Dienstag, 7. September 2010
Venedig-Ticker: 7. September
Merke: Um 15.30 Uhr soll der Sergio Corbucci-Panel losgehen. Der Countdown für den gar nicht so sonderlich gewagten filmhistorischen Eingriff läuft. Bin gespannt, wie sehr das Ganze in den kommenden Monaten ausstrahlen wird.

Mein Liebling unter den absoluten Klassikern der deutschen Filmkritik, Michael Althen, taut auf und gerät ins Schwärmen. So ist die FAZ geschmückt von dem inzwischen berüchtigten Bild der Deneuve im rot-gelben Trainingsanzug. Dazu Althens Lob für "Potiche", "Post mortem", "Meek's Cutoff" und "Detective Dee". Vom Tsui Hark-Film schwärmt er in den höchsten Tönen, nämlich, dass das einer der tollsten Abenteuerfilme seit "Indiana Jones" sei.

James Mottram hat die eigenartige Joaquin Phoenix-Mockumentary "I'm Still Here" gesehen. Der bärtige Mumblecore-Auftritt bei David Letterman yadayadayada, wir erinnern uns alle. Jedenfalls schreibt Mottram dann etwas sehr Interessantes über eben jenen Casey Affleck-Film: "Funny, tragic, moving and just jaw-dropping at times, it’s arguably one of the films of the festival so far. Indeed, even if Phoenix’s career is over, Affleck’s has only just begun." Die immer noch daseiende Anne Thompson hat die Hintergründe. Im Biennale-Channel von YouTube kann man doch einige Interviewschnipsel der Pressekonferenz absahnen.

Nicht ganz uninteressant für die Goldene Löwen-Vergabe am Samstag: Jan Schulz-Ojala berichtet vom Überraschungsfilm, dem chinesischen "The Ditch", der von einem kommunistischen Umerziehungslager an der Grenze zur Mongolei handelt. "Man muss sich das etwa so vorstellen, als hätte ein Deutscher nach fünfzig Jahren den ersten Film über Auschwitz gedreht – und die ideologischen Nachfahren Hitlers wären noch immer am Ruder", schreibt der Tagesspiegel-Kritiker und findet, dass nach dieser gewaltigen Detonation von einem Film alle anderen Wettbewerbsbeiträge nur verlieren können. Wirklich toller Text. Der Originaltitel lautet "Le fossé", der Regisseur heißt Wang Bing, den Weltvertrieb hält die französische Firma Wild Bunch.

Kritiker-Enfant terrible Rüdiger Suchsland lästert, wie es nun mal seine Art ist, wieder ausgiebig und anhaltend über seine Kollegen. Ich lese dieses regelmäßige Waschen der schmutzigen Wäsche in der Öffentlichkeit dann immer mit wohlwollendem Abscheu und angeekelter Faszination. Und ein weiteres Geständnis: Wer wissen will, woran amerikanische Highbrow-Kritiker von der Ostküste wirklich denken, wenn sie osteuropäische Filme auf Festivals anschauen, der lese Stephanie Zacharek. Stichwort The Shmenges!

Björn Becher twittert, Tsui Harks Abenteuerspektakel "Detective Dee" (7,6 Pkt.) würde überraschend den internationalen Pressespiegel (wahrscheinlich Screen Daily) anführen. Es folgen "La passione" und "Post mortem" (jeweils 7,5 Pkt.) vor "The Ditch" (7,4 Pkt.). Sein Favorit "Meek's Cutoff" würde mit einem Punkteschnitt von 6,0 abgeschlagen zurückliegen.

Gekauft: Der "Attenberg"-Trailer ist bei Twitch Film online gegangen. "Dogtooth" ist immer noch mein Lieblingsfilm des Jahres. "Attenberg" sieht auch sehr stark aus. David Jenkins twittert: "Another dark, Greek missive from the DOGTOOTH kennel. Less conceptually surefooted, but still eccentric fun." Wirtschaftskrisen sind eben sehr gut für die Filmkultur.

Fundstücke: Bin durch den italienischen Blog ZorroBiennale auf eine Filmreihe des Senders Rai Movie aufmerksam geworden, die sich schlicht "Visioni Tarantiniane" nennt. Darin programmiert der Jurypräsident Tarantino pro Festivaltag ein einheimisches Midnight Movie. Die Liste ist von erlesenem Geschmack:
TEPEPA
MILANO KALIBER 9
DIE FARBEN DER NACHT
DREI VATERUNSER FÜR VIER HALUNKEN
SUSPIRIA
DIE ZUM TEUFEL GEHEN
DJANGO
DER KILLER VON WIEN
DER BERSERKER
MINNESOTA CLAY
DAS GEHEIMNIS DES GELBEN GRABES
Spaghetti Western, Polizeifilme, Gialli und sogar ein Macaroni Combat Movie. "Tepepa" und "Das Geheimnis des gelben Grabes" kenne ich noch nicht, hatte ich aber zugegebenermaßen schon länger auf dem Zettel. Somit ist das ein freundlicher Anstoß, auch diese endlich einmal aufzuholen.

