Freitag, 11. Februar 2011
Berlinale-Ticker: 11. Februar
Spätestens jetzt ist für mich Lee Tamahoris bereits in Sundance verrissenes Exploitation Movie "The Devil's Double" gebongt: "Ob [Ludivine] Sagnier, im französischen Arthauskino groß geworden, hier einen Karriereknick entweder zu überbrücken versucht oder sich gerade ins Karriereaus zu manövrieren droht, bleibt ungewiss", schreibt Thomas Groh. "Ein unglaublich klamaukiger, peinlicher und brutaler Actionfilm über das dekadente Leben von Uday Hussein, Sohn von Saddam Hussein", bloggt Outi Turunen (Manifest). Und Colin Geddes twittert: "Thumbs up on DEVIL'S DOUBLE & the cocktails at Billy Wilders." Übernehmen Sie, Hofbauer-Kommando!

Nils Bokelberg, der in letzter Zeit wohl vor allem durch seinen Auftritt in der mit Abstand besten "Looki Looki"-Sendung von Niels Ruf wieder an Berühmtheit gewann, bloggt erstmals für die Fünf Filmfreunde von der Berlinale. Der Mann muss Eier aus Stahl haben, hatte er doch unter seinen Lieblingsfilmen 2010 Katastrophen wie "Sherlock Holmes" von Guy Ritchie. Also ist er genau der richtige Mann an der Front. Und mein "Lieblingsbrite" Guy Lodge hat sich inzwischen für die Oscarseite InContention auf den Weg nach Berlin gemacht. Er fiel letztes Jahr vor allem durch massig schlechte Laune und das Worshippen vom jetzigen Oscarkandidat "The Illusionist" auf. Lukas Foerster empfiehlt im Vorfeld acht Filme, darunter Shunji Iwais "Vampire" und Dante Lams "The Stool Pigeon", den ich auch sehen will. Schon ein bisschen schockierend, dass er dagegen Lee Tamahoris "The Devil's Double" unter den Wegseh-Filmen führt.

Es gibt gar nicht so wenig Twitter-Buzz für den japanischen, über viereinhalbstündigen Forums-Film "Heaven's Story" (Zeze Takahisa): "Tag 1 ist vorbei. Absolutes Highlight: HEAVEN'S STORY von Zeze - erwartet groß", twittert Björn Becher (Filmstarts). Patrick Wellinski (Kino-Zeit) schreibt: "Completly blown away by HEAVEN'S STORY. Epic and complex multiperspektiv storytelling at its best - really amazing." Und Lukas Foerster (Perlentaucher) findet: HEAVEN'S STORY is a strange film with many beautiful moments; but it almost manages to cancel itself out in the end." Ich glaube ja als Faustregel, wenn man praktisch den gesamten Festivaltag für nur einen Film opfert, dass man ihn mindestens gut finden muss. Maggie Lee schreibt in ihrer THR-Kritik: "Its grandiose structure, vividly captured locations and some stunning visuals compensate for the hazily rendered social milieu and indifference toward characters' motives and inner world." Harald Mühlbeyer im epd-Film-Blog sieht das noch etwas pragmatischer: "Immerhin: wer die ersten 90 Minuten ausgehalten hat, wird mit dem Rest spielend fertig." Derek Elley hatte den Film bereits letzte Woche gesehen und sehr wohlwollend besprochen.

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Donnerstag, 10. Februar 2011
Berlinale-Ticker: 10. Februar
Hasko Baumann bloggt für das Manifest. Sehr schön. Noch schöner wäre natürlich zusätzlich die Rückkehr seines Tagteam-Partners vom letzten Jahr, Björn Lahrmann. Abwarten! Dazu ein überraschend frühes Lebenszeichen von Rüdiger Suchsland, dessen mit heißer Nadel gestrickter Heimatfilm-Teaser drüben bei Artechock doch ziemlich optimistisch klingt. Sehr viel Lesefutter bietet Ekkehard Knörer; und er schlägt für seine Verhältnisse einen relativ milden Ton gegenüber Dieter Kosslick an. Lesenswert!

