Montag, 10. Juli 2017
Was Tarantinos Verlobung für die israelische Filmgeschichte bedeutet
Der 54-jährige US-Regisseur Tarantino schlägt das nächste Kapitel in seinen Leben auf: Nach seiner Verlobung mit dem israelischen Model Daniella Pick ist offen, wie es mit seiner Karriere weitergeht. Die israelische Filmgeschichte wird sicher profitieren. Eine Analyse von Michael Müller

Quentin Tarantino hat sich verlobt. Die Auserwählte ist das singende israelische Model Daniella Pick. Die 33-Jährige ist die Tochter des isarelischen Popstars Svika Pick, der seine größten Erfolge in den 1970er-Jahren feierte. Ruhm heimste er auch als Songschreiber für den Eurovision Songcontest ein: Er schrieb beispielsweise den israelischen Gewinnersong von Dana International im Jahr 1998.

Kennengelernt haben sich Pick und Tarantino bei der Promo-Tour für "Inglourious Basterds" im Jahr 2009. Da besuchte der Regisseur zum ersten Mal im Leben Israel. "Es stimmt, wir sind glücklich und aufgeregt", gab Pick die Verlobung gegenüber der israelischen Tageszeitung "Yediot Aharonot" zu.


Bubblegum-Pop aus Ramat HaScharon

Dieser Gossip findet auf der Seite Negative Space Platz, weil es erstens Tarantino ist, es zweitens wohl ziemlich sicher Einfluss auf seine zukünftigen Filmprojekte haben wird und die Möglichkeit erhöht, dass Tarantino demnächst vermehrt in die israelische Filmgeschichte eintaucht. Da ich mich auch beruflich mit Israel beschäftige und gerade das Kulturleben dort sehr spannend finde, schaue ich rosigen Zeiten entgegen.
Fingerabdrücke in der Filmgeschichte vorhanden
Ich werde also die Augen offen halten, ob Tarantino und Pick ab kommenden Donnerstag auf dem Jerusalemer Filmfestival (13.-23.07.) unterwegs sind. Schließlich erhielt der Regisseur erst im vergangenen Jahr dort von der Festivalchefin und Leiterin der Jerusalemer Cinematheque, Noa Regev, einen Ehrenpreis überreicht. Tarantino bedankte sich mit dem hebräischen Slang-Wort "sababa", was so viel wie "cool" bedeutet und zeigte eine restaurierte 35mm-Fassung seines Klassikers "Pulp Fiction". In seiner Rede sagte er weiter: "Es ist etwas Besonderes diesen Preis in Jerusalem zu erhalten, am Fuße der Altstadt unter freiem Himmel. Gott segne euch alle!"

Es existieren auch schon erste Fingerabdrücke, die Tarantino in der israelischen Filmgeschichte hinterlassen hat: Im Jahr 2013 besuchte er das koreanische Filmfestival in Busan. Dort sah er den israelischen Thriller "Big Bad Wolves" von den Regisseuren Aharon Keshales und Navot Papushado. Das sind zwei Shootingstars aus der wachsenden israelischen Genrefilmszene. Im Jahr 2010 hatten die beiden bereits mit ihrem Debüt, dem Slasherfilm "Rabies", international für Aufsehen gesorgt. Aktuell arbeiten sie an einer Art Spaghetti Western, der "Once Upon a Time in Palestine" heißen soll und während der britischen Mandatszeit, noch vor der Staatsgründung Israels, in Palästina spielt. Tarantino adelte jedenfalls "Big Bad Wolves" in Busan als besten Film des Jahres und fragte einen der beiden Regisseure in einem Q & A aus. So ein Qualitätsstempel schmückt DVD-Hüllen und verkauft Filme in die ganze Welt.


Israelischer QT-Geheimtipp: "Höllenkommando" (1970)

Aus filmhistorischer Sicht noch etwas spannender fand ich aber Tarantinos Aussagen auf dem Jerusalemer Filmfestival 2016, die er gegenüber der Nachrichtenagentur "Tazpit Press Service" machte: Da drückte er nämlich seine Liebe für den israelischen Men-on-a-Mission-Film "Höllenkommando" aus. Das schnörkellose Werk des berüchtigten Regisseurs und Produzenten Menahem Golan aus dem Jahr 1970 handelt von Israelis, die Kameraden aus einer arabischen Gefängnisfestung herausholen wollen. Den englischen Verleihtitel "Eagles Attack at Dawn" stellte er als Referenzpunkt gleichbedeutend neben Genreklassiker wie "Die Kanonen von Navarone" oder "Das dreckige Dutzend", als er seinen Film "Inglourious Basterds" auf einer Pressekonferenz in Tel Aviv vorstellte.
Ist Quentin "Eis am Stiel"-Fan?
Außerdem empfahl Tarantino gegenüber der Presseagentur einen weiteren israelischen Golan-Film, nämlich "Operation Entebbe" aus dem Jahr 1977. In dieser auf realen Tatsachen basierenden Geschichte um die israelische Flugzeugbefreiung in Uganda spielen mit Klaus Kinski und Sybil Danning auch zwei deutschen Darsteller nicht unbedeutende Rollen. "Der ist sehr gut", sagte Tarantino. Zu gerne würde ich auch seine Meinung zu den legendären "Eis am Stiel"-Filmen hören, deren Erfolg überhaupt erst die glorreichen Zeiten der Cannon-Filme von Golan und Yoram Globus in den 1980er-Jahren ermöglicht hat. Sein Kumpel Eli Roth verehrt die "Eis am Stiel"-Filme abgöttisch. Da könnte es eventuell auch noch Nachhilfe geben.

Aber die israelische Filmgeschichte ist reichhaltig: Angefangen bei den heroischen Propagandafilmen, die in den 1950er-Jahren gedreht wurden, über die Kunstfilme der 1960er-Jahre, die sich an die Nouvelle Vague anlehnten, bis zu den so genannten Boureka-Filme der 1970er- und 1980er-Jahre. Das waren Unterhaltungsfilme, die nach den gleichnamigen gefüllten Blätterteigtaschen heißen. Ganz zu schweigen von den Stalag-Pulp-Geschichten, die von den damaligen Groschenromane beeinflusst waren.

Offen ist, was die Verlobung für Tarantinos Filmkarriere bedeutet. Der Kalifornier sprach bislang immer nur von seinen Filmen als Babys. Das könnte sich zukünftig ändern, wenn man den Gerüchten Glauben schenken mag, dass die Beziehung zwischen Tarantino und Pick auch immer wieder aussetzte, weil sich die beiden in der Babyfrage nicht einig wurden. Sie wollte Kinder, er vorerst noch nicht. Das scheint nicht mehr zu gelten. Zwei Filme wollte er nach "The Hateful Eight" noch drehen, damit die magische Zehn voll ist. Ein konkretes Projekt ist aktuell nicht am Horizont auszumachen.

Links: - QT feiert 1970, - 35mm-Bollwerk gegen die Barbaren

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