Trommelwirbel: Es gibt die allererste Höchstwertung des Time Out London-Filmkritikers David Jenkins, und sie geht an einen echten Dino des Kunstkinos, nämlich Jan Svankmajers "Surviving Life": Fünf Sterne & "That rare beast: a movie about dreams that's surreal, perspicacious and dramatically involving all at once."

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Montag, 6. September 2010
Venedig-Ticker: 6. September
Feuilleton-Vergleich: Wenn indieWIRE's Anne Thompson sehr bald nach Toronto entschwebt ist, bleiben von den US-Kritikern nur noch der Hollywood Reporter Kirk Honeycutt und Variety's Justin Chang übrig. Aus Großbritannien habe ich dagegen allein acht regelmäßige Quellen. Aber uneinholbar vorne liegt nicht überraschend der Zusammenschluss der deutschen Journaille mit zwanzig verschiedenen Publikationen.

Zu viele Empfehlungen: Wenn man nach den Filmkritikern geht, und momentan bleibt einem dazu keine Alternative, dann hätte man nach vier Tagen Venedig einen so dicken Batzen Beute gemacht, dass man bereits wieder abreisen könnte. "Black Swan", "Norwegian Wood", "Somewhere", "Reign of Assassins", "Meek's Cutoff", "Essential Killing", "Potiche" - und das war ausschließlich der offizielle Wettbewerb.

Nett und zuvorkommend, wenn Regisseurin Kelly Reichardt gleich selbst die Parallelen zwischen ihrem Genrefilm und der politischen Wirklichkeit zieht: "Just following a leader who doesn't know what he's doing, who's maybe ignorant or stupid, that can happen at any time." Das Filmprojekt "Meek's Cutoff" startete ungefähr zur selben Zeit, als die Irakkriegfotos von US-Soldaten, die auf Häftlingen thronen, die Runde machten.

"A very sensual, sexy movie that virtually gorges on its own erotic melancholy. I'm not being entirely facetious when I say that there is intense 'emo' quality to the film – almost a 'Twilight' for the arthouse set – but it is beautifully made, well acted and offers a swoon of pleasure", schreibt Peter Bradshaw über "Norwegian Wood". Von "Black Swan" ist er wiederum nicht ganz überzeugt, vergleicht ihn aber mit den Polanski-Filmen "Ekel" und "Rosemary's Baby". "Machete" fand er so leidenschaftslos, wie er "Miral" enttäuschend fand. Dafür mochte er die italienische Out-of-Competion-Komödie "Gorbaciof" und den russischen Film "Silent Souls" von Aleksei Fedorchenko. Zum Abschluss gibt es noch seine Gedanken zu Francois Ozons "Potiche": "A little over-extended, perhaps, and weighed down a little by theatrical origins, but a tremendously elegant piece of fun."

Zum zwanzigsten Todestag widmet das Venedig-Festival einem der besten Italowestern-Regisseure der 1960er-Jahre, Sergio Corbucci, am Dienstag, den 07.10., eine Podiumsdiskussion unter der Leitung des britischen Filmhistorikers Peter Cowie. Gemeinsam unter anderem mit dem französischen Kritikergott Michel Ciment, Time Magazine-Kritiker Richard Corliss und The Treatment-Moderator Elvis Mitchell wird wohl auch über die beiden Screenings der Corbucci-Western "Minnesota Clay" und "Die Grausamen" diskutiert werden. Das riecht stark nach Tarantino: Hatte Quentin doch erst diesen Februar verlauten lassen, dass er an einer Corbucci-Monografie arbeiten würde. Und wer Tarantinos Italowestern-Lieblinge kennt, wird nicht nur vermuten, dass der Jurypräsident am Panel teilnehmen wird, sondern auch der heimliche Initiator war.

"Sergio Corbucci is not only one of the greatest directors of Macaroni Westerns, he’s one of the greatest directors of Westerns period and I look forward to giving him his due in Venice this year", sagt Venedig-Jurypräsident Quentin Tarantino.

Dass Quentin Tarantino ein besonderes Verhältnis zu Richard Corliss, der als einer der letzten Mohikaner für das Time Magazine aus Venedig berichtet, gehabt hätte, wäre mir neu. Und auch Panel-Leiter Peter Cowie fiel mir eher durch sein kleines, exzellentes Berlinale-Buch im Bertz & Fischer-Verlag auf, als dass er Quentin den Hof gemacht hätte. Ansonsten sind die Herren aber gezeichnet: Der italienische Journalist Marco Giusti etwa, der 2004 gemeinsam mit Tarantino die Retrospektive 'Kings of the B’s' vorbereitete und kuratierte. Michel Ciment, der Herausgeber der Kultpostille Positif, führte in Cannes eines der ersten elementaren Interviews mit dem blutjungen "Reservoir Dogs"-Regisseur. Und der gestrenge Ex-New York Times-Kritiker Elvis Mitchell war anfangs vehementer Gegner Tarantinos, ist jetzt aber zum Beispiel auf dem Zusatzmaterial der "Inglourious Basterds"-Blu-ray zu finden, wo er von Produktionen des Dritten Reichs erzählt.

