weggeschnetzelt hat? In Europa werden derzeit die Weihnachtslegenden aufs Unterhaltsamste neuinterpretiert: Erst die Finnen, die in "Rare Exports" aufklärten, dass umtrainierte Wichtel anstelle des Weihnachtsmannes in seinem Namen gute Taten vollbringen. Jetzt die Niederländer, die ihre Legende um einen religiösen Wahnsinnigen, der am Ende des Mittelalters von Dorfbewohnern verbrannt wurde und deshalb aus Rache alle 23 Jahre zu Vollmond am 5. Dezember wiederkehrt, natürlich mit der gewohnten Freizügigkeit würzten. Und dazu kommen der unvergleichliche Humor, die niedliche Sprache, Kinkiness en masse und zum Sterben schöne Goreszenen. "Saint" ist einer dieser Filme, der, würde man sie Kindern zur rechten Zeit vorspielen, schlimme Traumata zurücklassen würde. "Saint" hat keinen Respekt und auch keine angezogene Handbremse. Er prescht wie ein Bulldozer durch die verkitschten Kindheitsträume und hat dabei die Frechheit, extrem kurzweilig und einer der besten Slasherfilme der neuen Generation zu sein.
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Donnerstag, 25. August 2011

schwanenmeister, 01:56h
Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie die Oscars noch langweiliger werden sollen als dieses Jahr. "True Grit"? "Inception"? "Black Swan"? "127 Hours"? "The King's Speech"??? Aber Hollywood ist fleißig und arbeitet daran. Blickt man nämlich über die erste Top-Liste, die Sasha Stone drüben bei Awards Daily veröffentlicht hat, dann beschleicht einen die pure Langeweile. Sie und ihre Oscarblog-Kollegen setzen logischerweise auf die großen Namen. Auf Platz eins findet sich George Clooneys neuer Film "The Ides of March" wieder, ein Politik-Drama um den so idealistischen wie schmutzigen US-Wahlkampf. Das klingt zumindest dank der Besetzung mit Ryan Gosling und Marisa Tomei etwas spannender als Clooneys letzter Film, der Football-Totalflop "Leatherheads".
Auf Platz zwei wartet Steven Spielberg mit "War Horse" auf seine Gelegenheit. Es ist ja eine Weile her, dass unser Lieblings-Steven als Regisseur ganz oben mitgemischt hat. Und an den letzten Pferde-Film, der für Oscars nominiert wurde, nämlich "Seabiscuit", kann sich bestimmt niemand mehr erinnern. Der neue Alexander-Payne-Film "The Descendants" hat einen urlangweiligen Trailer und - genau - George Clooney in der Hauptrolle. Ansonsten setzt man unter den nur allzu fantasielosen Bloggern vor allem auf die guten alten Biopics, in diesem Fall J. Edgar Hoover (Leo Di Caprio) und Margaret Thatcher (Meryl Streep). Und man hofft natürlich auf altbekannte Namen wie Stephen Daldry ("Extremely Loud and Incredibly Close") und Cameron Crowe ("We Bought a Zoo"). Aber es gibt Hoffnungsschimmer, die das Rennen wieder interessant machen könnten.
Wenn zum Beispiel tatsächlich der französische Stummfilm "The Artist" mit der Hilfe der Gebrüder Weinstein durchbrechen sollte. Die Gurus glauben an Jean Dujardin: Sie führen "The Artist" auf Platz drei. Die Cannes-Sensation in schwarzweiß hat bereits eine überraschend große Zahl an Fürsprechern hinter sich geschart. Oder Platz sieben und acht des Guru-Chart: Da steht Woody Allens unwiderstehliche, locker-leichte Sommernachtsfantasie "Midnight in Paris" und der britische Agententhriller "Tinker, Tailor, Soldier, Spy", der wundervoll besetzt ist und vom "Let the Right One In"-Regisseur Tomas Alfredson inszeniert wurde. In diesen Fällen würde ich mir die Woody Allen- und Briten-Hörigkeit der Academy gefallen lassen. Woody noch mal auf der Bühne zu sehen, könnte sogar an den bereits erfüllte Scorsese-Traum heranreichen, mit dem feinen Unterschied, dass Allen die Auszeichnung wirklich für den richtigen Film bekäme. Und man soll ja nicht gierig werden, gerade nicht in einem Jahr, wo die Oscarjury die Best Picture-Liste bei Bedarf auf fünf Nominierungen zusammenschrumpfen lassen kann. Aber Lisbeth Salander als "Girl with the Dragon Tattoo" hätte schon auch was. Obwohl es wohl nur ein dämliches Remake wird. Einfach der Vorlage wegen.
