Sonntag, 23. Mai 2010
A Star Is Born: Nora von Waldstätten
Und ein letzter Link: Todd McCarthy von indieWIRE, von dem leider kein versprochener Podcast kam, fasst das Festival schön knackig zusammen und beschert mir mit seinem Guilty Pleasure, "Exodus - Burnt By the Sun 2", einen weiteren Tipp.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Freitag, 21. Mai 2010
Cannes-Ticker: 21. Mai
Der Vorzeige-Filmkritiker Todd McCarthy, der gestern anlässlich der "Carlos"-Premiere aus dem verdienten Winterschlaf erwacht war, ist in Feierlaune. Nicht unbedingt, weil die Franzosen dieses Highlight am selben Tag auf Canal Plus präsentiert bekamen, sondern weil er in den letzten Tagen auch einige tolle Dokumentarfilme gesehen hat. Er feiert vor allem "Inside Job", lobt aber auch "Cameraman: The Life and Work of Jack Cardiff" und "Gilles Jacob - Der Mann von der Croisette", der wiederum diesen Samstag, zwischen Champions League-Finale und Eishockey-WM-Halbfinale, seine TV-Premiere auf Arte feiert. Und für die Tarantino-Groupies: Ja, Quentin ist natürlich mit am Start! ;)

Schnellsprecher Mark Kermode von der BBC kann J.Hoberman oder Alexander Horwath nicht folgen, wenn es um den neuen Godard geht.

Wo war eigentlich mein Lieblingskritiker Michael Althen in Cannes? Für die FAZ berichtete Verena Lueken so routiniert, als ob es um die Bamberger Kurzfilmtage gegangen wäre. Und auch Susan Vahabzadeh langweilte zumindest mich in der Süddeutschen. Für Tobias Kniebe gab es keinen Skandalfilm zu verteidigen, also hing auch er in der Luft. Und Rüdiger Suchsland hatte sein Artechock-Tagebuch nach der "Robin Hood"-Premiere verwaisen lassen, nur um bei critic.de überwiegend als Pressekonferenz-Referent in Erscheinung zu treten. Mit Erschrecken musste ich feststellen, in deutscher Sprache am aller meisten von Jan Schulz-Ojala gelesen zu haben, der seine Texte gleichzeitig für Zeit und Tagesspiegel recycelte.

Screen Daily veröffentlicht eine der ersten Kritiken zu Apichatpong Weerasethakuls mit sehr viel Spannung erwarteten thailändischen Wettbewerbsbeitrag "Uncle Boonmee", der vor allem über Twitter eine Menge Buzz generierte. Was mich unter anderem an diesem Film fasziniert, ist, dass er beinahe eine deutsche Produktion ist: Sowohl die innovative Produktionsschmiede Match Factory, als auch die Firma von "Lindenstraßen"-Godfather Hans W. Geißendörfer waren beteiligt. Der Brite Nick James (Sight & Sound) twittert: "A gorgeous, funny and mysterious meditation on how death is received by a shaman in a jungle."

Eine Premiere: Der erste Total Film-Link. Movie Geek Sam Ashurst gibt dem französischen Film "Lights Out" ("Simon Werner a disparu") die Höchstwertung, beschreibt ihn nach dem ersten Sehen, als ob Mario Bava "Donnie Darko" verfilmt, nach dem zweiten Sehen, als ob Doug Liman "Elephant" neuaufgelegt hätte. Seine Karriere wird er aber, wenn er sie denn antreten darf, als französischer "Brick" machen.