Die Ausschnitte folgender Wettbewerbsfilme der extrem gelungenen Eröffnungsfeier machten unabhängig von den sowieso schon früh herausgepickten Kandidaten Lust auf mehr: "Our Grand Despair" ("Bizim Büyük Çaresizligimiz"), "Coriolanus", "The Forgiveness of Blood", aber vor allem "Lipstikka".

Bei F.LM werden schon fleißig Eindrücke niedergeschrieben. Der mir unbekannte Martin Gobbin krallt sich direkt zwei meiner Favoriten des Festivalzirkels, nämlich Richard 'Moss' Ayoades Regiedebüt "Submarine" und den Genreausflug "Vampire" von Asiendarling Shunji Iwai, der auf dem Sundance-Festival doch ziemlich links liegen gelassen wurde. Also harren wir der Dinge, die Blogger-Kollege Stefan Rybkowski dort noch verzapfen wird, und hoffen wir, dass auch Jochen Werner, der große F.LM-Shootingstar 2010, dort oder bei critic.de die ein oder andere Empfehlung raushauen wird. Dabei fällt mir ein: Todd Brown, der Twitch Film-Chefkritiker, der letztes Jahr "Submarine" auf seiner wunderbaren Entdeckungsliste führte, besitzt nun einen eigenen Twitter-Account und ist zufälligerweise auch auf der Berlinale.

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Dienstag, 8. Februar 2011
Berlinale-Ticker: Vorgeplänkel
Die Zeit-Kritikerin Katja Nicodemus könnte auch die Pressesprecherin der Berlinale sein, so sehr sieht sie das Gute in den kritischen Fragen von D-Radio Kultur: Nicole Kidman koste eine Million Dollar pro Nacht. Da ist Monica Belucci mit hunderttausend Dollar geradezu preisgünstig. Auf Radioeins erinnert Dieter Kosslick an die eigene Talentpflege, wenn er sich besonders auf die Premiere von "El premio" freut. Die mexikanische Regisseurin Paula Markovitch war schon 2008 Gast der Berlinale als Drehbuchschreiberin des geschätzten Films "Lake Tahoe". Die andere Seite der Medaille schildert Cristina Nord in der aktuellen taz-Ausgabe, nämlich sehr viel Gemaule darüber, dass die Cannes-Regisseure lieber nach Cannes als nach Berlin pilgern. Wer will es ihnen verübeln? Dass sich Cristina Nord auch konstruktiv einbringen kann, zeigte sie übrigens erst vor kurzem in Rotterdam. Beim Perlentaucher stürzt sich Thomas Groh indes auf die Shibuya Minoru-Retrospektive im Forum.

Wettbewerb: Auch wenn etwa die deutsche Komödie "Almanya" einen ganz schrecklichen Trailer hat, sind zum aktuellen Stand überwiegend die deutschsprachigen Filme oder Filme mit deutscher Beteiligung die Hoffnungsträger. Werner Herzogs "Cave of the Forgotten Dreams", "Mein bester Feind" mit Moritz Bleibtreu, Wim Wenders' "Pina"-Film, Ulrich Köhlers "Schlafkrankheit", Diane Kruger im Hollywood-Thriller "Unknown" und Andres Veiels Debütfilm "Wer wenn nicht wir". Miranda Julys Film "The Future" schwebt auf einer Buzzwolke aus Sundance ein. Und unter den echten Hardcore-Kritikern ist "The Turin Horse" von Bèla Tarr der einzige ernstzunehmende Autorenfilm der Konkurrenz.

