Dienstag, 18. Dezember 2018
Pauline Kael & Quentin Tarantino im Panorama

Bustamantes „Temblores“ | © TuVasVoir
Eine Dokumentation über die beste Filmkritikerin aller Zeiten, nämlich Pauline Kael, wird wohl einer der Höhepunkte in der Panorama-Sektion der Berlinale sein. Dafür wird auch Quentin Tarantino sorgen.

Jetzt beginnt die Arbeit und das Vergnügen: Die wichtige, queer geprägte Berlinale-Nebensektion Panorama hat am Dienstag ihre ersten 22 Filme bekannt gegeben. Es sind 17 Spielfilme, 14 davon Weltpremieren, 4 von Frauen gedreht. Nichts Genaueres weiß man nicht. Die Hollywood-Süchtigen freuen sich über Jonah Hills Regiedebüt „Mid90s“, das seine Weltpremiere in Toronto im September feierte. Die Profis dagegen suchen nach Exklusivität und den eigenen Vorlieben das Aufgebot ab.

Gesetzt ist auf jeden Fall die Dokumentation „What She Said: The Art of Pauline Kael“ über die beste Filmkritikerin aller Zeiten. Noch ein Stück weit besser, als Pauline Kaels legendäre Kritiksammelbände zu lesen, ist es, den Regisseur Quentin Tarantino von ihr schwärmen zu hören. Schönerweise ist er einer der Interviewpartner. Sarah Jessica Parker liest Kaels Kritiken aus Standardwerken wie „I Lost It at the Movies“ und "Kiss Kiss Bang Bang“ vor. Über sie sprechen unter anderem auch Paul Schrader, Woody Allen, Francis Ford Coppola, John Boorman, Robert Towne, Joe Morgenstern, Molly Haskell, Stephanie Zacharek und Greil Marcus. Das kann nur gut werden, auch wenn der Film bereits in Telluride gelaufen ist. Ich kann mich an kein bemerkenswertes Feedback oder eine Review erinnern.
Komplizenfilm garantiert Qualität
Ansonsten ist dahinter bisher die klare Nummer eins die Komplizen-Filmproduktion „O Beautiful Night“ von Xaver Böhm. Ohne großartig etwas über diese Weltpremiere zu wissen oder Bilder zu kennen, vertraue ich auf die Produzentinnen Janine Jackowski und Maren Ade. Das Festival beschreibt den Film als „faustische Geschichte“ mit Noah Saavedra, Marko Mandić und Vanessa Loibl.

Ganz oben auf der To-Watch-Liste steht auch „Temblores“. Das ist der neue Film des guatemaltekischen Regisseurs Jayro Bustamante, der 2015 den Alfred-Bauer-Preis der Berlinale für sein zauberhaftes Debüt „Ixcanul“ gewann. Die Geschichte um das Coming-Out eines evangelikalen Familienvaters bezeichnet das Festival als „sehr persönlich“. Die Erwartung war, dass Bustamante in den Wettbewerb zurückkehrt. Vielleicht ist der im kommenden Jahr aber zu stark besetzt. Der lateinamerikanische Filmemacher ist ein riesiges Talent. „Ixcanul“ war so ökonomisch und doch so frei erzählt – kein Gramm überflüssige Handlung. Das kann also nur spannend werden.
Tilda Swintons Tochter startet durch
Drei weitere gesetzte Weltpremieren sind die beiden israelischen Filme „The Day After I'm Gone“ und „Chained“ sowie der griechische Film „The Miracle of the Sargasso Sea“. Berlin hat ein gutes Händchen für die aufregende israelische Filmindustrie. „Chained“ ist von dem Regisseur Yaron Shani, der mit dem Gangsterfilm „Ajami“ 2010 für den besten fremdsprachigen Film bei den Oscars nominiert war. Sein neues Werk ist der Mittelteil einer Liebestrilogie, die im August auf dem Venedig-Festival mit „Stripped“ begann. Bei dem griechischen Wunder wird auf das It-Girl Angeliki Papoulia vertraut, das schon in „Dogtooth“ und „The Lobster“ mitgespielt hat. Das kann aus Griechenland inzwischen eine absolute Perle oder totale Grütze sein – aber aufgrund des Risikos fährt man schließlich auch auf das Festival. Hier ist noch wenig vorgekaut.

Auch auf dem Zettel stehen die internationalen Premieren „Jessica Forever“ und „The Souvenir“. Das sind zwei der wenigen Werke mit einer Regisseurin, nämlich Caroline Poggi resp. Joanna Hogg. Bei letzterem Film, der seine Weltpremiere in Sundance hat, feiert Tilda Swintons Tochter Honor Swinton-Byrne ihr Schauspieldebüt. Außerdem soll der britische Filmkritiker Neil Young einen kleinen Auftritt haben. Bei den restlichen Filmen gilt es das Bewegtbild abzuwarten oder noch Tipps zu bekommen.

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