Dienstag, 27. September 2011
Dieter Hallervorden spielt Kinderschänder
Man stelle sich vor, eine deutsche Kinoproduktion wäre so kühn und besetzte Dieter Hallervorden als pädophiles Monster. Gibt's nicht? Gibt es doch! Der Thriller heißt "Das Kind" und basiert auf einem Bestseller von Sebastian Fitzek. Der Film, gespickt mit Hollywoodgesichtern wie Eric Roberts ("The Dark Knight") und Peter Greene ("Pulp Fiction") sowie einigen deutschen Schauspielgrößen (Ben Becker, Dieter Landuris), soll kommendes Jahr in die Kinos kommen. Die Story klingt schön spekulativ und schaurig: Ein mysteriöser zehnjähriger Junge bestellt einen Strafverteidiger in einen gottverlassenen Industriepark. Der schmächtige Knabe behauptet, in seinem früheren Leben ein Serienkiller gewesen zu sein. Als Beweis zeigt er dem Anwalt Skelette, die offenbar von einer Axt gespalten wurden. Die ersten Set-Fotos sehen so aus, als würden die Filmemacher ihr Handwerk verstehen. Und ich will schon seit einigen Monaten meinen ersten Fitzek-Roman lesen. Vielleicht motiviert mich ja jetzt, herauszufinden, wie groß Hallervordens Rolle geworden ist.

Links: - IMDb, - Set-Besuch

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Freitag, 16. September 2011
Wann startet RP Kahls "The Lost Love"?
Gestern lief RP Kahls "Bedways" auf Arte. Ein viel tollerer Film, wenn man ihn ein zweites Mal schaut. Ich musste viel an Oskar Roehlers "Silvester Countdown" denken, wo Rolf Peter gleichzeitig Produzent und Hauptdarsteller war. Aber auch daran, dass jetzt ein paar tausend Zapper mehr diesen von der Kritik gefeierten Film kennen. 2010 war kein schlechtes Jahr für die German Sexploitation. Zusammen mit "Schmutziger Süden" und "Engel mit schmutzigen Flügeln" bildete "Bedways" ein herrlich seltsames Triptychon deutschen Filmschaffens unter der allgemeinen Wahrnehmungsgrenze. Daniel Bickermann zitierte in seiner wundervoll knappen Schnitt-Kritik David Cronenberg: "Long Live the New Flesh!" Rüdiger Suchsland entdeckte für mich den Film auf der Berlinale. Es war aber auch einer der wenigen Fälle, dass Variety berauscht von einem deutschen Film berichtete. Bei den Amis war dann auch zu lesen, wie es mit Kahl weitergehen sollte.
"Was geht?" - "Ne Menge!"
Die kleinen Berliner Filmschmieden Independent Partners Films und Mogador Films wollten dessen neuen Film "The Lost Love" stemmen. "The supernatural thriller follows a woman who has lost the ability to feel and who is ready to kill in her search for love and passion", heißt es da. Melanie Kretschmann sollte die Hauptrolle spielen. In Jochen Werners aufschlussreichem Deadline-Interview verrät RP Kahl zur Director's Cut-Veröffentlichung seines Debütfilms "Angel Express" augenzwinkernd, er habe zusätzlich das Ende seiner Berlin-Trilogie für 2022 und eine Buchadaption, wenn er 60 Jahre alt wird, im Blick. Aber er stehe genialen Drehbüchern, die gerne hereinflattern dürfen, total offen gegenüber. Ich fände es ja ganz cool, wenn RP Kahl demnächst den RomCom-Reigen um Schweiger, Fitz und Schweighöfer etwas aufmischen würde. Darkrooms und Fußmassagen haben noch keinem Film geschadet!

Links: - Deadline, - Variety, - Schnitt

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Rudolf Thome dreht wieder - "Ins Blaue"
Ja, es ist eine Schande, dass ich "Das rote Zimmer" immer noch nicht gesehen habe. Aber zumindest studiere ich regelmäßig und voller Eifer Ulrich Kriests Thome-Lesebuch "Formen der Liebe". Ich erfreue mich aktuell am allermeisten an Olaf Möllers Gespräch mit Klaus Lemke über Thome. Denn dort kann man noch wirklich etwas über authentische Filmgeschichte und die noch authentischere Legendenbildung lernen. Es ist ja auch ein unglaublich gut besetztes Best-of der deutschen Filmkritikerzunft, das da zusammen gefunden hat. Am schönsten schreibt der Meister aber selbst - etwa in seinem Blog: "Ich gestehe ihr auch, dass ich, als ich das Drehbuch vor zwei Jahren schrieb, stark daran gedacht habe, dass INS BLAUE mein letzter Film sein sollte. Und dass ich jetzt wieder daran denke, wenn irgendwie möglich, noch gut zehn weitere Filme zu drehen."

