Freitag, 4. März 2016
Tarantino feiert die Liebe, Mastroianni & Senta Berger

Screenshot New Beverly Cinema Homepage März 2016
Der Rauch ist verflogen, das Blut getrocknet und "The Hateful Eight" als spaßbringende Boxoffice-Enttäuschung erst einmal abgehakt. Quentin Tarantinos New Beverly Cinema lässt sich davon nicht beirren und zeigt weiterhin die interessanten Double Feature-Vorstellungen des Über-Cineasten. Kein Wunder - gehört dem Kalifornier doch das schnuckelige Kino in Los Angeles.

Nachdem zwei Monate hindurch Tarantinos eigene Filme bei der Programmierung im Mittelpunkt standen, ist jetzt wieder die kuratierende Meisterhand zu erkennen. Einen verstärkten Fokus legt das März-Programm des New Beverly auf Great Love Stories. Besonders angesprochen hat mich dabei das Double Feature mit dem Blake Edwards-Agentenfilm "Darling Lili" und dem italienischen Exploitationfilm "Fräulein Doktor".

"Darling Lili", eine Variante der Mata Hari-Agentin im Ersten Weltkrieg, in der Julie Andrews und Rock Hudson die Hauptrollen spielen, ist ein Geheimtipp, der schon länger auf meiner To-Watch-Liste steht. Eigentlich seitdem der Filmkritiker Myron Meisel es als eines der drei großen Meisterwerke in Blake Edwards' Filmografie bezeichnet hat (im cinephilen Standardwerk "American Directors Volume 2").
Terza Visione in Los Angeles
Der spätere zweite Teil des Abends am 20. und 21. März sieht fast noch interessanter aus: "Fräulein Doktor" von Alberto Lattuada ist mir so direkt, glaube ich, noch gar nicht begegnet. Wieder wird eine Agentengeschichte im Ersten Weltkrieg erzählt, nur, dass hier sicherlich mehr nackte Haut gezeigt werden wird. Der Cast ist spannend: Suy Kendall trifft auf Capucine und Giancarlo Giannini. Der Score ist von Ennio Morricone, der durch Tarantino seinen ersten offiziellen Oscar bei den 88. Academy Awards gewonnen hat.

Die italienischen Programmpunkte erscheinen mir sowieso die schmackhaftesten, weil unbekanntesten Filetstücke zu sein. Da läuft "Des Lebens Herrlichkeit" aus dem Jahr 1970 mit Tony Musante und Florinda Bolkan zur Musik von Stelvia Cipriani ("Der Tod trägt schwarzes Leder", "Papaya").

Es gibt ein sehr interessantes Marcello Mastroianni-Double Feature: "Diebe haben's schwer" (1958) und "Scheidung auf Italienisch" (1961). Und Tarantino würdigt Senta Berger mit den reißerischen Klassikern "Als die Frauen noch Schwänze hatten" und "Toll trieben es die alten Germanen". Die Musik stammt jeweils auch von Morricone, an den Drehbüchern arbeitete Lina Wertmüller mit, der Tarantino in einem seiner vergangenen Programmen schon den Hof gemacht hat.
Liebe für William Wyler
Bei den Great Love Stories, die das Leitthema des Monats sind, scheinen die Mitarbeiter auch einige Stinker wie "Love Story" eingeschmuggelt zu haben. Aber ganz besonders bin ich auch an der William Wyler-Liebesgeschichte "Jezebel" mit Bette Davis und Henry Fonda interessiert. Die Wahl könnte nämlich sehr wahrscheinlich durch Mark Harris' exzellentes Filmbuch "Five Came Back" inspiriert sein.

Darin schwärmt der Autor unter anderem sehr gekonnt von William Wylers Karriere. Ein Regisseur, der wegen seiner vielen Oscars und Erfolge in der Filmgeschichtsschreibung eher vernachlässigt wurde, weil es bei ihm scheinbar nichts mehr zu entdecken gibt. Mark Harris hat ihn wieder hervorgeholt, Tarantino gibt nur zu gerne den Staffelstab weiter.

Links: - März-Programm, - 35mm-Bollwerk gegen die Barbaren

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