Volker Panzer lud zu einer Stunde Nachtstudio ein, um mit Dieter Kosslick, Wim Wenders, Hans-Christian Schmid, Dani Levy und Erwin Wagenhofer über das bedeutungsschwangere Thema "Kann Kino die Welt verbessern?" zu diskutieren. Das ist ziemlich entspannt und unterhaltsam geworden. Aber vor allem fielen für mich ganz nebenbei bereits zwei Berlinale-Tipps ab: der koreanische Wettbewerbsbeitrag "Come Rain, Come Shine" und der französische Bärenkandidat, das 3D-Animationsabenteuer "Tales of the Night". Der koreanische Film ist von Lee Yoon-ki, dessen Vorgängerfilm "My Dear Enemy" auf der Berlinale 2009 eine kleine Hymne von dem damalig noch für Variety tätigen Kritiker Derek Elley erhielt. Die Berlinale pflegt ihre Talente. Der Dank für den Nachtstudio-Fund geht an die Fünf Filmfreunde!

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Rooney Mara als Lisbeth Salander
Hollywood gibt sich Mühe. Und mittlerweile bin ich sogar ein kleines bisschen gespannt darauf, was David Fincher aus "The Girl with the Dragon Tattoo" gemacht hat. Wie das aussieht, wird gleich die gesamte Millennium-Trilogie back to back in Schweden gedreht.

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DVD-Tipp: Die Peter Pewas-Box
Who the fuck is Peter Pewas? Genauso gut könnte man fragen: Wer sind Rudolf Thome oder Werner Hochbaum? Obskure Namen für den einen, unbezahlbare Schätze für den anderen Cinephilen. Wer eine Lupe zur Hand hat, könnte zumindest nachlesen, dass Peter Pewas kein Fremder für Quentin Tarantino ist. Der 48-jährige "Inglourious Basterds"-Regisseur wird ja immer gerne und häufig herbeizitiert, wenn es eine Legitimation braucht und die eigene Durchschlagskraft nicht ausreicht. Aber hier lohnt es sich mal wieder, weil Quentin seinen Arm nicht über den neuesten Pixar oder David Fincher-Film ausgestreckt hatte, sondern den kleinen Entdecker spielte. Schaut man nämlich auf das rechte Fake-Poster eines fiktiven Bridget von Hammersmark-Films mit dem Titel "Es gibt immer ein Morgen" wird einem zweierlei auffallen: Tarantino hat den Titel von einem weniger populären Douglas Sirk-Film mit Barbara Stanwyck und Fred MacMurray entlehnt. Und hinter der Spielleitung steht doch tatsächlich der Name von Peter Pewas.

Nun, Peter Pewas ist in der deutschsprachigen Filmwissenschaft kein Neuling mehr. Jeder, der Karsten Wittes brillanten Essay "Film im Nationalsozialismus - Blendung und Überblendung" in der "Geschichte des deutschen Films" gelesen hat, kennt den Begriff der ästhetischen Opposition und hat Peter Pewas' einzigen Spielfilm "Der verzauberte Tag", der im Dritten Reich entstand, aber verboten wurde, sehr weit oben auf der Wunschliste. Und diesen Februar soll der Film dank des Hamburger Forschungszentrums CineGraph und der Filmabteilung des Bundesarchivs in Zusammenarbeit mit zahlreichen anderen Archiven und Institutionen in einem Boxset auf zwei DVDs herauskommen. An spannenden Extras soll es nicht mangeln, Werbefilme, Interviews und Fragmente von verschiedenen Filmexperimenten en masse. Woher Tarantino Peter Pewas kennt? Wahrscheinlich durch die Lektüre von Eric Rentschlers englischsprachigem Standardwerk "The Ministry of Illusion". Ob er überhaupt einen Film von ihm kennt? Das ist zumindest fraglich, weil sich der Maestro auf seinen Promotouren hinter Leni Riefenstahl und der Screwball-Komödie "Glückskinder" versteckte.