Der Guardian hat eine illustre sowie launige Runde, bestehend unter anderem aus dem Guardian-Chefkritiker Peter Bradshaw und Variety-Arbeitsbiene Leslie Felperin, zusammengestellt, die über Highlights und Palmen-Favoriten debattiert. Die Devise heißt, fast immer auf den unmöglichsten Außenseiter zu tippen.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 20. Mai 2010
Cannes-Ticker: 20. Mai
Nach spätestens einer Woche Filmfestival-Watching geht bei mir die Aufmerksamkeitsspanne merklich nach unten. So passt es mir gut in den Kram, dass die meisten Kritiker langsam mit ihren Fazits beginnen. Der bedachte Brite Nick James vom Sight & Sound-Magazin fasst sich angenehm kurz: Goldene Palmen-Favoriten seien "Of Gods and Men" und "Another Year", den die Oscar-Schmiede Sony Pictures Classics als einzigen würdigen Nachfolger von "Das weiße Band" und "Un prophète" auserkoren hat. Vom offiziellen Wettbewerb weitgehend enttäuscht worden, bezeichnet James die Un certain regard-Reihe als überlegen. Die kleineren Hypes um Filme wie "Aurora", "Tuesday, After Christmas", "The Strange Case of Angelica", "Blue Valentine", "Unter dir die Stadt" und "Les amours imaginaires" sprechen für sich.

Aus der hippen Bloggersicht von Alex Billington, in seinem zweiten Jahr, schaut das doch ähnlich aus, auch wenn er dann völlig andere Konsequenzen daraus gezogen hat. Anstatt abseits des Wettbewerbs Filmperlen zu entdecken, träumte der Kopf hinter FirstShowing dem letztjährigen, saftigeren Angebot hinterher. Na ja, wenn man Filme wie "Dogtooth" nicht zu schätzen weiß, hat man es wohl auch nicht besser verdient.

Jan Schulz-Ojala bringt noch mal in der Zeit auf den Punkt, warum Entertainment Magazine wie Empire, Total Film und Welt so wenig von der Croisette berichteten, weil nämlich die Hollywoodstars fehlten. Kein Grund zur Sorge, meint Ojala, solange man dafür Filme wie Life, Above All entdecken darf. Auch wenn mich dieses Filmprojekt nicht unbedingt interessiert hat, habe ich doch so ein bisschen die Daumen gedrückt für den Regisseur, Oliver Schmitz, der bei einigen der besten "Türkisch für Anfänger"-Episoden das Zepter geschwungen und auch "Doctor's Diary" (unterschätzt) ab und an seine Visionen aufgedrückt hat. Roger Ebert bezeichnete übrigens "Life, Above All" als echten Tear-Jerker, meinte das jedoch als größtmögliches Kompliment.

Olivier Assayas' aufwendiges "Carlos"-Biopic war offenbar genauso Pflichttermin an der amerikanischen Ostküste. Sowohl N.Y. Times' Manohla Dargis, als auch Boston Globes' Wesley Morris stürzten sich sofort auf das TV-Opus - mit gemischten Resultaten. Da gefiel mir der bereits heute Abend verlinkte Todd McCarthy deutlich besser. Noch ein paar Stunden später, am frühen Donnerstagmorgen, gibt es die Mubi-Zusammenfassung, die mir zeigt, dass Richard Corliss in Cannes war, aber in irgendeiner Special-Abteilung des Time Magazine versteckt wurde. Und Blickpunkt:Film findet zum Abschluss die Überschrift, die den Nagel auf den Kopf trifft: "'Carlos' kam, sah und würde siegen, wenn er dürfte." Der zweite Cargo Film-Podcast handelt unter anderem auch davon. Alexander Horwath schwärmt gegenüber Bert Rebhandl aber ebenso von "Of Gods and Men" und "Poetry".

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 19. Mai 2010
Todd McCarthy schwärmt von Assayas' "Carlos"
Überhaupt die weit über fünf Stunden Filmzeit für eine Produktion frei zu machen, die nicht im offiziellen Wettbewerb läuft, erscheint mir lobenswert. Umso schöner, dass Olivier Assayas' "Carlos"-Biopic das auch offenbar wert ist. Der bisher sehr zurückhaltend agierende Todd McCarthy hat sich jedenfalls in einen Rausch geschrieben, der Steven Soderberghs "Che" unter sich begräbt und Vergleiche zum jungen Marlon Brando anstellt.