Stephanie Zacharek (Movieline), eine weitere Sergio Corbucci-Panel-Teilnehmerin, hat Tsui Harks "Detective Dee and the Mystery of the Phantom Flame" besprochen. "What’s not to love about a title like that?", meint sie und hat Recht. Peter Claus (Getidan) kann ihr dafür erzählen, was sonst nicht stimmte: "Der Film hat keine Seele, keinen Witz, keinen Charme. Er ist überflüssig. Eine reine Darbietung von Production Values." Blickpunkt: Film weiß, dass der DVD-Anbieter Koch Media die deutschen Rechte hält. Bei uns gibt's also die wilden Kung Fu-Hirsche nur Direct-to-DVD.

Viel Liebe für die Rückkehr des italienischen Polizeifilms in Gestalt von Moritz Bleibtreu in "Vallanzasca": "Great Italian crime drama", meint Damon Wise.

Zwischenbilanzen: Anke Leweke im D-Radio Kultur. Wir lernen: China ist das neue Hollywood. Aha. Soso. Und Festivalchef Marco Müller spricht tunesisch. Ja, doch, interessant. Unterdessen verabschiedet sich Peter Bradshaw von der Mostra, nicht ohne an seinen Kollegen Xan Brooks zu übergeben und abschließend zwei Filme gesondert hervorzuheben: "Meek's Cutoff" und "Post mortem". Den chilenischen Film von Pablo Larrain empfand auch David Gritten als Highlight, das übrigens wie schon der Goldene Palme-Gewinner "Uncle Boonmee" vom World Cinema Fund der Berlinale gefördert wurde.

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Venedig-Ticker: 5. September
Kritikerkoryphäe Rüdiger Suchsland auf Filmfestivals zu finden, macht inzwischen fast so viel Spaß wie seine Texte zu lesen. Aus Venedig berichtet er nicht für Artechock, critic.de oder FAZ, sondern für das neu ins Leben gerufene, recht ambitioniert wirkende Onlinemagazin Filmgazette. Suchsland will Anzeichen gefunden haben, dass Tom Tykwer unter Umständen den Goldenen Löwen gewinnen könnte. Er hat in "Black Swan" Qualitäten entdeckt, die vom Feuilleton bisher sträflichst vernachlässigt wurden. Und den anderen Hollywoodfilm, "Somewhere", nennt er eine "vage enttäuschende Erfahrung", obwohl der Film "gut" und "interessant" sei. Vielleicht die größte Überraschung des gesamten Festivals für mich. War Suchsland doch vor ein paar Jahren in Cannes der tapferste Verteidiger von Coppolas "Marie Antoinette".

Eine kleine Rückschau: Als Quentin Tarantino 2004 der Jurypräsident in Cannes war, gewann "Fahrenheit 9/11" die Goldene Palme. Den Großen Preis der Jury erhielt der Koreaner Park Chan-wook für "Oldboy". Den Jurypreis teilten sich der Thailänder Apichatpong Weerasethakul für "Tropical Malady" und die Schauspielerin Irma P. Hall im ansonsten grässlichen Coen-Remake "The Ladykillers". Als bester Schauspieler wurde der junge Japaner Yuya Yagira in "Nobody Knows" und als beste Schauspielerin die Cinesin Maggie Cheung in "Clean" ausgezeichnet. Bester Regisseur wurde Tony Gatlif mit "Exils", das beste Drehbuch gewann der französische Film "Look At Me". Und Kameramann Eric Gautier gewann für "Clean" und "The Motorcycle Diaries" den technischen Preis. Eine große Anzahl der Preise ging an das asiatische Kino, Tarantinos Steckenpferd der letzten beiden Jahrzehnte. Wenn sich der Mann treu bliebe und die Qualität der Produktionen stimmt, dann könnte sich Quentins Liebe nur auf drei asiatische Filme im diesjährigen Wettbewerb verteilen: Takashi Miike, Tsui Hark und Haruki Murakami.

Das Skandal-o-Meter schlägt leicht aus: "Confession. I can't stand Vincent Gallo. Won't go to see him in a movie. In 'Essential Killing', he forces woman to breastfeed him", twittert Anne Thompson. Das scheint auch nicht Guy Lodges Geschmack zu sein. Er gibt nur die Schulnote C und schreibt: "Well-meaning survival tale is nonetheless unilluminatingly gruelling: like 'Cold Mountain' gone Taliban." David Jenkins hat es dagegen gefallen: "Gallo excels in Taliban survival yarn. Taut as hell. Ending fudged. Contained fest's most shocking scene." (vier von fünf Sternen) "Blue Velvet", anyone?

Die Kinoredakteurin Anna Wollner berichtet für den doch relativ neuen Leipziger Internetradiosender Detektor.fm, von dem ich bis dahin noch nichts gehört oder gelesen hatte, in aller Kürze, aber ziemlich amüsant von den venezianischen Feuchtgebieten, die die ersten drei Festivaltage bestimmten. Da darf man sich freuen, wenn sie "Essential Killing" bespricht. Bitte mehr davon!