Link: - Thome-Blog

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Dienstag, 13. September 2011
Sony lässt "The Raid"-Buzzblase steigen
"Not since Tony Jaa has an action star exploded onto the world stage with such fireworks. And as he demonstrates in The Raid, Iko Uwais has the potential to be twice the star", schreibt Twitch Film. "I had no expectations, and no idea how hard my ass was going to get kicked by this Indonesian action movie. This is the best action film I’ve seen in years", schwärmt Slashfilm. "Holy shit I haven't seen an action movie this good in years! I felt that way only 30 minutes in, but after the full 100 minutes, I still felt the same and had to exclaim that here, right upfront, because it deserves that much praise", schwurbelt First Showing. Egal, welchen amerikanischen Movie Blog man derzeit liest, man stolpert immer über den kleinen indonesischen Actioner "The Raid". Überall stehen die gleichen Superlative - als ob dahinter eine riesige Werbemaschinerie steckt.

Und es stimmt auch. Denn dahinter steht niemand geringeres als der Weltkonzern Sony, der sich frühzeitig, nach ersten Ausschnitten in Cannes, die Verleih- und Remakerechte für "The Raid" sicherte. Daran ist nichts verwerfliches. Eigentlich sollte ich mich darüber freuen, dass ein asiatischer Actionfilm mit Power in den amerikanischen Kinomarkt gedrängt wird, vor allem wenn er so kompromisslos und blutrünstig ausschaut. Aber da fangen meine ersten kleineren Probleme schon an. Eine Spezialeinheit, die sich in einer einzigen Adrenalinhatz durch ein mehrstöckiges Gebäude voller ultrabrutaler Gangster kämpfen muss. Moment, den Film kenne ich schon. Er heißt "Revenge of the Warrior", Tony Jaa spielte die Hauptrolle. Und der brauchte dafür weder Knarren, noch Macheten. Wie nun aber der "The Raid"-Trailer den Gore und die halsbrecherischen Stunts verkauft, lässt darauf schließen, dass im Film noch weniger Wert auf Handlung und Figuren gelegt wird. Aber ehrlich, noch weniger Wert darauf als etwa "Ong-Bak" oder "Revenge of the Warrior"? Das verträgt kein guter Film. So etwas heißt auch "Chocolate" und müffelt.

Und dann stand auch noch eine der ersten wahnsinnig begeisterten Kritiken im Hollywood Reporter. Dort schrieb David Rooney: "Ultra-violent action movies don’t get much more exciting or inventive than this kick-ass feature from Indonesia." Ehrlich, das ist für mich jenseits einer Entdeckung, das ist die ähnliche Hollywood'sche Dröhnung, die bei teuren Blockbustern über die Blogs ausgestrahlt wird. Die trägt "The Raid" selbst in die kleinsten deutschen Blogs und Foren. Und es geht weiter: Das Linkin Park-Bandmitglied Mike Shinoda soll für den US-Markt einen neuen, noch trendigeren Score beisteuern. Ich kann nur schreiben: Herzlichen Glückwunsch, Sony, für diesen Netz-Coup! Aber mich persönlich hat das ganze Theater mehr abgeturnt, als angemacht. Normalerweise interessieren mich die Highlights der Midnight Madness-Reihe aus Toronto sehr. Aber nicht so. Deutlich mehr interessieren mich die bisher eher buzzlosen "Sleepless Night", "The Day" und "Livid".

Nachtrag: Dass der kanadische Twitch Film-Chef Todd Brown mit der US-Firma XYZ Films auch hinter "The Raid" steht und die Fäden zieht, erklärt zusätzlich den so organisiert wirkenden Buzz. Das hat schon ein Geschmäckle. Der Filmkritiker hinter der einflussreichsten Genreseite des Internets ist ausführender Produzent eines idonesischen Actioner, der in Toronto von seinen Kollegen abgefeiert wird. Also nee!