Links: - Todd McCarthy, - "Carlos"-Poster

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 19. Mai 2010
Cannes-Ticker: 19. Mai
Aus! Aus! Alles aus! Alan Jones kann "Jerry Cotton" nicht leiden. Leider ist es kein deutscher "OSS 117" geworden. Jones versteht vor allem nicht, warum man eine EuroSpy-Parodie à la "Austin Powers" in die Gegenwart verlegen muss. Na ja. Dafür hat er einen nächsten heißen Ozploitation-Tipp im Köcher: David Michods australischer Gangsterfilm "Animal Kingdom" mit Guy Pearce über die Melbourner Unterwelt sei "gripping, chilling and beautifully directed."

Am siebten Tag hätte endlich der Wettbewerb gut angezogen, meint Wesley Morris im Boston Globe-Blog. Xavier Beauvois "Of Men and Gods" wäre demnach ein Palmen-Kandidat, wenn er auch nicht zu Morris' Lieblingen zählt: "But Beauvois demonstrates a patience, restraint, and sense of higher purpose that emotionally elevates what could have been the sort of middlebrow heart-tugger that the French have been known to submit for foreign-language Oscar consideration." Deutlich mehr gemocht hat er dafür Everybody's Darling, Kiorastamis "Certified Copy": "It's easily the most pleasurable movie I've seen this year."

Somit musste J.Hoberman dieses schuldige Vergnügen namens "The Certified Copy" schon aus Prinzip ablehnen und widmete sich lieber Godard. Aber ehrlich: Selbst bei den größten Fans und Godard-Liebhabern klingt das zu anstrengend. Bei Cargo Film gibt's dazu passend ein schön altmodisches Telefon-Interview zwischen Bert Rebhandl und Alexander Horwath. Nach Christoph Waltz und Michael Haneke im letzten Jahr also auch dieses Mal wieder die Österreicher unter sich!

Ich bin Kenneth Turan-Fan. Der gute Mann strahlt etwas wissendes, beruhigendes aus. Gelesen habe ich von ihm aus Cannes bisher nichts, glaube ich. Warum dann nicht einmal ein paar Sekunden lang Turan beim Schwärmen von der Doku zur Finanzkrise, Charles Fergusons "Inside Job", zuhören. Oh, and by the way, Michael Phillips is there, too.

Der verehrte Steadycam-Herausgeber Milan Pavlovic ist bereits in WM-Stimmung. Aktuell heißt das Duell Frankreich gegen England, das die Inselaffen haushoch führen: "Another Year", "Centurion", "The Disappearance of Alice Creed" und "Tamara Drewe" - dagegen stinkt die Grande Nation gewaltig ab. Hoffentlich kein schlechtes Omen für den Juni.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Cannes-Ticker: 18. Mai
Und wenn eine gewisse Anzahl von Kritikern zusammengefunden hat, die einen Film herausragend findet, dann gibt es die Möglichkeit, der eine Nicht-Begeisterte zu sein, was Todd McCarthy bei Mike Leighs "Another Year" für sich in Anspruch genommen hat. Hier also die neue Herausforderung, Todd: Wohin man blickt, ob zu Time Out London, Sasha Stone (AwardsDaily), dem Briten Guy Lodge (InContention) oder Ioncinema, alle unbekannteren Kritiker, die schneller schießen, lieben über Twitter Abbas Kiarostamis "Certified Copy" mit Juliette Binoche. Ohne dabei zu vergessen, die ansonstige, angebliche Ablehnung des buhrufenden Publikums zu betonen. Rossellinis "Reise nach Italien" und Linklaters "Before Sunrise/Sunset"-Double sind die am häufigsten genannten Referenzpunkte.

Wer stottert: Mir fällt auf, dass es um Empire's Damon Wise ganz still geworden ist. Der englische Spezi für die Hollywood-Blockbuster und Mega-Superstars hat bisher, für seine Verhältnisse mikrige drei Blogeinträge geschrieben. Wenn es um Tarantino, Spielberg und Clooney geht, ist er immer ganz vorne dabei. Cannes 2010 bot ihm aber nur "Robin Hood", "Wall Street 2" und tja ... dann verließen ihn die Götter. Seinem Eintrag zu "Another Year" spendierte er aus lauter Langeweile nicht mal mehr ein Bild. Ähnlich sieht es zum Beispiel bei der Welt aus. Ebenfalls bisher ganze drei Artikel, zwei davon über "Robin Hood", der letztes Wochenende übrigens katastrophale Zahlen in den USA geschrieben hat.