Der Total Film-Blog von James Mottram ist im Gegensatz zu früheren Ausgaben richtig lesenswert geworden: "Norwegian Wood" wäre sogar ein Anwärter für den Goldenen Löwen. Auf die musikalische Verbindung des Radiohead-Gitarristen Jonny Greenwood und der deutschen Band Can auf dem Soundtrack hatte auch noch niemand hingewiesen. Er schwärmt, wie Damon Wise, vom neuen Francois Ozon Film "Potiche" und sagt ihm Hitpotential nach. Und das hier fällt Mottram zu Vincent Gallos Performance in "Essential Killing" ein: "He is no Rambo, which is what makes his desperate attempt at survival fascinating. But what really will blow you away is the film is almost without dialogue." Den Skolimowski-Film nennt er "a sensory experience." Und Kelly Reichardts Western "Meek's Cutoff" fand er toll: "Its old fashioned. But expertly crafted, it is the work of a major filmmaker whose just found a larger canvas to paint on."

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Samstag, 4. September 2010
Venedig-Ticker: 4. September
Sehr viel wird weiterhin über Sofia Coppolas Ennui-Studie (Danke, Cristina Nord!) "Somewhere" geschrieben. Tobias Kniebe will in der Süddeutschen Coppolas zweites großes Meisterwerk ausgemacht haben: "Als jemand, der diesem Zirkus zwar nicht wirklich nahe ist, dann aber eben doch näher als etwa 99 Prozent der restlichen Menschheit, kann dieser Filmreporter bezeugen: Alles, was wir da sehen, ist wahr." Todd McCarthy spekuliert lieber darüber, ob dieser emotional verkrüppelte Film besser hätte sein können: "The film might have been much more interesting had it taken the child’s point of view on rampant adult immaturity rather than adopting the more familiar and less revealing cool hipster stance." Susanne Ostwald (Neue Zürcher Zeitung) ist ganz bei Kniebe: "Ein wunderbarer Film." Und um so länger man Michael Althens FAZ-Text liest, umso mehr gewinnt man den Eindruck, es handele sich um eine dreiste Kinoverfilmung der TV-Serie "Californication" mit David Duchovny: "Wenn man auf Sofia Coppolas Seite ist, kann man sagen, dass das bei Antonioni oft auch so war. Was die Coolness angeht, kann man die beiden durchaus miteinander vergleichen." Und so geht es weiter, wenn auch kritischer: Total Film, Empire und Guardian. Im Daily Telegraph weist etwa David Gritten darauf hin, dass alle bisherigen Sofia Coppola-Filme in ihrer Zweitheimat Italien Zuschauerhits waren und deswegen die Italiener weltweit die Ersten sein werden, die die Kritikerurteile überprüfen dürfen.

Hier gibt es die unglaubliche Danny Trejo-holt-Zigis-Geschichte von Filmstarts-Chef Björn Becher zu bestaunen.

Man müsste einmal ausführlich zusammentragen, was bisher über die ghettoisierten italienischen Wettbewerbsbeiträge geschrieben wurde. Auf der Berlinale regt man sich über das stiefmütterliche Desinteresse der ausländischen Journalisten am deutschen Film auf. In Venedig läuft es andersherum jedoch genauso. Wenigstens jenseits von Hollywood Film Business Asia-Chefkritiker Derek Elley unterbringen, der John Woos co-gefilmten "Reign of Assassins" sehr lobt. Seit "Ip Man 2" bin ich etwas vorsichtiger geworden, was Martial Arts-Empfehlungen von Elley angeht, aber klingt doch ziemlich schmackhaft. Irgendwo stand auch 'der asiatische Mr. & Mrs. Smith'. Und Michelle Yeoh spielt eine der Hauptrollen.

Wer wie ich angesichts des ja überwiegend positiven Feedbacks für "Somewhere" vielleicht kurz ins Zweifeln gekommen ist, ob er oder sie dem neuen Sofia Coppola-Film doch eine Chance geben soll, der lese als Medizin ganz schnell die letzten zwei Absätze auf Kino-Zeit.

Most-Wanted: "Old Joy" und "Wendy & Lucy" waren die mit größten Hoffnungsbringer der letzten Jahre amerikanischen Indie-Kinos. Kelly Reichardts neuer Film "Meek's Cutoff" soll wiederum neue Wege bestreiten: "Slow, mysterious ride on pilgrim trail. Transfixing & rich with ideas on trust/prejudice", twittert David Jenkins (Time Out London) und vergibt vier von fünf Sternen. Da nimmt man dann auch wissbegierig die Höchstwertung von Guy Lodge (InContention) und das 'Groß' von Björn Becher (Filmstarts) mit. "Hey, at least one Terrence Malick film has seen the light of day in 2010. Essential. Distributor, please", schreibt Lodge. Das letzte Mal verglichen wurde Terrence Malick ja mit dem überhypten "Monsters". Die Filmdienst-Kritikerin Felicitas Kleiner hat zumindest ungefähr die gleiche Stoßrichtung: Kelly Reichardt liefere ein weiteres Beispiel dafür, dass der Western zu einem der interessantesten Genre-Felder amerikanischer 'auteurs' geworden sei.