Links: - IMDb, - Trailer

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Mittwoch, 1. Juni 2011
Til Schweiger macht den Nazi-Kachelmann
Offenbar haben sich Til Schweiger und Mads Mikkelsen am Set von "Die drei Musketiere" so gut verstanden, dass daraus gleich ein neues Filmprojekt entstand. "War Below Zero" heißt ein geplanter Zweiter-Weltkriegs-Thriller, der von Til Schweigers eigener Produktionsfirma Barefoot Films gemeinsam mit Egoli Tossell Film und der dänischen Produktionsfirma M&M Productions vorbereitet wird. Die Hauptrollen, ein dänischer und ein deutscher Meteorologe, die im Zweiten Weltkrieg nach Grönland geschickt werden, um über die Wetterberichterstattung taktische Vorteile im nordatlantischen U-Boot-Krieg zu erlangen, dabei aber in der menschenfeindlichen Umgebung von einander abhängig werden, scheinen für Schweiger und Mikkelsen prädestiniert zu sein. Es gibt noch keine offizielle Bestätigung und beide sind bisher nur im Gespräch, aber die Zeichen verdichten sich. Das Drehbuch stammt vom vielleicht besten europäischen Drehbuchschreiber der letzten zwanzig Jahren, Anders Thomas Jensen ("In China essen sie Hunde"). Regie führen soll der Isländer Ágúst Gudmundsson.

Links: - Variety, - Screenbase

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Donnerstag, 28. April 2011
Deutsche Trailer, die wehtun
Die Relativitätstheorie der Liebe - Hieß mal "Tauben auf dem Dach". Keiner wusste warum. Der aktuelle Titel ist auch nicht viel besser. Mit großer Sicherheit der nächste durchschlagende Ufa Cinema-Flop nach "Dschungelkind". Constantin Film zu spielen, ist eben doch nicht so einfach, wie man sich das vorstellt, siehe den Überraschungserfolg "New Kids Turbo".

Eine Insel namens Udo - Meine Güte, sieht der Trailer schlecht aus. Richtig peinlich schlecht. Der offizielle Nachfolger von "Liebe Mauer" und "Viktor Vogel - Commercial Man". In Watte einpacken und nie wieder anrühren.

Kein Sex ist auch keine Lösung - Nach dem 1994er-Blockbuster "Der bewegte Mann" kam "Workaholics" mit Ralf Bauer und Tobias Moretti, nach der Hit-Komödie "Keinohrhasen" dieses schrecklich ausschauende "Männerherzen"-Ripoff heraus. Schade um die eigentlich talentierte Marleen Lohse. Und warum muss in so genannten deutschen Komödien immer ein Quoten-"Switch"-Darsteller vorkommen.

Außerdem warten wir andächtig auf den Trailer zu der Telefonsex-Komödie "Eine ganz heiße Nummer" und den ersten echten Trailer zu Haußmanns Jahrhundertflop "Hotel Lux" mit Bully Herbig. Es tröstet vielleicht, dass der Trailer zu "Almanya" auch hochpeinlich war, aber ein richtig gut funktionierender Film dahinter stand. Und zumindest der "Resturlaub"-Trailer ist recht ordentlich geworden.

Link: - Suchsland & der dt. Filmpreis

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Freitag, 22. April 2011
NEW KIDS TURBO: Stell dir vor, es gibt einen Blockbuster, aber keiner schreibt was
Ab Montag wird die Aufholjagd beginnen, wenn Blickpunkt:Film die ersten offiziellen Zahlen des Wochenendes verkünden wird. Spiegel Online wird dann unter kaltem Schweiß feststellen, dass sich still und heimlich ein niederländisches Blockbuster-Phänomen direkt unter ihren Nasen entwickelt hat - aber kaum einer etwas mitbekam. Und gerade in einem Jahr, wo es bisher nur Til Schweiger und der Oscar schaffte, größere Massen ins Kino zu bewegen, ist das gleich doppelt ärgerlich. Auch wenn niemand das Phänomen "New Kids Turbo" vorhergesehen hat: Mit etwas Fingerspitzengefühl hätte man darauf kommen können. Wenn man sich zum Beispiel die Trailer-Klickzahlen bei YouTube angesehen hätte. Oder wenn man sich ins Bewusstsein gerufen hätte, dass die niederländischen Prolldeppen seit Monaten gratis Werbung auf dem Zapp-Sender Comedy Central bekamen, weil dort ihre bizarren Kurzfilme allabendlich gezeigt wurden.