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Montag, 7. Februar 2011
Most-Wanted: Februar 2011
Peter Pewas - Der verzauberte Tag.
Rolf Thiele - Mamitschka, Labyrinth, Der liebe Augustin.
Willi Forst - Leise flehen meine Lieder, Mazurka.
Carl Froehlich - Wenn wir alle Engel wären, Krach um Jolanthe.
Gustav Ucicky - Hokuspokus.
Veit Harlan - Jugend.
Umberto Lenzi - Fünf gegen Casablanca, diverse Gialli.
Vittorio Schiraldi - Der Todeskuss des Paten.
Karl Hartl - Der Prinz von Arkadien.
Max Ophüls - Die verkaufte Braut, die verliebte Firma.
Franz Antel - Diverse Frau Wirtin-Filme.
Vernon P. Becker - Die jüngsten Kätzchen sind die schärfsten.
Nando Cicero - Die Bumsköpfe, Die Knallköpfe der 6. Kompanie.
Blake Edwards - Darling Lili, Gunn.
Hal Ashby - The Landlord.
Billy Wilder - Fedora.
Enzo G. Castellari - Tote Zeugen singen nicht.
Jack Starrett - The Dion Brothers.
Michael Apted - Der aus der Hölle kam.
Creydon Clark - Die Vidioten.
Christian Petzold - Pilotinnen.

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Potenziell weitere teutonische Blockbuster
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Freitag, 4. Februar 2011
Til Schweiger-Festspiele haben begonnen
Ersten Trendzahlen nach startet Til Schweigers "Kokowääh"-Film dieses Wochenende jenseits der 700k Zuschauer. Das ist deswegen ein so gutes Ergebnis, weil "Kokowääh" kein etabliertes Franchise war, sondern von Schweiger allein durch die Dauerbeschallung in Trailer-Vorschauen, emsige TV-Auftritte und Bild-Schlagzeilen, in denen er sich prestigeträchtig als Mustervater aufbaut, der gegen die bösen Vergewaltiger kämpft, ins Bewusstsein des Kinozuschauers gebracht wurde. Man würde sich nicht wundern, wenn Til in der kommenden Woche ganz überraschend auf dem plüschigen "Wetten, dass..?"-Sofa auftauchen würde. Denn das weiß nun jedes Kind, dass es keine bessere Produktplattform für einen sowieso schon gut laufenden deutschen Kinofilm gibt als Thomas Gottschalks Schmusibusi-Show, in der sich mittlerweile keine Menschen mehr den Hals brechen müssen, um dem Quotendruck eines Dieter Bohlens etwas entgegensetzen zu können.

Man muss abwarten und sehen, wie "Kokowääh" beim Kinozuschauer ankommt; ob sich die wohligwarme Wolke aus gleichgültiger Sympathie und Liebe zur weichgespülten, anspruchslosen Unterhaltung einstellt und den Film monatelang im Kino trägt. Dann könnte es für Til sehr weit gehen. Und das Schöne ist: Til hat dieses Jahr noch drei weitere Asse im Ärmel. Ich sage nur "Keinohrhasen 3", zu dem er zusätzlich ein Animations-Spin-off namens "Keinohrhase und Zweiohrküken" plant, "Männerherzen 2" und "Die drei Musketiere", wo er in die Fußstapfen von Ferdinand Marian treten und den berüchtigten Magier Cagliostro spielen wird. Was Zuschauerzahlen angeht, hat Bernd Eichinger schon länger seinen legitimen Erben gefunden, der inzwischen auch klug genug ist, sein deutsches Standbein nicht mehr abzusägen und eine reine Karriere in Hollywood zu probieren. Nein, jetzt ist der deutsche Kinomarkt sein Königreich. Wenn es in die USA geht, dann nur, um sein eigenes US-Remake von "Keinohrhasen" mit Ben Affleck zu drehen oder die Heike Makatsch zu machen und in einem gefälligen Episodenfilm wie "New Year's Eve" den Quotendeutschen zu geben.