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Freitag, 3. September 2010
Venedig-Ticker: 3. September
Seit "Michael Clayton" ist bei mir die Luft raus, was Thriller mit George Clooney oder Matt Damon betrifft, die sich auf Alan Pakulas Paranoia-Trilogie aus den 1970er-Jahren beziehen. Umso witziger finde ich es, Kirk Honeycutts folgenden Review-Teaser zu lesen: "Back in the 1970s, a film like 'The American' would be labeled existential. Today it feels merely pointless." Auch sehr schön die Bottom Line: "What did George Clooney see in this script?" Daneben schaut der gute George auf einem Bild entgeistert an seinem Zielfernrohr vorbei in die Ferne.

Wenn schon Kritiker mit dem Satz beginnen "The thing I most liked about ...", dann befinden wir uns mitten im Festivaldschungel, und es gibt überwiegend laue Texte zu Filmen, die mich nie oder schlagartig weniger interessieren. Wer lernen will, wie man Filme positiv bespricht, die man gar nicht mochte, der lese beispielsweise den fröhlichen Briten Damon Wise (Empire) zu "Machete". Auch ein sehr guter Versuch im Launeversauen ist Guy Lodge zu Julian Schnabels "Miral". Exotischer ist da Standard-Kritikerin Isabella Reicher, zumindest wenn es um die Filmauswahl geht: sie bespricht unter anderem Catherine Breillats neuen Film "La belle endormie".

Felicitas Kleiner bloggt für den Filmdienst von der Mostra. Hatte ich ganz übersehen bei meiner vergeblichen Suche nach Kritikergrößen wie Rüdiger Suchsland, Wesley Morris und Neil Young. Erschreckend und erwartet zugleich, wie sehr die Amis Venedig fallen gelassen haben. Na ja, Toronto und Telluride vor der Tür und die Zeitungskrise im Nacken. Das ist nachvollziehbar.

IndieWIREs Todd McCarthy verabschiedet sich nach Telluride, wobei zu bezweifeln ist, obwohl er die Filme "Black Swan" und "The American" besprach, ob er überhaupt in Venedig vor Ort war. Damit bleibt nach meinen Notizen einzig und allein Bloggerin Anne Thompson übrig, die die amerikanische Flagge neben der Trade Press hochhält. Die Stellung halten die Deutschen und Briten.

Daily Telegraphs David Gritten schreibt von einem starken Jahrgang, aber verreißt mehr oder weniger im gleichen Atemzug gleich drei Filme: "Miral", "Machete" und "Norwegian Wood". Total Film-Kritiker James Mottram ist auch fleißig, fand "Miral" enttäuschend und schreibt das ebenso in seinem ersten wie letzten Satz zum Film. Sehr praktisch. Außerdem behauptet er, der Film "Incendies" des in Kanada geborenen Regisseurs Denis Villeneuve wäre genau das, was Julian Schnabel erreichen wollte.

Eine der allerersten Kritiken zu Sofia Coppolas Comeback-Versuch "Somewhere" hat David Jenkins von Time Out London geschrieben. Drei von fünf Sternen gibt er und verortet den Film irgendwo zwischen "La dolce vita" und "Entourage": "Formally, this is probably Coppola’s riskiest, artiest movie to date." Mark Adams, der zu Diensten von Sreen Daily als Chefkritiker unterwegs ist, klingt positiver: "Return to form and nearer 'Lost in Translation'. Elle Fanning is great..."

Und noch einen Neuling aufgetan: Kritiker Patrick Wellinski schreibt für Kino-Zeit, zum Beispiel recht wohlwollend über "Miral" und "Black Swan". Einen Twitter-Account hat er auch.

Bisher glänzte die britische Zeitung The Guardian ausschließlich durch Pressekonferenz-Zusammenfassungen. Jetzt ist auch endlich Peter Bradshaw, dessen relaxte Berlinale-Berichterstattung mir sehr gut gefallen hat, back in action. Er wiederum verlinkt auf die italienische Presse, die sich über Tarantinos angestrebte Neutralität lustig macht. Dazu fand er "Black Swan" als Eröffnungsfilm einen sexy Start und macht sich weiterhin lustig über die Formulierungen der einstmaligen Branchenbibel Variety.

Wichtiger als jede Kritik zu Coppolas "Somewhere": Die Track List des Soundtracks. "Marie Antoinette" und "Lost in Translation" habe ich fast vergessen, aber die Musik klingt bis heute nach. Im Film zu hören sein werden unter anderem Phoenix, The Police, Foo Fighters, T.Rex, Gwen Stefanie, natürlich The Strokes und Bryan Ferry.

