Mittwoch, 23. September 2009
Blutstau – Dennis Gansel dreht Vampirfilm für Hollywood
(Quelle: Filmecho)

Was nicht bedeuten soll, sein nächster Film würde mit amerikanischen Geld und 'Hollywoodstars' wie Kevin Kline und Matt LeBlanc entstehen. Aber vielleicht sein übernächster. Denn Dennis Gansel dreht jetzt den Vampirfilm "Wir sind die Nacht", um nach Hollywood zu kommen. Der Regisseur des einheimischen Blockbusters „Die Welle", der nicht aus Spaß in Sundance Premiere feierte, gehört zur Generation ‚Roland Emmerich’. Zusammen mit den Kollegen Marc Rothemund („Harte Jungs“), Tobi Baumann („Vollidiot“) sowie Marco Kreuzpaintner („Krabat“) bildet er eine lose Einheit von professionellen Hacks, die praktisch alles tun würden, um wenigstens einmal in der Karriere am Kindheitstraum Hollywood schnuppern zu dürfen.

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Was sie weiterhin verbindet, ist die selbe Filmsozialisation. Gansel erzählte German Films im Interview, er wäre, wie so viele, in seiner Arbeit ganz entscheidend vom New Hollywood-Kino der 1970er-Jahre beeinflusst worden. Filme wie „Der Pate“, „Apocalypse Now“ oder „All the President’s Men“ hätten vor allem eins gemein: Große Themen, die aber unterhaltsam aufbereitet würden. Das wäre auch seine Devise: Um jeden Preis unterhalten zu wollen. Und das geht am besten im Genre. Seinen „All the President’s Men“ versuchte er bereits mit seinem Grimme-Preis prämierten TV-Film „Das Phantom“. Das Genre der Teeniekomödie beackerte er mit „Mädchen, Mädchen“. Und dem Nazigenre verdankt er seinen halben internationalen Durchbruch, zumindest insoweit, dass er ab „Napola“, einer Internatsgeschichte, die im Dritten Reich spielt, auch auf Festivals und in der amerikanischen Trade Press wahr-, wenn auch noch nicht für voll genommen wurde. „Die Welle“ war schließlich sein Publikumstriumph, der ihm neue Türen öffnen sollte.

Nachdem er den eigenen Kinomarkt erobert hat, kommt jetzt also Gansels „Arche Noah Prinzip“, der Genrefilm, der zeigen soll, dass er internationales Format hat. Beim Österreicher Stefan Ruzowitzky war die Startrampe der erfolgreiche Slasherfilm „Anatomie“, der ihm immerhin die 25 Millionen teure, englischsprachige Kriegsklamotte „All the Queen’s Men“ mit Matt LeBlanc und Eddie Izzard einbrachte, eine Katastrophe mittleren Ausmaßes. Oliver Hirschbiegel dagegen durfte sich nach „Der Untergang“ an einer neuen Körperfresser-Variante mit Nicole Kidman und Daniel Craig probieren, die letztlich vom Studio zu Ende geschnibbelt wurde. Der Zuschauererfolg am heimischen Markt ist daher gar kein besonders gutes Omen für eine internationale Karriere. Der Schwabe Robert Schwentke drehte „Tattoo“, ein achtungsvolles Debüt ohne Zuschauer, das aber international für Aufsehen sorgte. Inzwischen haben „Flight Plan“ und „The Time Traveler’s Wife“ bewiesen, dass er nicht nur ein grundsolider Genre-Regisseur ist, sondern konstant am amerikanischen Boxoffice erfolgreich sein kann.

Dennis Gansels Visitenkarte für Hollywood soll „Wir sind die Nacht“ (Arbeitstitel: „The Dawn“) werden. Der Vampirfilm der Rat Pack Filmproduktion kommt am 28. Oktober 2010 in die Kinos. Drehbeginn soll diesen Oktober in Berlin sein. Das Budget wird unter anderem vom Medienboard Berlin Brandenburg (€1 Mio.), der FFA (€550.000) und der FFF Bayern (€400.000) ausgepolstert. „Wir sind die Nacht“ ist Gansels Traumprojekt, seit er sich seine spätere Karriere in den Zwanzigern ausgemalt hat. Er ist 1973 geboren. Seine Teenagerjahre und damit seine prägendste Phase müsste bestimmt gewesen sein von den Vampirfilm-Klassikern der 1980er-Jahre: Von Meisterwerken wie „The Lost Boys“, „Near Dark“, „Lifeforce“ und „Fright Night“. Das macht zumindest Hoffnung, dass „Wir sind die Nacht“ kein billiger „Twilight“-Klon wird. Den hat Hollywood schon selbst mit „Cirque du Freak: The Vampire’s Assistent“ schnell nachgeliefert.

Smarter wäre es, sich am anderen großen Vampirfilm der letzten Zeit, „So finster die Nacht“, zu orientieren. Wenn man ehrlich ist, klingt der Plot um die drei Vampirbräute Louisa, Nora und Charlotte, die Berlin unsicher machen und sich bei Gelegenheit mit der jungen Lena frisches Blut in die Gruft holen, leider eher nach einer Mischung aus besagtem „Twilight“ und „Interview mit einem Vampir“. Denn, wie kann es auch anders sein, die Neue verliebt sich in einen Sterblichen, den Polizisten Tom, und bringt so den Rest der Gruppe gegen sich auf. Entfernt klingt das auch ein bisschen nach „Der Hexenclub“, einem ganz netten Horrorfilm von 1996. Mal schauen. Wie es tatsächlich um den Neuen Deutschen Genrefilm bestellt ist, wird ja erst die große Auswertung im kommenden SigiGötz-Entertainment-Heft offenbaren. Subjektiv empfunden gibt es aber immer viel zu wenige deutsche Versuche, die klassischen Filmgenres neu auszuloten. Ich kann nur raten: Nehmt euch ein Beispiel an „Die Nacht der lebenden Loser“, dem besten deutschen Genrefilm der letzten zwanzig Jahre!

Und wenn Gansel nicht nur auf no names setzen wird, was ich mir nicht vorstellen kann, weil es sein richtiger internationaler Durchbruch werden soll, dann muss er sich für die vier weiblichen Hauptrollen beim Besten bedienen, was die deutsche Filmindustrie hergibt. Unbedingt in Betracht ziehen sollte er dabei Karoline Herfurth, Anna Maria Mühe, Hannah Herzsprung, Julia Jentsch, die in ferner Zukunft auch einmal die SPD-Vorsitzende Franziska Drohsel spielen wird, Julia Dietze (die Katja Flint des neuen Jahrtausends), Paula Kalenberg, Sonja 'Sommer' Gerhardt, Alwara 'Keinohrhase' Höfels und Josefine Preuß ("Türkisch für Anfänger").

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Screen International berichtete am 4. November, dass tatsächlich Karoline Herfurth eine der Hauptrollen abgestaubt hat. Dazu hat Gansel seine "Die Welle"-Hauptdarsteller Jennifer Ulrich und Max Riemelt gecastet und mit Nina Hoss und Anna Fischer ergänzt. Die Hoss als Oberhexe fände ich ja mal reizvoll!

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MovieGod bietet den entsetzlich nichtssagenden bis peinlichen Teaser-Trailer zu "Wir sind die Nacht" an. Die Porenschau kennt man indes schon aus "Das Parfum".

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