Montag, 24. Oktober 2011
Der heiße deutsche Sleaze-Herbst
Ein gewisser Raoul Sternberg sei der mysteriöse Regisseur hinter der DVD-Veröffentlichung "Hollywood Fling", vermeldet Amazon. Das ist ein cineastischer Gag aller erster Klasse. Unter diesem Pseudonym, das die Hollywood-Aristokraten Raoul Walsh und Josef von Sternberg miteinander vereint, drehte der Kult-Filmemacher Eckhart Schmidt ("Jet Generation", "Der Fan") nämlich in den 1980er-Jahren die Blödel-Komödie "Die Küken kommen". Vor einigen Monaten schon hatte der Filmkritiker Hans Schifferle in der epd-Film darauf hingewiesen, dass sich deutsche Cineasten auf "Hollywood Fling" vorbereiten sollten. Da wusste aber auch noch niemand, dass Eckhart Schmidts neuester Film still und heimlich auf den Heimvideomarkt geschmissen würde. Bei YouTube fragte ein irritierter User noch vor einem Jahr angesichts des Teasers: "What the hell is that? It makes no sense." Ein Film, komplett aus der Perspektive eines Serienkillers gedreht, der sich hübsche, hoffnungsvolle Jungschauspielerinnen für seine perversen Spielchen herauspickt.
Kein Sex ist auch keine Lösung
In diesem nicht kalt werden wollenden Herbst sind es die Filmprojekte alter deutscher Regierecken wie eines Eckhart Schmidt, die das Blut der jungen Cinephilen in Wallung bringen. Von der DVD zu "Hollywood Fling" lesen sie etwa in einer Nebenbemerkung des Filmblogs der Eskalierenden Träume. Von Klaus Lemkes nächstem ZDF-Film "Drei Kreuze für einen Bestseller", der dieser Tage auf der Viennale und den Hofer Filmtagen läuft, erfahren sie aus beiläufigen Spex-Interviews. Ein Film, der nach der letztjährigen Lemke-Offenbarung "Schmutziger Süden" die höchste Bürgerpflicht geworden ist. In Hof, nahe der tschechischen Grenze, läuft aber auch der neue Roland Reber-Film "Die Wahrheit der Lüge". Dessen von der Bild-Zeitung gepushter Selbsterfahrungstrip "Engel mit schmutzigen Flügeln" war letztes Jahr zwar in der Fantasie weitaus spannender als in der tatsächlichen Filmform. Aber man hat Vertrauen gewonnen in einen Regisseur, der viel wagt und dafür gelegentlich auch mal auf die Nase fällt. Und die SadoMaso-Szene war ja bereits in Roland Rebers Film "24/7: The Passion of Life" das geeignete Pflaster für seine eigenartig schönen Obsessionen. Dazu passt wiederum der kleine Cannes-Skandalfilm "Code Blue", bei dem der Deutsche Lars Eidinger eine tragende Rolle spielt und der zufälligerweise auch in Hof zu sehen ist. "Kein Sex ist auch keine Lösung" heißt eine deutsche Mainstream-Komödie, die in den nächsten Wochen ins Kino kommen und ziemlich sicher floppen wird. Für interessante deutsche Genrefilme scheint Sex aktuell die einzig wahre Lösung zu sein.

Links: - Hollywood Fling, - Hans Schifferle, - Amazon.de

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