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Freitag, 3. September 2010
Weirs Gulagfilm "The Way Back" im Oscarrennen
Wer den Blog seit über einem Jahr verfolgt oder selbst so oscarverückt ist, dass er die wichtigsten Indikatoren kennt, wird es schon wissen: Das kleine Telluride-Filmfestival, in den meist schneebedeckten Bergen Colorados gelegen, ist gemeinsam mit den Festivals in Venedig und Toronto der Startschuss für die offizielle Oscarsaison und wichtigster Informationsgeber, wenn es um mögliche und unmögliche Kandidaten für die kommenden Monate geht. Unter den dieses Mal eingeladenen Filmen befinden sich frühe Cannes-Favoriten wie Mike Leighs "Another Year" und Inarritus "Biutiful", mehr Cannes-Filme wie "Carlos", "Of Gods and Men", "The Princess of Montpensier" und "Poetry", die für den Auslandsoscar interessant werden könnten und sogar zwei Berlinale-Perlen, "The Illusionist" und "If I Want to Whistle, I Whistle". Das ist alter, bestätigter, ja, verfestigter Buzz, wenn man so will. Frischen Buzz erhalten dagegen Projekte wie Tom Hoopers Historienschinken "The King's Speech", der die halbe britische Insel als Cast aufbietet, Stephen Frears' "Tamara Drew", "Never Let Me Go" von Mark Romanek und - man lese und freue sich - Peter Weirs seit der Berlinale heiß ersehnter, immer wieder aufgeschobener Gulagfilm "The Way Back" mit Colin Farrell. Endlich gibt es richtige Schwergewichte, die das bisher so ultralangweilige Oscarrennen ("Toy Story 3" oder "Inception"?) in Gang bringen.

Update: "The Way Back" wurde vom Verleih Newmarket Films für den 21. Januar 2011 programmiert. Damit ist er jetzt schon wieder aus dem Oscarrennen. Sehr schade!

Links: - Oscar-Übersicht, - Deadline Hollywood

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Donnerstag, 2. September 2010
Venedig-Ticker: 2. September
"Norwegian Wood" ist der internationale Verleihtitel der japanischen Filmadaption des Haruki Murakami-Kultbuchs "Naokos Lächeln". Ein Buch, das mir mit der Zeit ganz besonders ans Herz gewachsen ist. Time Out London hat ihn gesehen, ist begeistert und gibt fast die Höchstwertung: "Intensely maudlin Murakami adap, transcends ropey opening 45 to build and build into something quite profound." Der Film, in dem Rinko Kikuchi ("Babel") eine der Hauptrollen spielt, wird morgen seine Premiere im Wettbewerb feiern.

Auf Deutsch lese ich momentan am liebsten Björn Lahrmann (Manifest) und seine irrwitzigen Kritiken vom Fantasy Filmfest. Auf Englisch bleibt mein aktueller Kritikerliebling neben Armond White (New York Press) klar Karina Longworth (Village Voice), deren Texte so wirken, als ob sie die kleine, süße Schwester von Pauline Kael wäre. Hier frühstückt sie genüsslich Robert Rodriguez' nächsten Megaflop, "Machete", ab.

Barbara Schweizerhof bloggt für epd-Film aus Venedig. Wie auch bei Jan Schulz-Ojala vom Tagesspiegel beherrscht hier noch ganz der Touristikblick den ersten Text. Dafür nicht ganz uninteressant: "Für Berlinale-Besucher mag das unglaublich klingen: das ganze Programm wird in vier großen und zwei winzigen Sälen gezeigt."

Im abendlichen Nachklapp des deutschen Feuilletons will Kritiker Peter Zander (Welt) ein gespaltenes Fachpublikum wahrgenommen haben, das "Black Swan" sowohl ausbuhte als auch bejubelte. Ansonsten ist auch dort Baustelle und gibt es zur Abwechslung unglaubliche vier Bilderserien zum Durchklicken. Für Cristina Nord (taz) ist Natalie Portman schlicht und ergreifend ein "gerupftes Huhn". Schöner kann das auch Christoph Huber (Presse) nicht zusammenfassen, aber folgendes schreiben: "Ob 'Black Swan', wie vorab kolportiert, wieder ein Oscar-Kandidat ist, darf bezweifelt werden. Denn trotz des respektablen Hochkulturanstrichs ist der Film im Herzen ein trashiger Sex-Schocker." Die Verrisse machen mehr Lust auf Aronofsky als die Lobeshymnen.

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Dienstag, 31. August 2010
Venedig-Ticker: 1. September
Nikki Finkes rechte Hand Tim Adler lästert über das Venedig-Festival. Zusammengefasst: Zu teuer, nicht mehr besonders, US-Stars bleiben weg. Der Daily Mail-Kritiker Baz Bamigboye bleibt zu Hause. Guardian-Kritiker Peter Bradshaw sieht auch den Abwärtstrend in der Relevanz des Festivals. Laut Xan Brooks würde sich Venedig den zweiten Platz inzwischen mit Toronto, Sundance, Berlin und dem SXSW teilen. Und Daily Telegraph-Kritiker David Gritten tippt auf Darren Aronofskys "Black Swan" als Goldenen Löwen-Gewinner. Somit hat der London-Korrespondent von Deadline Hollywood also ausschließlich britische Filmjournalisten ausgeschlachtet und nebenbei das Venedig-Logo von vor drei Jahren verwendet.

Filmstarts resp. Björn Becher macht sich indes Hoffnung, dass das Gerücht stimmen könnte, Terrence Malicks "Treef of Life" würde als Überraschungfilm gezeigt werden. Die "Hart aber fair"-Tagline: Wenn Wunschdenken auf Wirklichkeit trifft.