Mark Kermode von der BBC hat einen schrecklichen Filmgeschmack, aber er kann sehr schnell reden und bildet sich viel auf seine Urteile ein, was sie wiederum unterhaltsam macht. Länger stand ein einziges Video online. Am Montag waren es dann plötzlich vier. Aber - und das muss man Mark Kermode zugute halten - er mochte Gregg Arakis "Kaboom", der einfach fantastisch aussieht. Irgendwo habe ich aufgeschnappt, dass der Film eine Mischung aus "Nowhere" und "Mysterious Skin" sein soll. Das würde passen: Bin Fan von Arakis Frühwerke wie "The Doom Generation", zähle aber auch besagten "Mysterious Skin" zu den Meisterwerken und liebe "Smiley Face".

Alan Jones hat immer noch nicht "Jerry Cotton" gesehen. Er wird ihn vielleicht nie sehen, dieser Lügner. Und vielleicht ist das besser für die Welt und "Jerry Cotton". Ich träume trotzdem weiter von der ganz großen teutonischen Entdeckung am Rande, bis der aller letzte Tag verstrichen ist. Bayonas erwähnte "The Impossible" stellte sich als der eigene Film des "Orphanage"-Regisseurs heraus, den er mit Ewan McGregor und Naomi Watts in Thailand drehen wird. Klingt interessant. Und Jones hat sich nicht vom Horror-Reifen "Rubber" bezirzen lassen. Bin gespannt, was er von "The Silent House" und dem französischen "The Pack" halten wird.

Der Branchendienst Blickpunkt:Film sucht verzweifelt Meisterwerke an der Croisette: Lobt den schwer verdaulichen "Biutiful" von Inarritu, mochte Leighs "Another Year", feiert ein bisschen Kitanos Rückkehr ins Gangstergenre und schließt ab mit seinem Highlight, Xavier Dolans "Heartbeats" ("Les amours imaginaires"), der an die Nouvelle Vague und Wong Kar-wai erinnere und vom Cannes-Publikum Standing-Ovations erfuhr. Der wundervolle, gerade mal einminütige Trailer, unterlegt vom schmachtigen Dalida-Cover des Cher-Songs "Bang Bang", bestätigt das voll und ganz.

... link (2 Kommentare)   ... comment


Montag, 17. Mai 2010
Cannes-Ticker: 17. Mai
'Unspektakulär' wäre die Untertreibung des Jahres, um den bisherigen Verlauf des Wettbewerbs zu beschreiben. Und es war erwartet. Die Rumänen in den Nebensektionen wurden wieder auf Rosen gebettet, und der Rest dümpelte so vor sich hin, bis "Another Year" von Mike Leigh anlief, womit klar war, wen es zu schlagen gilt. Für Roger Ebert ist es in seinem Tagebucheintrag #4 eher die Frage, ob der Film die Goldene Palme und die beste Darstellerin, nämlich Lesley Manville, gewinnen kann.

Das deutsche Feuilleton hängt wie immer so weit zurück, dass sich diese Frage noch gar nicht stellt. Da entdeckt beispielsweise Milan Pavlovic im Kölner Stadtanzeiger Neil Marshalls "Centurion", den schon auf der Berlinale nur wenige richtig leiden konnten. Und in der Zeit will Jan Schulz-Ojala die Berliner Schule zu deutlich mehr Story überreden. Und auch Rüdiger Suchsland bei critic.de, einer der größten Förderer dieser frischen Prise Wind, gerrät etwas ins Grübeln, wenn er "Unter dir die Stadt" weder verreißen, noch in den Himmel loben will. IndieWIRE's Anne Thompson macht Hoffnung: "There's good word on THE CITY BELOW [...] among the lower-profile fest pics." Und Sight & Sound's Nick James lobt sogar: "An engrossing mystery about a sex infatuation exposes new depths of financial corruption with the precision of a scalpel."