Oder dass Constantin Film schon aus ganz anderen Filmen riesige Publikumserfolge gezaubert hat. Oder man hätte zumindest jetzt mal auf die Vorreservierungen des Wochenendes schielen können, wo "New Kids Turbo" alles in den Schatten stellt, was dieses Jahr angetreten ist. Nein, 2011 ist bisher nicht das Jahr von 3D, teuren Hollywoodproduktionen oder etwa vom deutschen Film, sondern - bis Harry Potter, Jack Sparrow und Twilight aus den Gräben auferstehen - das Jahr der Niederländer. Nach "Spurlos", "The Human Centipede", Rutger Hauer & Paul Verhoeven, "Verfluchtes Amsterdam", Sylvia Kristel und "Eine Familie zum Knutschen" haben unsere Nachbarn endlich wieder ein großes Filmereignis zur deutschen Popkultur beigetragen. Und die Niederländer haben noch ein weiteres heißes Eisen im Feuer: Die Frauenkomödie "Gooische vrouwen" mit Linda de Mol (!) schwingt sich aktuell dazu auf, "Avatar" als erfolgreichsten Kinofilm aller Zeiten in den Niederlanden abzulösen.

Links: - Trailer, - InsideKino, - Blickpunkt:Film

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Sonntag, 13. März 2011
Deutscher Filmpreis 2011 - War da was?
Hat es jemand mitbekommen? Am Freitag wurden die Nominierungen für den deutschen Filmpreis bekanntgegeben. Und es gab eine gar nicht mal so unspannende Gewichtung: Tom Tykwers Film "Drei" führt die Statistik mit sechs Nominierungen an. Dahinter folgen "Wer wenn nicht wir", "Poll" und "Vincent will Meer" (jeweils 5), dann "Goethe!" und "Das Lied in mir" (jeweils 4), "Der ganz große Traum" (3) und "Almanya", "Pina" und "Wir sind die Nacht" (jeweils 2). Dazu je eine Nominierung für "Chandani und ihr Elefant", "Jerry Cotton", "Kinshasa Symphony", "Min dit", "Boxhagener Platz", "Shahada", "Konferenz der Tiere", "Pianomania" und "Die kommenden Tage". Eine Befreiung, wenn man das etwa mit der schrecklich einseitigen Preisvergabe des Verbandes der deutschen Filmkritik vergleicht. Warum das Ganze etwas untergegangen ist? Nun, weil der deutsche Filmpreis in der Öffentlichkeit immer noch seine Identität sucht und weil bei den Nominierungen kein potenzieller Oscarkandidat wie "Das weiße Band" oder "Das Leben der Anderen" im Mittelpunkt stand. Das gefällt mir persönlich recht gut. Mir scheint, dass der so unterschätzte Filmpreis immer mehr seinen eigenen Weg geht.

Nehmen wir einmal das Biopic "Goethe!" heraus: Philipp Stölzls Film um Deutschlands berühmtesten Dichterfürsten war ein sehr moderater Kinoerfolg, erntete aber vorwiegend vernichtende Kritiken in den heimischen Feuilletons. Der deutsche Filmpreis nominierte "Goethe!" für den besten Spielfilm, den besten Hauptdarsteller, Alexander Fehling, der sich mit dem anderen Inglourious Basterd August Diehl ("Wer wenn nicht wir") und Shootingstar Florian David Fitz ("Vincent will Meer") um die Krone streiten wird, als auch für das Szenen- und Maskenbild. Es ist ein ganz wunderbarer Film, irgendwo zwischen "Shakespeare in Love" und Max Ophüls schwebend, sicherlich Stölzls mit Abstand beste Arbeit, der auf diese Weise noch etwas Respekt zukommt, bevor der gebürtige Münchner demnächst für Hollywood den Agententhriller "The Expatriate" mit Aaron Eckhart drehen wird. Man hätte in der Akademie also deutlich mehr daneben greifen können.

Natürlich wünschte man sich vielleicht insgeheim die ein oder andere große Überraschung, den viel herbeizitierten Blick über den Tellerrand. Dass Til Schweiger ("Kokowääh") wieder ignoriert wurde, mag ein amüsanter Running Gag des Auswahlkomitees sein, den man ihnen nicht mal übel nehmen kann. Dass aber Filme wie "Das rote Zimmer", "Im Alter von Ellen", "Orly", "Im Schatten", "Rammbock", "Renn, wenn du kannst", "Schmutziger Süden", "Bedways" oder "Jud Süß - Film ohne Gewissen" Nominierungen verdient gehabt hätten, steht außer Frage. Die sogenannte Berliner Schule muss wohl erst in Cannes wichtige Preise gewinnen, bevor da ein echtes Umdenken stattfinden kann. Abseitigere Genrefilme haben es sowieso nicht leicht - sympathische Frechheiten wie Oskar Roehlers letzter Film schon gar nicht. Wenn man gedurft hätte, dann wäre mindestens "Der ganz große Traum" durch einen wirklich interessanten Film ersetzt worden.