Eric J. Lyman weist in The Hollywood Reporter auf den niedrigsten Altersdurchschnitt (47 Jahre) in der Geschichte des Wettbewerbs hin. Und das trotz Regielegenden wie Monte Hellman (78 Jahre) und Jerzy Skolimowski (72 Jahre). Festivaldirektor Marco Müller: "The times are changing. Big films with a big publicity budget aren't helped as much as they used to be by the big festivals, and they don't help the festivals either, with the main players just jetting in and out for a day."

Daniel Kothenschulte von der Frankfurter Rundschau widerspricht Deadline Hollywood vor allem beim Thema Superstars und dann doch irgendwie nicht. Viel Amerika, wenig Hollywood, scheint sein Fazit zu sein. Und er freut sich auf ein Gipfeltreffen zwischen Jurypräsident Tarantino, Bud Spencer und Terence Hill, die Teil der diesjährigen Komödien-Retrospektive sein werden. Ich weiß, dass der Quentin zumindest großer Fan der Blödel-Komödie "Der Supercop" ist, Sergio Corbuccis halben amerikanischen Film ohne Spencer, aber mit Hill. Wahrscheinlicher ist, dass sich Tarantino eher auf Genregrößen wie Lino Banfi stürzen wird, der unter anderem einmaliger Fernando di Leo-Darsteller und dauerhafter Partner von Göttin Edwige Fenech in den berüchtigten italienischen Sexkomödien der 1970er-Jahre war.

So funktioniert das heutzutage: 9 Uhr Pressevorführung, etwas später die ersten Twitter-Reaktionen, noch etwas später die ersten Kritiken der Trade Press, noch etwas später eine Zusammenfassung von Slashfilm: Der Eröffnungsfilm Black Swan wird gleich mal abgefeiert. Peter Sciretta macht die Texte von Variety und Screen Daily hinter der Paywall lesbar. Was mich etwas fasziniert, ist die untypische, beinahe euphorische Reaktion von Boyd van Hoeij: "It was superb. Would have been a masterpiece if slightly shorter/more compact." Und Kirk Honeycutt hat eher ein Instant Guilty Pleasure gesehen: "A gorgeously shot, visually complex film whose badness is what's so good about it."

Cargo Film hat wieder den hauseigenen SMS-Service am Start, den Cristina Nord (taz), Isabella Reicher (Standard) und Michael Althen (FAZ) täglich füttern sollen. Althen berichtet von einem Eastern, in dem es Donnie Yen an die deutsche Westfront 1918 verschlägt.

Ein recht umständliches, weil von Englisch auf Deutsch übersetztes Interview hat D-Radio Kultur mit Festivalchef Marco Müller geführt. Ist dafür aber schön ausführlich geworden.

The Smallest Oscar Buzz: Der Sunday Mirror-Kritiker Mark Adams will definitiv eine sehr oscarwürdige Performance in "Black Swan" entdeckt haben. Seiner Meinung nach schafft es Darren Aronofsky nach Mickey Rourke, auch Natalie Portman wieder in Scheinwerferlicht zu drängen. Unter Vorbehalt, weil Adams wohl befangen ist: er sah den Film drei Tage vor dem Rest der Welt.

Mehr "Black Swan"-Schnellschüsse: Todd McCarthy (indieWIRE) und Guy Lodge (InContention). Mich spricht jetzt auch "Red Shoes" auf Acid nicht sonderlich an. Überhaupt Ballett, ich muss da immer an Homer Simpson denken und wie er sich einen solchen Abend vorstellt. David Gritten (Daily Telegraph): "As for Portman, she can expect a busy few months at awards dinners."

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Freitag, 27. August 2010
Fantasy Filmfest-Fazit 2010
Allenthalben liest man vom schlechtesten Fantasy Filmfest-Programm seit Jahren. Überhaupt sei es keine gute Zeit mehr für Genrefilme. Die Urheber solcher Aussagen haben dann meist eines gemeinsam: Sie schauen zu selten die richtigen Filme. Die Qualität sinkt nämlich nicht. Eher das Gegenteil ist der Fall. Gerade die vor vier Jahren ins Leben gerufene Fresh Blood-Reihe des FFF, die Debütfilme verheißungsvoller Talente präsentiert und auszeichnet, entwickelt sich ganz prächtig. Entfernt erinnert sie inzwischen an Cannes und die prestigeträchtige Un certain regard-Reihe, wo gerade diesen Mai spannendere Filme als im offiziellen Wettbewerb zu finden waren. Gewann noch den Fresh Blood-Award im Einführungsjahr eine Verlegenheit namens "Brick", hätte dieser im heutigen Teilnehmerfeld keine Chance mehr. Oder besser gesagt: Jetzt hätten die Zuschauer deutlich mehr Auswahl bekommen, um besseren Geschmack zu beweisen.