Link: - Awards Daily
Auf Platz zwei wartet Steven Spielberg mit "War Horse" auf seine Gelegenheit. Es ist ja eine Weile her, dass unser Lieblings-Steven als Regisseur ganz oben mitgemischt hat. Und an den letzten Pferde-Film, der für Oscars nominiert wurde, nämlich "Seabiscuit", kann sich bestimmt niemand mehr erinnern. Der neue Alexander-Payne-Film "The Descendants" hat einen urlangweiligen Trailer und - genau - George Clooney in der Hauptrolle. Ansonsten setzt man unter den nur allzu fantasielosen Bloggern vor allem auf die guten alten Biopics, in diesem Fall J. Edgar Hoover (Leo Di Caprio) und Margaret Thatcher (Meryl Streep). Und man hofft natürlich auf altbekannte Namen wie Stephen Daldry ("Extremely Loud and Incredibly Close") und Cameron Crowe ("We Bought a Zoo"). Aber es gibt Hoffnungsschimmer, die das Rennen wieder interessant machen könnten.
Wenn zum Beispiel tatsächlich der französische Stummfilm "The Artist" mit der Hilfe der Gebrüder Weinstein durchbrechen sollte. Die Gurus glauben an Jean Dujardin: Sie führen "The Artist" auf Platz drei. Die Cannes-Sensation in schwarzweiß hat bereits eine überraschend große Zahl an Fürsprechern hinter sich geschart. Oder Platz sieben und acht des Guru-Chart: Da steht Woody Allens unwiderstehliche, locker-leichte Sommernachtsfantasie "Midnight in Paris" und der britische Agententhriller "Tinker, Tailor, Soldier, Spy", der wundervoll besetzt ist und vom "Let the Right One In"-Regisseur Tomas Alfredson inszeniert wurde. In diesen Fällen würde ich mir die Woody Allen- und Briten-Hörigkeit der Academy gefallen lassen. Woody noch mal auf der Bühne zu sehen, könnte sogar an den bereits erfüllte Scorsese-Traum heranreichen, mit dem feinen Unterschied, dass Allen die Auszeichnung wirklich für den richtigen Film bekäme. Und man soll ja nicht gierig werden, gerade nicht in einem Jahr, wo die Oscarjury die Best Picture-Liste bei Bedarf auf fünf Nominierungen zusammenschrumpfen lassen kann. Aber Lisbeth Salander als "Girl with the Dragon Tattoo" hätte schon auch was. Obwohl es wohl nur ein dämliches Remake wird. Einfach der Vorlage wegen.
Link: - Awards Daily
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Montag, 22. August 2011
Most-Wanted: August 2011 (aktuell)
schwanenmeister, 13:29h
Berlinale:
MISHEN (aka TARGET) - alexander zeldovich
INNOCENT SATURDAY - aleksandr mindadze
BROWNIAN MOVEMENT - nanouk leopold
THE FUTURE - miranda july
OUR GRAND DESPAIR - seyfi teoman
THE TURIN HORSE - bela tarr
Cannes:
THE ARTIST - michel hazanavicius
MISS BALA - gerardo naranjo
L'APOLLONIDE - bertrand bonello
CODE BLUE - urszula antoniak
BONSÁI - christián jiménez
DRIVE - nicolas winding refn
Venedig:
ALPEIS - giorgos lanthimos
FAUST - aleksandr sokurov
DAME KÖNIG AS SPION - tomas alfredson
DARK HORSE - todd solondz
Horror:
THE HUMAN CENTIPEDE II - tom six
LIVID - alexandre bustillo & julien maury
THE INNKEEPERS - ti west
KILL LIST - ben wheatley
VAMPIRE - shunji iwai
Heimat:
DREI KREUZE FÜR EINEN BESTSELLER - klaus lemke
HOLLYWOOD FLING - eckhart schmidt
HELL - tim fehlbaum
WAS DU NICHT SIEHST - wolfgang fischer
DAS ROTE ZIMMER - rudolf thome
IM ALTER VON ELLEN - pia marais
SCHLAFKRANKHEIT - ulrich köhler
Indie:
BELLFLOWER - evan glodell
BEYOND THE BLACK RAINBOW - panos cosmatos
TERRI - azazel jacobs