Ich mag Manohla Dargis von der New York Times hauptsächlich wegen ihrer Stimme. Ihre Texte sind zwar sorgfältig überlegt, aber unspektakulär. Da passt es, dass sie den französischen Film "A Screaming Man" von Mahamat-Saleh Haroun zu ihrem persönlichen Wettbewerbs-Liebling der ersten Tage auserkoren hat. Für ihre Verhältnisse ist das doch irgendwie spektakulär!

Der Pre-Cannes-Tipp von Fangoria, "The Silent House" ("La casa muda"), könnte heute durchbrechen. Der in einem Shot gedrehte, urugayische Horrorfilm würde Buzz haben, meint Anne Thompson. Arbeitstier Derek Elley (Film Business Asia) ruft unterdessen "The Dreamer" zu seinem Lieblings-Asiaten aus. Der indonesische Coming-of-Age-Film ist vom selben Team produziert und gedreht worden, das letztes Jahr auf der Berlinale "The Rainbow Troops" vorstellte, den Elley damals auch sehr mochte.

Schnellschüsse: Sight & Sound-Herausgeber Nick James steht auf italienische Ziegen. "The Four Times" ("Le quattro volte") sei der bisher beste Cannes-Film, meint der schweigsame Brite: "The movie follows Calabrian life with wit and a gorgeous sense of the sculptural." Und Alan Jones liebt einen von mir heiß erwarteten Film: "Adored Gregg Araki's KABOOM, sexy, smart, funny send-up of campus teen conspiracy horrors with electric visuals and hot cast." Damit ist der FrightFest-Chef der Erste, der Araki über den Durchschnitt hebt.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 16. Mai 2010
Cannes-Ticker: 16. Mai
Die sportlichen Resultate sind dann ja doch eher suboptimal verlaufen. Umso schöner, dass Mike Leighs Film "Another Year" fast ausschließlich Lobeshymnen erhält. Zum Beispiel schwärmt EW's Owen Gleiberman als bekennender Leigh-Zweifler vom neuesten Werk nur in den aller höchsten Tönen, während er Woody Allen ungespitzt in den Boden rammt. "You Will Meet a Tall Dark Stranger" nennt er böswillig gar in einem Atemzug mit "Melinda & Melinda" und "Anything Else". Und dann wiederum könnte die Komödie Tarantino gefallen, der der einzige mir bekannte "Anything Else"-Fan ist.

Der tägliche Alan Jones-Tipp ist dieses Mal "The Last Exorcism", den unter anderem der ehemalige Regisseur Eli Roth co-produzierte. Und der "The Orphanage"-Regisseur Juan Antonio Bayona empfahl Jones den Film "The Impossible", der an "The Road erinnern würde, nur optimistischer wäre. Klingt für mich, ehrlich gesagt, trotzdem nicht sehenswert.

Nicht verlinken werde ich Russell Crowes milden BBC-Radio-Ausraster, der spätestens morgen übers ganze Internet verteilt sein wird. Lieber weise ich auf die schnell herausgekramte Twitch Film-Besprechung des mexikanischen Kannibalen-Films "We Are What We Are" hin, der im Director's Fortnight-Programm seine europäische Premiere gefeiert hat. Etwas billig erscheint mir der hohe Vergleich mit "Let The Right One In" schon, gerade weil es einer der am meisten geliebten Horrorfilme der letzten Jahre war. Wenn "We Are What We Are" wirklich dem Vergleich standhält, will ich aber nichts gesagt haben.

Nur für Cinephile: Lars Nilsen im Interview - Der Weird Wednesday-Planer des Alamo Drafthouse über seine Träume und Inspirationen, seine ausgelesensten Filmbücher, Mario Adorf, Senta Berger und Barbara Bouchet. Sehr anregend! Übrigens läuft Nilsens Liebling "Joy House" von Renè Clèment mit Alain Delon und Jane Fonda, der bei uns "Wie Raubkatzen" heißt, am 9. Juni, um 14.45 Uhr, auf Arte.