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Sonntag, 22. August 2010
Kritiker-Sammelalbum #5: Mark Kermode
Der Roger Ebert Großbritanniens. Das klingt griffig, auch wenn es zu hochgegriffen ist. Der BBC-Journalist Mark Kermode hat zumindest das, was praktisch allen Filmkritikern fehlt: er hat ein Gesicht. Nicht im Sinne von Georges Franjus "Das Schreckenshaus des Dr. Rasanoff"; nicht dass Filmkritiker wortwörtlich kein Gesicht hätten. Aber sie kommen nun mal in der Fernsehlandschaft nicht vor. Der Amerikaner Roger Ebert hatte jahrzehntelang eine TV-Show, Auftritte bei David Letterman und Charlie Rose. Dadurch wurde er landesweit berühmt. Nicht etwa weil er so gute Filmkritiken geschrieben hätte. Und Mark Kermode ist in England so ein bisschen das, was Roger Ebert für die Amis war: ein bunter Hund, eine Reibungsfläche und ein Fixpunkt, zu dem man sich positionieren muss.

Ich halte nicht allzu viel von Kermode. Ab und an trifft er den Nagel auf den Kopf. Viel häufiger verkommen seine Besprechungen zu egozentrischen Inszenierungsshows. Er will immer cleverer als die Filme erscheinen, die er bespricht. Was er dann mag, ist so vorhersehbar wie logisch: Hausgötter wie Cronenberg und del Toro, viel Camp und noch mehr die Filme, die allgemein gut wegkommen. Seine Qualität liegt in seiner Selbstüberschätzung: Er glaubt an seine Meinung wie andere an Gott glauben. Und er vertritt diese kurzweilig in Stakkato-Reden, die weniger von Pointen als etwa vom Nachäffen zehren. Zur Halbzeit des Kinojahres präsentierte er vor kurzem im hauseigenen Videoblog die Top-5 und die Flop-5 2010:

Top-5

1. INCEPTION
2. TOY STORY 3
3. OIL CITY CONFIDENTIAL
4. PONYO
5. TWILIGHT: ECLIPSE

Flop-5

1. SEX AND THE CITY 2
2. PIMP
3. NIGHTMARE ON ELM STREET
4. LEAP YEAR
5. BOUNTY HUNTER

Links: - Top/Flop-5, - Kermode & Mayo, - Sammelalbum

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Freitag, 20. August 2010
Meister Eder und sein Yeti Yoko
Wenn es für einen deutschen Film, der erst in knapp zwei Jahren in unsere Kinos kommt, bereits einen festen Starttermin gibt, dann muss der entweder verdammt teuer werden oder die Amis haben ihre Finger im Spiel. Oder gleich beides. Das Filmprojekt heißt "Yoko" und basiert auf den gleichnamigen Erfolgsbüchern von Ludger 'Knister' Jochmann, seines Zeichens sehr populärer Märchenonkel aus Bottrop. Mit Jessica Schwarz und Tobias Moretti prominent besetzt, soll diese Verquickung aus Animation und realen Spielszenen à la Disneys "Hexe Lilli" der dritte teutonische Treffer in Folge für die Columbia werden - ihr Hattrick. Die Sony-Zweigstelle aus Hollywood mag zwar ausgeschrieben einen in erster Linie extrem umständlichen Namen haben, nämlich die Deutsche Columbia Pictures Filmproduktion, aber sie hatte ebenso mit dem Roadtrip "Friendship!" den bisher größten und - strenggenommen - einzigen einheimischen Hit des Jahres gelandet. Und für kommendes Jahr steht die Tommy Jaud-Bestsellerverfilmung "Resturlaub" in den Startlöchern. Wenige und dafür bestens kalkulierte Zuschauererfolge lautet die Devise.

Am 26. Januar 2012 soll es dann soweit sein, dass die Computer den kleinen, mythischen Freund von der Protagonistin Pia fertiggepixelt haben und sie ihn in Mamas Kühltruhe verstecken kann. Bei "Hexe Lilli", der anderen bekannten Knister-Figur, hatte das ganz hervorragend geklappt - also mit den Zuschauern jetzt: Michael Mittermeier als Synchronstimme gewonnen, PR auf dem "Wetten dass"-Sofa gekriegt, über eine Million Zuschauer in die deutschen Kinos gelockt und in Europa tolle Achtungserfolge gefeiert. Dabei ist die Technik, reale Schauspieler mit einer animierten Figur zu verbinden, fast so alt wie das Kino selbst. "Hexe Lilli" oder "Yoko" sind letztlich nicht anderes als Kindheitserinnerungen wie "Hatschipuh" oder "Pumuckl und der blaue Kabauter". Natürlich sind sie teurer und vor allem besser vermarktet, weil sie Teil eines unendlich großen Unterhaltungsapparats sind. Und sie ziehen die jüngere deutsche Schauspielprominenz an. Wenn sich in "Hatschipuh" noch Grobmotoriker wie Henry van Lyck ("Zur Sache, Schätzchen") abmühten, dann spielen heute Nora Tschirner oder eben Jessica Schwarz die Elternrollen. Es ist lukraktiv geworden, weil die Kinderfilme als einziges deutsches Genre eine feste Kinogemeinde haben.

Links: - Coming Soon, - Resturlaub

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