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Mittwoch, 2. Februar 2011
Nur für QT-Aficionados: The Wright Stuff-Trailershow
Der britische Regisseur Edgar Wright programmierte zum zweiten Mal ein richtiges kleines Filmfestival in Quentin Tarantinos New Beverly-Cinema, das Pate für das Kino in "Inglourious Basterds" stand. Der Hausherr gab sich an zwei Abenden die Ehre vorbeizuschauen und auch die Trailershow zu gestalten. Das Ergebnis ist hier nachzulesen:

* Shaun of the Dead: Carrie, Modern Problems, Groundhog Day, Man with Two Brains, Paul

* Hot Fuzz: 48 Hours, Fuzz, Newman’s Law, Nighthawks, The Super Cops, Kill Point

* Scott Pilgrim: Zabriskie Point, A Clockwork Orange, Candy, Shogun Assassin, After Hours, Fight Club, Blues Brothers

* Dirty Harry: Confessions Of A Police Captain, Freebie & The Bean, Sharkey’s Machine, Newman’s Law, Murphy’s Law, An Eye For An Eye

* The Super Cops: Cops And Robbers, The New Centurions, Elektra Glide In Blue, Choir Boys

Link: - The Wright Stuff

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Mittwoch, 2. Februar 2011
"Die läufige Leinwand" ab sofort im Handel
Das Instant-Standardwerk "Die läufige Leinwand: Der amerikanische Hardcorefilm von 1970 bis 1985" von Christian Keßler ist seit dem 31. Januar käuflich zu erwerben. Der Filmgelehrte Keßler begeisterte in der Vergangenheit mit seiner Literatur-Trilogie "Obsession: The Films of Jess Franco", "Das wilde Auge" und "Willkommen in der Hölle". Für lächerlich geringe dreißig Euro ist man dabei, wenn wirklich mal neue Filmgeschichte geschrieben und dem Georg Seeßlen-Klassiker "Der pornographische Film" das Wasser abgegraben wird.

Links: - Infos, - Frühere Werbung

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Clean Sweep, Peter Travers!
Anfang Dezember postete der Rolling Stone-Filmkritiker Peter Travers seine persönliche Top Ten. Knapp zwei Monate später wissen wir, dass er wohl der einzige Mensch dieses Planeten ist, der den exakt selben Geschmack wie die Academy-Mitglieder des Oscars hat. Es gab bislang nur Gerüchte und Mutmaßungen, dass er einen ziemlich guten Riecher hätte, wenn es um die Vorhersage der Nominierungen ging. Jetzt erst ist bewiesen: Die Academy und Peter Travers sind ein und die selben Person! Demnach gewinnt "The Social Network" knapp vor "Inception" und "The King's Speech".

Link: - Ahnung gehabt

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Frauenquote im Kino nicht mehr nötig
Das Kinopublikum ist heterogen. Und eigentlich sind Aussagen, dass dieser oder jener Film nur für Jungs oder Mädels gemacht wurde, leicht anzufechten. Wenn ich aber den neuen Disney-Film "Rapunzel" immer weiter in den Jahrescharts 2010 nach oben klettern sehe - mit 3,5 Millionen Zuschauer bereits auf Platz drei -, komme ich nicht umhin, anzumerken, dass eine Frauenquote im Kino überflüssig erscheint: jedenfalls in Deutschland und wenn man auf die größten Filmerfolge des letzten Jahres blickt. Während man sich in Hollywood auf die relativ junge, männliche Geekgeneration mit Superhelden und TV-Revivals aus den 1980er-Jahren eingeschossen hat, wird bei uns jedes Jahr klarer, wer überhaupt noch ins Kino strömt. Action- und Horrorware läuft mittlerweile wenig bis gar nicht mehr, es sei denn Hollywood hat es sich 200 Millionen Dollar kosten lassen.

