Freitag, 10. Mai 2019
Ehemalige taz-Filmkritikerin Cristina Nord leitet das Forum
Cristina Nord | © Kathrin Windhorst
Die Ex-Filmkritikerin, Autorin und Kuratorin Cristina Nord übernimmt ab dem 1. August die Leitung der Berlinale-Sektion Forum.

„Das Berlinale Forum bietet seinem Publikum die Möglichkeit, junge, experimentelle und essayistische Formen des Films zu entdecken“, kommentiert Cristina Nord ihre neue Aufgabe als Leiterin. „Das Forum gewährt vielen unterschiedlichen Spielarten des Kinos Raum und eröffnet damit neue Wege für die Wahrnehmung. Der internationale Zugang, das Bewusstsein für Filmgeschichte und die Lust daran, mit und in Filmen zu denken und Gesellschaft zu reflektieren, sind beispielhaft. Sie ergänzte: „An dieses Erbe anzuknüpfen und es unter sich verändernden Bedingungen in die Zukunft zu führen, ist eine Aufgabe, der ich mit großer Freude entgegenblicke. Dem Vorstand des Arsenals bin ich dankbar für das Vertrauen, das er in mich setzt.“

Nord war von 2002 bis 2015 Filmredakteurin im Kulturressort der taz in Berlin. Außerdem war sie als Dozentin sowie als Kuratorin für unterschiedliche Institutionen tätig, unter anderem für die Freie Universität Berlin, das Haus der Kulturen der Welt und die Duisburger Filmwoche. Nach ihrem Abschied von der Filmkritik und ihrem Wechsel zum Goethe-Institut im Jahr 2015 verantwortete sie die Leitung der Programmarbeit mit regionalem Fachauftrag für Südwesteuropa in Brüssel, wo sie Projekte aus allen kulturellen Sparten konzipierte und umsetzte. Die Berlinale begleitete sie journalistisch am einprägsamsten seit vielen Jahren mit bissigen SMS für das gestrenge Kulturmagazin Cargo.
Geprägt von Pasolinis „Salo“
Ein Erweckungserlebnis in jungen Jahren war für Nord die Sichtung von „120 Tage von Sodom“. Der Pasolini-Film überforderte sie laut einem Revolver-Interview, weckte aber auch ihre Neugierde am Medium. In ihrer Zeit bei der taz ließ sie größtenteils die Finger von Hollywood und war stattdessen eine treue Unterstützerin des internationalen Kunstkinos. Zu ihren größten Favoriten zählten der thailändische Regisseur Apichatpong Weerasethakul („Blissfully Yours“, „Uncle Boonmee“), der philippinische Regisseur Lav Diaz („Norte“, „A Lullaby to the Sorrowful Mystery“) und der portugiesische Regisseur Miguel Gomes („Our Beloved Month of August“, „Tabu“).

Der Vorstand des Arsenals, seit 2004 bestehend aus Milena Gregor, Birgit Kohler und Stefanie Schulte Strathaus, freut sich, Nord in Abstimmung mit der Berlinale-Leitung sowie der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) als Leiterin des Forums gewonnen zu haben.
„Die ideale Kandidatin“
„Ihr Profil macht sie zur idealen Kandidatin, den seit jeher experimentier- und diskursfreudigen Charakter des Forums in enger Verbindung mit den Aktivitäten des Arsenals weiter zu schärfen und dabei neue, eigene Impulse zu setzen. Neben hervorragender Kenntnis des zeitgenössischen internationalen Kinos sowie der Filmgeschichte bringt sie vielfältige kuratorische Erfahrungen mit und ist nicht nur mit filmkulturellen Fragestellungen, sondern auch mit verschiedenen aktuellen Diskursen vertraut. Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit, die mit der Vorbereitung des 50. Jubiläums des Forums beginnt“, so der Vorstand des Arsenals.

Der Filmkritiker Ulrich Gregor („Geschichte des Films“) und seine Frau Erika waren maßgeblich am Aufbau des Forums in den 1960er-Jahren beteiligt. Zuerst riefen sie als Vorläufer im Jahr 1964 die Woche der Kritik ins Leben. Sie zeigten neue Filme von Lina Wertmüller („Die Basiliken“), Bo Widerberg („Das Rabenviertel“) und Jean-Luc Godard („Die Außenseiterbande“). 1970 etablierten sie dann das Forum im gekauften Arsenal-Kino als Gegenveranstaltung zur Berlinale. Der Ruf als Korrektiv zum Wettbewerb hatte aber in den vergangenen Jahren etwas gelitten. 2018 machte der Leiter Christoph Terhechte, der 2001 von Gregor übernommen hatte, mit seinem Abschied den Weg frei für einen Generationenwechsel.

Links: - Neue Sektion Encounters, - Das neue Berlinale-Team

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