Samstag, 6. Februar 2016
Hollywood Reporter Neil Young tippt "Soy Nero" als Bärensieger

"United States of Love" © Oleg Mutu
Gewinnt wieder ein Iraner den höchsten Preis der Berlinale? Wenn es nach dem Hollywood Reporter-Journalisten Neil Young geht, müsste Rafi Pitts mit seinem Film "Soy Nero" den Goldenen Bären gewinnen. Young berechnet für jedes große A-Festival die Chancenquoten der jeweiligen Wettbewerbsfilme. Pitts Film über junge Mexikaner, die sich freiwillig für den amerikanischen Militärdienst melden, um an eine Green Card zu kommen, erhält von Young eine 4:1-Quote. Der Iraner, der international aufwuchs, ist zum dritten Mal im Wettbewerb der Berlinale vertreten, was vor allem bedeutet, dass sein Stil Dieter Kosslick gefällt. Je nach Presse-Echo oder eigenen Seherfahrungen bessert Neil Young sein Chancen-Ranking auf.

Zum jetzigen Zeitpunkt aber, wo noch niemand irgendetwas über die Qualität der Filme weiß, setzt er auf Platz zwei seiner Charts Mia Hansen-Løves Film "Things to Come" mit Isabelle Huppert (5:1). Und man lese und staune: Auch dem achtstündigen philippinischen Schwarzweißfilm "A Lullaby to the Sorrowful Mystery" räumt er Chancen auf einen Sieg ein (6:1). Etwas schade ist immer, dass der Filmjournalist Neil Young die Begründungen weglässt. Warum ist bei ihm zum Beispiel Danis Tanovićs neuer Film "Death in Sarajevo" auf Platz 4 (7:1)? Weil Tanovics Film "No Man's Land" 2002 einen Oscar als bester fremdsprachiger Film gewann? Oder weil sein Film "An Episode in a Life of an Iron Picker" 2013 den Großen Jury-Preis im Berlinale-Wettbewerb errang? Weiß Young vielleicht doch schon mehr?
Geheimtipp Polen übersehen
Was er auf jeden Fall nicht weiß, ist die Chancen des polnischen Wettbewerbskandidaten "United States of Love" richtig einzuschätzen. Den führt Young nämlich unter ferner liefen auf einem der letzten Plätze mit einer Quote von 25:1. Ein Fehler, wie ich finde. Die Berlinale begreift sich als politischstes unter den A-Festivals. Die repressiven Maßnahmen der neuen polnischen Rechts-Regierung sind nicht an der Weltöffentlichkeit vorbei gegangen. Zumal mit Małgorzata Szumowska eine polnische Regisseurin in der Jury sitzt. Eine Jury, die von Frauen dominiert werden wird (vier Frauen und drei Männer). Den Vorsitz hat die Schauspielgöttin Meryl Streep. Kein anderer darstellender Mensch hat in seinem Leben mehr Oscarnominierungen als sie gesammelt. Jurypräsidenten suchen schon nach Wettbewerbsfilmen, mit denen sie sich identifizieren können. Und da der polnische Film "United States of Love" gleich mehrere weibliche Hauptrollen aufbietet, wäre das ein Aspekt, den man berücksichtigen müsste. Auch, dass der Film gegen Ende des Festivals gezeigt wird, könnte ihn frisch in den Hinterköpfen der Jury belassen.

Links: - Neil Youngs Ranking, - Wettbewerb, - Berlinale 2015

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