Nein, in den Jahres-Top Ten stehen "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes", "Eclipse - Biss zum Abendrot", der besagte Disney, "Alice im Wunderland" und "Sex and the City 2" auf den ersten Plätzen. Das mag man für einen Zufall halten; in Frage stellen, ob Filme wie "Harry Potter" oder "Alice" überhaupt speziell für ein weibliches Publikum konzipiert wurden; sicherlich anmerken, dass diese Produktionen mehr oder weniger alle in die allgemeinen Erfolgsformeln Franchise, Bestseller, Big Budget und Fortsetzung fallen. Und trotzdem erscheint es mir unübersehbar, dass nach der Zielgruppe der Kinder, die sich noch keine Filme aus dem Internet herunterladen kann und ihre Eltern gleich mit in die Filme schleppt, die Zielgruppe der weiblichen Kinozuschauer voll und ganz eingeschlagen hat.

Und diese relativ neue Eventkultur, wieder eigene Filmreihen wie die "Twilight"-Saga oder die "Sex and the City"-Filme zu haben, wird in speziellen, so genannten Lady Nights der Großstadt-Multiplexe mit Sekt zelebriert. Fast könnte man denken, sich filmwirtschaftlich zurück in die 1950er-Jahre zu bewegen, wo schon einmal die Frau als zahlender Kunde im Mittelpunkt des Interesses stand. Der berühmte Regisseur Alfred Hitchcock richtete bereits damals sein Film-Marketing danach aus, weil er wusste, dass beim Date die Frau das letzte Wort hatte, wenn es darum ging, das Abendprogramm zu bestimmen. Es wird spannend sein, zu beobachten, ob "Kokowääh", "Dschungelkind" und "Twilight 4" oder aber "Thor", "The Hangover 2", "X-Men: First Class" und "Transformers 3" die Charts anführen werden. In den ersten Wochen des neuen Jahres hängte jedenfalls der Ballettfilm "Black Swan" die nostalgisch gefärbte, comichafte Big Budget-Konkurrenz um "The Green Hornet" und "Tron: Legacy" deutlich ab.

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Freitag, 28. Januar 2011
Erinnerungsstütze zur Berlinale 2010
Die letzte Berlinale war retrospektiv betrachtet eine ziemlich peinliche Angelegenheit. Ein Trauerspiel in zehn Akten. Was wurde da nicht von allen Seiten geächzt und gestöhnt, wie schlecht das Programm des Festivals wieder einmal gewesen wäre. Vermeintliche Meinungsmacher gaben sich dabei die Klinke in die Hand: Ob Cargo-Chef Ekkehard Knörer im übertragenen Sinne noch vor dem Beginn die standrechtliche Erschießung des Festival-Leiters Dieter Kosslick forderte oder sich Variety und Sight & Sound gegenseitig in den negativen Superlativen hinsichtlich des in ihren starren Augen bodenlosen Wettbewerbs zu übertrumpfen versuchten. Es gab nur wenige Lichtblicke: Peter Bradshaw etwa, den Filmkritiker des Guardian, der das reichhaltige Angebot richtig zu würdigen wusste; das Hollywood Reporter-Tandem Ray Bennett und Peter Brunette, das sich nicht lumpen ließ und einige beachtenswerte Hymnen verfasste. Ein großer Verlust, dass der Filmkritiker Peter Brunette im letzten Jahr überraschend verstarb. War er eigentlich der einzige englischsprachige Kritiker von Gewicht, der etwas mit der Berliner Schule anfangen konnte.