THE MYTH OF AMERICAN SLEEPOVER - david robert mitchell
MISHEN (aka TARGET) - alexander zeldovich
INNOCENT SATURDAY - aleksandr mindadze
BROWNIAN MOVEMENT - nanouk leopold
THE FUTURE - miranda july
OUR GRAND DESPAIR - seyfi teoman
THE TURIN HORSE - bela tarr
Cannes:
THE ARTIST - michel hazanavicius
MISS BALA - gerardo naranjo
L'APOLLONIDE - bertrand bonello
CODE BLUE - urszula antoniak
BONSÁI - christián jiménez
DRIVE - nicolas winding refn
Venedig:
ALPEIS - giorgos lanthimos
FAUST - aleksandr sokurov
DAME KÖNIG AS SPION - tomas alfredson
DARK HORSE - todd solondz
Horror:
THE HUMAN CENTIPEDE II - tom six
LIVID - alexandre bustillo & julien maury
THE INNKEEPERS - ti west
KILL LIST - ben wheatley
VAMPIRE - shunji iwai
Heimat:
DREI KREUZE FÜR EINEN BESTSELLER - klaus lemke
HOLLYWOOD FLING - eckhart schmidt
HELL - tim fehlbaum
WAS DU NICHT SIEHST - wolfgang fischer
DAS ROTE ZIMMER - rudolf thome
IM ALTER VON ELLEN - pia marais
SCHLAFKRANKHEIT - ulrich köhler
Indie:
BELLFLOWER - evan glodell
BEYOND THE BLACK RAINBOW - panos cosmatos
TERRI - azazel jacobs
THE MYTH OF AMERICAN SLEEPOVER - david robert mitchell
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Franco-Schocker "Livid" erst 2012 auf DVD
schwanenmeister, 12:28h
Julien Maurys und Alexandre Bustillos "Inside"-Nachfolgefilm "Livid" feiert der Tradition nach seine Weltpremiere in der Midnight Madness-Schiene von Colin Geddes auf dem Toronto-Festival. Das wird im September sein. Ende September ist dann das Fantastic Fest in Austin, im Oktober das Genre-Mekka in Sitges, wo der Film sicherlich herumgereicht und begutachtet werden wird. Deutsche Genrefans können sich dagegen darauf einstellen, dass "Livid" folgenden Weg gehen wird: Der deutsche Lizenzbesitzer Tiberius Film plant seine DVD-Veröffentlichung für 2012. Das würde dafür sprechen, den Film auf den Fantasy Filmfest Nights im Frühjahr wiedersehen zu können. Bleibt eigentlich nur eine verdammte Frage offen: Wann kommt "The Human Centipede II" in die Kinos?
Links: - Tiberius Film, - Toronto (Premiere: 11. September)
Links: - Tiberius Film, - Toronto (Premiere: 11. September)
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Donnerstag, 11. August 2011
Listen-Update 2011
schwanenmeister, 19:35h
01. DIE ANONYMEN ROMANTIKER - Jean-Pierre Améris
02. LOVE IN A PUFF - Pang Ho-Cheung
03. ATTENBERG – Athina Rachel Tsangari
04. PINA – Wim Wenders
05. THE WOMAN – Lucky McKee
06. SECUESTRADOS – Miguel Àngel Vagas
07. LOS OJOS DE JULIA – Guillem Morales
08. WOMB - Benedek Fliegauf
09. WU XIA - Peter Chan
10. MIDNIGHT IN PARIS – Woody Allen
Runners-Up: Confessions, Hanna, Bedevilled, Sennentuntschi, Les petits mouchoirs, The Tree of Life, Naokos Lächeln, The Illusionist, The Troll Hunter, How Do You Know, The Yellow Sea, Revenge: A Love Story
02. LOVE IN A PUFF - Pang Ho-Cheung
03. ATTENBERG – Athina Rachel Tsangari
04. PINA – Wim Wenders
05. THE WOMAN – Lucky McKee
06. SECUESTRADOS – Miguel Àngel Vagas
07. LOS OJOS DE JULIA – Guillem Morales
08. WOMB - Benedek Fliegauf
09. WU XIA - Peter Chan
10. MIDNIGHT IN PARIS – Woody Allen
Runners-Up: Confessions, Hanna, Bedevilled, Sennentuntschi, Les petits mouchoirs, The Tree of Life, Naokos Lächeln, The Illusionist, The Troll Hunter, How Do You Know, The Yellow Sea, Revenge: A Love Story
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