"Unter dir die Stadt", besprochen von Wesley Morris, der ihn total "dull, dull, dull" fand, aber wenigstens auf den scheinbar attraktiven Hauptdarsteller Robert Hunger-Bühler stand. Es gibt anderswo sicherlich deutlich wohlwollendere, ja teilweise sogar euphorische Reaktionen auf Christoph Hochhäuslers neuen Film. In den Trade Papers etwa. Aber keine Kritik brachte mich so zum Lachen wie die kurze Einlassung des Boston Globe-Kritikers: "As for the sex: meh. It's like watching a table make love to a chair."

Wo findet Todd McCarthy nur die Zeit, drei Stunden und ein bisschen frei zu machen, um "Der Leopard" mit Martin Scorsese-Einleitung und in Anwesenheit der beiden Hauptdarsteller Alain Delon und Claudia Cardinale genießen zu können. Gerade, wenn er anschließend noch einen so langen, sorgfältigen Text dazu heruntertippt ...

"Aurora" erfährt so viel Liebe, dass sich der rumänische Film ganz langsam erdrückt fühlen müsste. "Arguably this festival's best film to date: a tough, bold, brilliantly acted and compassionate study of a man who kills", findet der Programmleiter des britischen Filminstituts, Geoff Andrew. Dazu passt der Arte-Themenschwerpunkt zum Neuen Rumänischen Film, der Instant-Klassiker wie "4 Monate, 3 Woche, 2 Tage", "12:08 Jenseits von Bukarest" und Cristi Puiu Vorgänger-Film, "Der Tod des Herrn Lazarescu", zeigt.

Das Branchenblatt Le film francais veröffentlicht regelmäßig einen französischen Kritiker-Chart. Die Zeitungen (Cahiers du cinema, Positif, Le Monde) kenne ich wohl, die Kritiker indes sagen mir nichts. Auch hier ist Mike Leighs "Another Year" mit fünf Goldenen Palmen Favorit.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 15. Mai 2010
Cannes-Ticker: 15. Mai
Bis zu diesem 15. Mai hat mich das offizielle Cannes-Programm herzlich wenig und nur am Rande interessiert. Und auch die Berichterstattung konnte wenig daran ändern. Aber der 15. Mai, dieser Samstag, hat es in sich, nicht nur, weil Werder Bremen den DFB-Pokal gegen Bayern München gewinnen, nicht nur etwa, weil die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft überraschend den WM-Favoriten Russland stürzen wird, sondern vor allem, weil "Another Year", "You Will Meet a Tall Dark Stranger", Gregg Arakis "Kaboom", "Unter dir die Stadt" und Xavier Dolans "Heartbeats" in Cannes gesehen und besprochen werden.

Zum Aufwärmen: Cannes-Maskottchen Alan Jones ist schon wieder begeistert. Hätte man den Mann mal auf den Wettbewerb losgelassen: "MOTHER'S DAY is nothing like the original plotwise. Very nasty, very gory, and Rebecca De Mornay goes for it Big Time. Terrific fun."

Goldener Palmen-Buzz: Roger Eberts sehr lesenswertes Cannes-Tagebuch offenbart in seinem zweiten Eintrag nicht nur die Qualitäten des Berlinale-Geheimtipps "The Illusionist", sondern auch den ersten Geheimfavoriten für die Goldene Palme. Der koreanische Thriller "The Housemaid" ist jedenfalls nach Einschätzung der Talbots, die seit Äonen von Jahren an die Croisette pilgern, ein erster Anwärter.

Deutsche im Cannes Market: Ich bin ja vor allem gespannt, wann Alan Jones über "Jerry Cotton" stolpert. Es gibt nur zwei Termine, nämlich den 15.05. (19.30 Uhr) oder den 18.05. (15.30 Uhr). Habe bei meiner kleinen Recherche entdeckt, dass das Bushido-Biopic international unter dem Pimp-Titel "Electro Ghetto" vermarktet wird. Zu witzig. Der aktuelle deutsche Smash-Hit, "Vincent will Meer", heißt dagegen schlicht "Vincent Wants to Sea". Auch entdecken könnte man "Angels with Dirty Wings", "Henry of Navarre" und "Wickie the Mighty Viking".