Noch lange nicht ist das repariert worden, was die meisten Kritiker da letztes Jahr angerichtet haben. Viele Filme konnten noch gar nicht gesichtet werden. Aber was man dann nachholte, begeisterte doch fast durch die Bank. Wie schlecht, frage ich, kann ein offizieller Wettbewerb eines A-Festivals sein, wenn er solche Filmperlen wie "Der Räuber", "If I Want to Whistle, I Whistle", "Greenberg", "Jud Süß - Film ohne Gewissen", "How I Ended This Summer" und "The Ghost Writer" bereithielt. Und wenn ich jetzt einfach mal die weiteren potenziellen Highlights wie "Caterpillar", "Bal", "Mammuth", "Howl" und "Apart Together" nicht mitzähle, weil ich sie noch gar nicht gesehen habe. Von Entdeckungen abseits des Wettbewerbs wie "Exit Through the Gift Shop", "Boxhagener Platz", die Sleaze-Granate "Henri 4", "The Illusionist" und "Renn, wenn du kannst" will ich schon gar nicht anfangen. Vor allem nicht von ungesehenen Werken wie "Kawasaki's Rose", "Im Schatten", "Orly", "Bedways", "La bocca del lupo" und "Winter's Bone".

Strengts euch halt mal ein bisserl an, ihr Kritiker! ;)

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Donnerstag, 27. Januar 2011
"Aber er war doch schon ein Leopard"
* Michael Althen
* Dieter Kosslick
* Rüdiger Suchsland
* Rudolf Thome
* Nils Bokelberg
* Steven Spielberg
* Heinz Strunk
* Molotto & Heinz Klett

