Donnerstag, 3. November 2016
Berlinale-Retrospektive 2017 zum Science-Fiction-Film

DEFA-Sci-Fi-Film "Eolomea" © DEFA-Stiftung/Alexander Kühn
Ganze 27 internationale Science-Fiction-Filme umfasst die Berlinale-Retrospektive 2017. Die Bandbreite reicht vom Hollywood-Blockbuster bis zum DEFA-Spielfilm.

Die Retrospektive der 67. Internationalen Filmfestspiele von Berlin widmet sich dem Science-Fiction-Film und damit einem der bildgewaltigsten und spektakulärsten Genres der Filmgeschichte. Sie zeigt imaginierte Welten einer unvollendeten Zukunft, wie sie der Science-Fiction-Film seit seinen Anfängen inszeniert. Im Zentrum der Schau stehen zwei Themen: die Gesellschaft der Zukunft und das Fremde. Insgesamt umfasst die Retrospektive 27 internationale Spielfilme, darunter Klassiker, Kultfilme und weitgehend unbekannte Produktionen etwa aus Japan sowie Mittel- und Osteuropa.

„Der Science-Fiction-Film ist eines der kommerziell erfolgreichsten Filmgenres. Die möglichen Welten auf der Erde oder im All eröffnen einen weiten Raum, um Fragen nach kollektiven Visionen und Ängsten immer wieder neu zu verhandeln“, sagte Festivaldirektor Dieter Kosslick. Der Reiz dieser Filme liegt insbesondere darin, dass sie eine ferne Zukunft sinnlich erfahrbar machen. Positive Zukunftswelten sind hierbei allerdings die Ausnahme. Dominiert wird das Genre von Dystopien, die zeitgenössischen Fragen in der pessimistischen Zuspitzung eine besondere Brisanz verleihen.
Richard Fleischer, George Lucas & Sci-Fi-Sozialismus
Die Öko-Dystopie "Soylent Green" (1973) zum Beispiel handelt von Überbevölkerung und Umweltverschmutzung. In reduzierten Farben entwirft sie eine Welt, in der Wasser, Nahrung und Wohnraum hart umkämpft sind und die Bevölkerung wie Abfall recycelt wird. Zentral für das Genre ist die Auseinandersetzung mit totalitären Systemen und allgegenwärtiger Überwachung wie in "1984" (1956), der ersten Kinoverfilmung von George Orwells bekanntem Roman.

Einprägsam zeichnet George Lucas in "THX 1138" (1971) eine technokratische Zukunftsvision von einer hocheffizienten und vollautomatisierten Gesellschaft, in der Gefühle und der freie Wille des Einzelnen durch Medikamente unterdrückt werden. In postapokalyptischen Filmen ist die Erde unbewohnbar. So haben sich in "O bi, o ba: Das Ende der Zivilisation" (1985) die Überlebenden einer atomaren Katastrophe unter die Erdoberfläche zurückgezogen.
Dänische Pioniere, japanische Entdeckungen
Der dänische Stummfilm "Das Himmelsschiff" von Holger-Madsen, der 1918 uraufgeführt wurde und damit zu den frühesten Science-Fiction-Filmen überhaupt gehört, beschwört noch die friedliche Vision von einer Mars-Erkundung und der Begegnung mit den dort lebenden Wesen. Freundlich wirken auch die seesternförmigen Außerirdischen in Kōji Shimas "Die Außerirdischen erscheinen in Tokio" (1956) oder Steven Spielbergs kindliche Wesen in "Unheimliche Begegnung der dritten Art" (1977).

Der Genreklassiker "Krieg der Welten" (1953) hingegen steht exemplarisch für bedrohliche Alien-Invasionen aus dem All. Künstliche Intelligenz, Androiden und Roboter werfen die Frage nach dem Unterschied zwischen Mensch und Maschine auf. Sie stellt sich auf düstere und erbarmungslose Weise auch in Marek Piestraks "Der Test des Piloten Pirx" (1979).

„Bei der Filmauswahl haben wir uns von den Themen unserer Ausstellung ‚Things to Come‘ inspirieren lassen. Die Retrospektive nimmt nun die Geschichte des Genres in den Blick und zeigt cineastische Vorstellungswelten auch aus Ländern wie Dänemark, Japan, Polen oder der Tschechoslowakei“, kommentiert Rainer Rother, Leiter der Retrospektive und Künstlerischer Direktor der Deutschen Kinemathek. Die Begleitpublikation zur Retrospektive erscheint erstmals ausschließlich in englischer Sprache. Der Band im Bertz + Fischer Verlag präsentiert Essays von internationalen Autoren, die den Science-Fiction-Film im Kontext von nationalen Kinematografien ergründen.

Links: - Mehr Berlinale, - Rückblick 2016, - Dokupreis 2017

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