Sonntag, 7. März 2010
Oscars 2010 - Gedankensplitter Vol. 2
Fazit: Mich hat die gesamte Veranstaltung eigenartig gleichgültig zurückgelassen. Mal ganz davon abgesehen, dass ich ab 4 Uhr morgens keine Beiträge mehr im Blog posten konnte, hielt sich der Mitteilungsdrang auch arg in Grenzen. Mit einem schlafsüchtigen Lächeln nahm ich die Preise der besten Hauptdarsteller, des besten Regisseurs und des besten Films bereits im Bett und quasi bewusstlos wahr. Es braucht wirklich keine anderthalbstündige, total überflüssige rote Teppich-Show. Doogie Howsers schmalspurige Tanz- und Gesangsnummer brauchte es gar nicht. Die Moderatoren Steve Martin und Alec Baldwin wirkten wie Lämmchen und hatten ganz wenige geniale Geistesblitze. Martin vielleicht nur in dem Moment, nachdem er auf die gestotterte Rede des "Precious"-Drehbuchschreibers meinte, er hätte sie geschrieben. Und beide höchstens, als sie das Home Video aus "Paranormal Activity" nachspielten.

Ich empfand die Atmosphäre bei der John Hughes-Hommage als gequält, sah und hörte viel zu viel Leerlauf. Es kann doch nicht sein, dass die völlig aus dem Zusammenhang gerissene Horrorfilm-Collage das absolute Highlight darstellte. Ich mochte wiederum, dass die Darsteller nicht nur jeweils ihre Ausschnitte wieder-, sondern die Hauptdarsteller auch würdevolle Paten gestellt bekamen. Ich glaube, Colin Farrell über Jeremy Renner war da schwer zu toppen. Ansonsten gab es ganz wenige Überraschungen, ja selbst die Siege von "The Hurt Locker" als bester Film und Kathryn Bigelow als bester Regisseur waren nicht nur im Bereich des möglichen, sondern beinahe festeingeplant. Dass der Dude nicht aufhören konnte, zu danken, dass Sandra Bullock neben einem perfekten Leben und der perfekten Dankesrede bei den Goldenen Himbeeren auch noch die perfekte Dankesrede bei den Oscars hinlegte, hält man dann eigentlich schon wieder gar nicht mehr für so bemerkenswert. Schon eher, dass die beiden "The Hurt Locker"-Schnittmeister einst bei Sam Raimi ihre Karrieren begannen.

Und ehrlich: Zehn Best Pictures sind einfach zu viel des Guten. Dann nominiert halt gleich "The Dark Knight" oder "Avatar" unter die besten fünf Filme!

--
4.01 Uhr: "The Blind Side" hatte man als Giganto-Überraschung auf der Rechnung, aber mit dem zweiten Oscar für "Precious", Monique gewinnt als beste Nebendarstellerin, scheinen die wildesten Spekulationen eröffnet worden zu sein, dass Oprah Winfrey und Tyler Perry möglicherweise Oscargeschichte schreiben könnten.

3.50 Uhr: Endlich eine Überraschung! "Precious" gewinnt adaptiertes Drehbuch. Hoffnung für Best Picture?

3.42 Uhr: Wow, die Luft ist erst einmal raus, bis die Hauptdarsteller kommen. Ben Stiller als Navii war ganz witzig. "Star Trek" fehlt ziemlich in den wichtigeren Kategorien. Makeup bekommen sie dafür hinterhergeschmissen.

3.22 Uhr: Originaldrehbuch-Oscar für "The Hurt Locker". Große Enttäuschung. Der Kelch geht an Tarantino vorüber. Noch größere Enttäuschung: Die gequälte Atmosphäre bei der John Hughes-Hommage. Zumindest die Ausschnitte aus seinen Filmen waren gut gewählt.

3.00 Uhr: Und "... the winner is" ist zurück. Danke, Cameron Diaz! Animations-Oscar für "Up". Eine Schande, dass Pixar ein Abo auf diesen Preis hat. Und der dritte Favorit gewinnt: Song-Oscar für "Crazy Heart".

2.48 Uhr: Neil Patrick Harris' Gesangs- und Tanznummer war ein Reinfall. Ein starkes Hugh Jackman-Deja-vu. Baldwins und Martins Eröffnung war dagegen klassisch und immer besser werdend, wenn auch recht harmlos. Der Nebendarsteller-Oscar für Christoph Waltz - einfach toll. Und es gibt wieder jeweils einen Ausschnitt für jeden Nominierten. Das mochte ich, als ich mal anfing, die Oscars zu schauen, am meisten.

2.30 Uhr: Es ist überstanden.

2.15 Uhr: Gerade wurden die zehn Best Pictures des Jahres 1944 vorgestellt. Wer erinnert sich nicht gerne an "In Which We Serve", "Madame Curie", "The Human Comedy", "The More the Merrier" und "Watch on the Rhine".

2.10 Uhr: Immer noch roter Teppich. Immer noch die gleichen Stars, immer noch die Roboter am Rande, immer noch überflüssig.

1.42 Uhr: Genug roter Teppich. Das reicht dicke für ein Jahr.

1.27 Uhr: Mehr AP-Red Carpet Show. Tarantino ist heiser. Diane Kruger trägt Chanel. Und Christoph Waltz wurde gezwungen, deutsch zu sprechen.

1.11 Uhr: Dank Herrn Gardè schaue ich jetzt eine viertel Stunde länger Red Carpet Show. Eat this ProSieben! Matthew Broderick ist grau geworden.

0.08 Uhr: Zeigler bringt's nicht. Höre lieber den Slashfilmcast live, der Eric 'Quint' Vespe von den Aintitcool-News zu Gast hat. Leider ist das Thema das amerikanische "The Office".

23.54 Uhr: Jetzt schon die zweite Koffeinspritze. Das muss eine verdammt gute Show werden, um mich bei der Stange zu halten.

23.10 Uhr: Zur Überbrückung Benjamin Heisenbergs "Schläfer" geschaut. Nicht in einer Liga mit "Der Räuber", aber auch gut. Wenn ein Deutscher "Jules und Jim" versucht, sind die Männer natürlich kühle Wissenschaftler, und es geht um Terrorismus.

19.43 Uhr: Für die zahlreichen Werbepausen und gegen die unausweichlichen Müdigkeitsanfälle. Wahnsinnig: Es gibt wohl keinen US-Blog, der nicht live kommentieren wird. Twitter wird überlaufen. Und wie ich gesehen habe, sind sogar deutsche Blogs wie die Fünf Filmfreunde und Filmstarts dabei. Habe am Nachmittag "Inglourious Basterds" geschaut. Bin ja soo kreativ ...

... comment

 
Nervennahrung - Check
Wasser - Check

Jetzt vertreibe ich mir noch die Zeit mit ein wenig Musik und dann kann es losgehen.

... link  

 
Good to have you back, Jack.

"Das heutige Feuilleton ist doch nur noch intellektuelle Onanie!" Gerade vernommen im ZDF-Nachtstudio mit Claudius Seidl und Henryk M. Broder. Und Alexander Kluge macht bei News & Stories ein anderthalbstündiges Special zum Ersten Weltkrieg. Auch nicht schlecht, aber auch nicht gerade belebend. Lieber einen dritten Kaffee.

... link  


... comment