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Sonntag, 23. Januar 2011
Sundance-Tipps 2011
"THE FUTURE becomes a really thrilling hybrid, using nearly avant-garde, highly conceptual staging and imagery to further what is essentially a classic romance of remarriage", schreibt Karina Longworth (Village Voice). "THE FUTURE blossoms into something lovely and melancholy, a magical realist miniature about the dread of time passing, the gradual narrowing of options that underlies the watery commitment-phobia of its central couple", meint Alison Willmore (IFC News). "I kind of really loved THE FUTURE. For what it's worth, ideal viewing circumstances are when you've spent a week away from your boyfriend", twittert Katey Rich.
LIKE CRAZY - Drake Doremus
"LIKE CRAZY is, like, really wonderful. Young people fall in love like young people fall out of like adults", twittert Wesley Morris (Boston Globe). "The glib will joke about LIGHT BLUE VALENTINE or 2,000 DAYS OF BUMMER, but there's lots to appreciate here, incl. great acting", twittert James Rocchi. "Many want to hear about LIKE CRAZY, but don't have much to say about it. Effectively tearjerking, narratively inane, Jones breakout star", twittert Karina Longworth. "Anton Yelchin and Felicity Jones are felicitously well-cast in Drake Doremus' emotional but flawed LIKE CRAZY", findet auch Robert Koehler. "Breathtakingly captures the elation of immediate attraction and first love between two college students then impeccably registers the growing distance between them as they are forced to live in different countries for a long period", schreibt Todd McCarthy (THR) und meint weiter: "Director Drake Doremus and his superb cinematographer, John Gulesarian, bring the viewer as close to the couple as possible without inducing suffocation, creating an experience of enveloping intimacy."
BELLFLOWER - Evan Glodell
"The whole film has a handmade quality that gives it a shabby charm. BELLFLOWER is a mess, but one that's unquestionably the product of incredible ambition and potential. And for all its flaws, it's the discovery of the festival thus far", bloggt Karina Longworth (Village Voice). "I hope Tim League gets a look at it, because this would be an amazing pick-up for Drafthouse Films, and if Tim and Glodell hit the road to promote the movie in the actual muscle cars, stopping in each town for a flamethrower demo, I might have to quit my job and follow them like the Grateful Dead", schreibt Drew McWeeny (HitFix). "What happens when boys raised on nothing but beer and TV commercials get a camera", twittert Wesley Morris.
THE CATECHISM CATACLYSM - Todd Rohal
"Not the biggest film at Sundance by a long shot, nor the flashiest or most extreme, THE CATECHISM CATACLYSM is possessed of a gentle charm masking an urge to in your face subversiveness, a combination that is going to make the cult for this film a fervently loyal one", schreibt Todd Brown (Twitch Film).
TERRI - Azazel Jacobs
"Crowd pleasing without being pandering, TERRI above all else feels true", schreibt Karina Longworth (Village Voice). "TERRI, tubby kid, messed up principal, hormones, a little alcohol, life. Wooooonderfuuul", twittert Wesley Morris. "Dawdling, draggy deadpan journey to the island of misfit boys; as lightly charming as it is immensely inert", twittert James Rocchi. "With a sensitive eye and an even more perceptive heart, director Jacobs brings new life to the outsider’s ordeal with a story about a large, lonely high-school boy (beautifully played by Jacob Wysocki) who discovers a sense of self-worth with the help of some charming oddballs", schwärmt Manohla Dargis und bezeichnet TERRI als einen ihrer zwei Lieblingsfilme des Sundance-Festivals (New York Times). "TERRI is a sweet, dry and very offbeat coming of age movie that makes Terry Zwigoff seem mainstream", twittert Damon Wise. "The film's not as focused or as strong as Jacob's last film, 2008's MOMMA'S MAN, but it has some of the fluky poetic charm of his 2005 debut, THE GOODTIMES KID. It's an advance sideways. Where everything about movies like NAPOLEON DYNAMITE and RUSHMORE are drenched in irony, the vibe here is warm, observant, inclusively comic", schreibt Ty Burr (Boston Globe).
HERE - Braden King
"HERE is pretty phenomenal. And as far as semi-naturalistic doomed romances go, it blows LIKE CRAZY out of the fucking water", twittert Longworth. Und hier gibt es ihre Kritik nachzulesen. "Beautiful, shimmering road-trip romance where the map is not the territory and farewell not goodbye. A heartfelt highlight", twittert James Rocchi.
THE WOMAN - Lucky McKee
"THE WOMAN is fantastic, a wonderfully bizarre tale of what could be in the top 10 most fucked up families ever portrayed in film", schreibt Eric Vespe (Aintitcool-News). Drew McWeeny (HitFix) fand ihn auch ganz großartig und dokumentierte gleichzeitig den Traum eines jeden Horror-Regisseurs, nämlich den Ausraster eines Zuschauers, der des Saales verwiesen wurde.
TAKE SHELTER - Jeff Nichols
"TAKE SHELTER is a fantastic movie, a taught thriller, an emotional depiction of a solid family unit fracturing under paranoia and a tour de force leading performance by one of our best working character actors. I can’t recommend this one enough", schreibt Eric Vespe (Aintitcool-News). "TAKE SHELTER, starring perennial Sundance 'It actor' Shannon, had deservedly strong word of mouth. A slow-burner about a Midwestern husband and dad who has nightmares of a coming apocalypse and starts building a survivalist dugout in his back yard, SHELTER collects all the angst that can beset a modern family man — post-9/11 fears, ecological disaster, the fragile well-being of one’s loved ones — and squeezes", schreibt Ty Burr (Boston Globe).
VAMPIRE - Shunji Iwai
"While some will find the film too dark, too graphic, too weird - fans will surely find much to love in the artistry, the intricacy, the magic", schreibt Ryland Aldrich (Twitch Film).


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Link-Tipps: Alison Willmores sehr hörenswertes Zwischenfazit, auch wenn sie die Hälfte des IFC-Podcast verschwendet, um sich über Kevin Smith aufzuregen. Slashfilmcast-Moderator David Chen tut unterdessen das, was er am besten kann, nämlich O-Töne von anderen, kompetenteren Filmkritikern zu sammeln. Ty Burr zieht ein schönes Fazit im Boston Globe-Blog. HitFix hat eine Bildershow mit etwas Text. Und Karina Longworth hat sich auch noch mal für die Village Voice hingesetzt und etwas runtergetippt.


Quellen: - Karina Longworth, - Drew McWeeny, - Wesley Morris, - Katey Rich, - Alison Willmore, - James Rocchi, - Bob Koehler, - Eric Vespe, - Damon Wise, - Anne Thompson, - Total Film, - THR, - Screen Daily

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