Aber der deutsche Filmpreis ist kein Wunschkonzert. Man lobt lieber die Weitsicht im Bezug auf die Komödie "Almanya", die, wenn sie sich die kommenden Wochen weiter ordentlich in den Kinocharts schlägt, eventuell einen echten Zuschauerbonus bei einem Triumph erwarten könnte. Ein schwerfälliger Film wie "Wer wenn nicht wir" kann auch jede Form von Aufmerksamkeit gebrauchen. Da präsentiert sich der Preis im besten Sinne nach seinem amerikanischen Vorbild, nämlich als versuchter Werbemotor für gerade startende Produktionen. Ob es dann funktioniert, steht auf einem anderen Blatt. Aber ich schätze den Versuch. Auch, dass etwa der kantigere Tom Tykwer-Film "Drei", den nur Wenige im Kino sehen wollten, die meisten Nominierungen erhalten hat. Was soll der deutsche Filmpreis eigentlich sein? Man weiß es noch nicht. Man weiß nur, was er nicht sein darf: nämlich eine blasse Kopie der Oscars. Und um ein anderes Vorbild zu nennen: Der französische Cesar hatte dieses Jahr sowohl eine tolle Nominierungsliste, als auch eine richtig sehenswerte, eigenständige Preisverleihung zu bieten. Wenn man das im April über die Lolas schreiben könnte, wäre schon viel gewonnen.

Link: - Nominierungen im Überblick

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Freitag, 11. März 2011
"Almanya" wird Überraschungserfolg
Das Kinojahr ist für den deutschen Film bereits sehr abwechslungsreich verlaufen: Bernd Eichingers letztes Vermächtnis, "Die Superbullen", überrascht, die Zuschauer von Rudolf Thomes neuestem Film "Das rote Zimmer" und Pia Marais' "Im Alter von Ellen" ließen sich namentlich aufzählen, so wenige waren es. Til Schweigers "Kokowääh" rettet mit über vier Millionen Zuschauern die Bilanzen. Chris Kraus' Historienepos "Poll" geht genauso schnell baden wie das Ufa Cinema-Prestigeprojekt "Dschungelkind". Wim Wenders' Comeback-Film "Pina" wächst zu einem sehr schönen Arthouse-Erfolg im Multiplex heran. Dagegen floppt dann wieder Mal Fußball mit "Der ganz große Traum" (Boxofficemojo-Titel "Der ganz grobe Traum"). Und die Multikulti-Komödie "Almanya" wird dieses Wochenende zum Smash-Hit: 150.000 Zuschauer bei nur 200 Kopien bedeutet einen verdammt guten Schnitt und noch viel Luft nach oben.

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Donnerstag, 3. März 2011
Türkisch für Fortgeschrittene
Nach Jahren des Wartens gibt es endlich grünes Licht: Die Rat Pack Filmproduktion wird einen "Türkisch für Anfänger"-Kinofilm produzieren. Der Filmfernsehfonds Bayern unterstützt das Projekt dabei mit 850.000 Euro. Das Drehbuch stammt von Erfolgsautor Bora Daktekin ("Doctor's Diary"), der auch Regie führen wird. Aber nichts ist mehr so, wie es mal war. Die Handlung um einen Flugzeugabsturz in der Südsee dreht die mühsam in drei Staffeln aufgebauten Beziehungen der Figuren auf null zurück: Lena und ihre Mutter Doris lernen den Witwer Metin und seine beiden Kinder Cem und Yagmur erst auf der Reise kennen und lieben. Das kann auch ein Segen sein, zeichneten sich doch in der dritten und letzten "Türkisch für Anfänger"-Staffel Qualitätsverluste und deutliche Ermüdungserscheinungen ab.

Die erste und die zweite Staffel gehören dagegen zum Besten, was überhaupt in den letzten Jahrzehnten in deutscher Sprache für Fernsehen oder Kino geschrieben und gespielt wurde. Die Rat Pack Filmproduktion scheint mit ihren Erfolgsreihen um "Wickie und die starken Männer" und die "Vorstadtkrokodile" der richtige Anlaufpunkt zu sein, einen Film zu schaffen, den letztlich dann auch Zuschauer im Kino sehen wollen. Schon die Serie litt schließlich darunter, dass sie mit Preisen überhäuft, vom Zuschauer aber dank des pädagogischen Zeigefingers, den der öffentlich-rechtliche Sendeplatz evozierte, gemieden wurde. Mit Ausnahme von Elyas M'Barek, der sich in den letzten Jahren ganz gut in Sat.1-Serien durchschlug, gerieten die Karrieren der Darsteller mehr oder weniger ins Stocken, was sehr schade war.

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