Wesley Morris verschläft "Wall Street 2" und feiert lieber den nächsten Rumänen, Cristi Puius "Aurora". Auch J. Hoberman hat angedroht, dass da demnächst noch mehr von ihm zum Thema kommen würde. "The Strange Case of Angelica" ist unterdessen bei Microposia, die die Punktebewertungen so einiger Filmkritiker sammeln, der bisher am besten angekommene Film: Scott Foundas 10/10, Robert Koehler 10/10, Cristina Nord 8/10.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Cannes-Ticker: 14. Mai
"Josh Reed's PRIMAL is sensational, an Oz-ploitation classic, terrific last line too..."
Alan Jones könnte mir aktuell fast jeden Film verkaufen, bis er endlich mal daneben haut. Und nebenbei erwähnt er noch Argentos geplanten "Dracula"-3D-Film und den sehr drollig dreinschauenden kubanischen Zombiefilm "Juan of the Dead". "Primal" ist übrigens Teil der neu ins Leben gerufenen Filmstaffel der IFC Midnight-Schiene. Und Anolis wird den Horrorfilm in Deutschland herausbringen.

Verkehrte Welt: The Auteurs heißen jetzt Mubi. Manohla Dargis mag den 220 Millionen Dollar leichten Blockbuster "Robin Hood" mehr als den chinesischen Wettbewerbsbeitrag "Chongquing Blues". Und sie kann es kaum erwarten, Manoel de Oliveiras "The Strange Case of Angelica" wiederzusehen. Und der Risky Business-Blog des Hollywood Reporter hat die Chancen der Wettbewerbsfilme auf den Gewinn der Goldenen Palme: Laut Irlands gewichtigstem Buchmacher Paddy Power hat derzeit Ken Loach' Irak-Drama "Route Irish" (3/1) die Nase vorn. Wie überraschend! Es folgen Inarritus "Biutiful" (4/1), "Another Year" (5/1), Tavernier (6/1) und der südkoreanische Film "Poetry" (6/1).

Kurzer Seitenblick auf die deutschen Kinocharts. Der Branchendienst InsideKino prognostiziert dank Feiertag und Dauer-Regenwetter ein Wahnsinnswochenende. Wenn die Zahlen stimmen, knackt "Vincent will Meer" vielleicht sogar in seiner vierten Woche die magische 100k-Zuschauermarke.

Bisher ist Cannes das Festival von Twitter und den Filmbloggern. Egal ob Slashfilm, FirstShowing oder AwardsDaily - die jungen Wilden sind hungrig, entdecken abseits des Wettbewerbs und das so schnell, dass die Klassiker nicht mehr hinterher kommen. Richard Corliss vom Time Magazine, die verlässliche Stimme der Vernunft, scheint gar nicht mehr dabei zu sein. Aber ich habe entdeckt, dass der Boston Globe, nach einem Jahr Abstinenz, wieder mitredet. Nicht Ty Burr, sondern Fatih Akin-Groupie Wesley Morris berichtet. Auch er ist bisher vor allem Fan des rumänischen Films "Tuesday, After Christmas". Den schätzt ebenso Barbara Schweizerhof von epd Film: "Der erste Lieblingsfilm."

Der Danny Huston, alias Arthur Burns aus "The Proposition", wird Basketball-Coach Max Stoller in der deutsch-israelischen Produktion "Playoff" spielen. Stoller ist dabei ein Pseudonym für Ralph Klein, der als Holocaust-Überlebender und gefeierter Nationalheld in Israel nach Deutschland zurückkehrte und Nationaltrainer wurde. Es spielen weiter Max Riemelt und Hanns Zischler. Produziert wird das Ganze von Egoli Tossell, deren Produktionen seit einiger Zeit schon für Furore sorgen.

Und der nächste Alan Jones-Tipp: "Dream Home" (Regie: Ho-Cheung Pang) über eine Hongkong-Chinesin, die ihr Apartment mit Meerblick bis zum Tod verteidigt. O-Ton Jones: "Well you’ve never seen gore deaths like it." Derek Elley war weniger begeistert (6/10), aber Sätze wie "The scenes of ultra-violence, however, are enough to satisfy any genre fan, and deliriously cross the line into bad taste" untermauern mein Interesse.

... link (0 Kommentare)   ... comment