Sonntag, 20. September 2009
Filmbuch-Tipp: "Quentin Tarantino gegen die Nazis. Alles über Inglourious Basterds"
Der Bertz+Fischer-Verlag gehört zu den besten Filmbuchverlagen unseres Landes. Gemeinsam mit dem Marburger Schüren-Verlag ist er die letzte Bastion der populärwissenschaftlichen Filmgeschichte, die nicht nur Bilderbuch oder furztrockene wissenschaftliche Abhandlung, sondern mehr, nämlich beides, sein will. Nun sah ich aber recht skeptisch auf eines ihrer neuesten Projekte, das sie selbst ‚Kleine Schriften zum Film’ tauften und mit Georg Seeßlens Buch „Quentin Tarantino gegen die Nazis. Alles über Inglourious Basterds“ starteten. Wohlgemerkt noch bevor die breite Masse den Film überhaupt in den deutschen Kinos zu sehen bekam. Hier wollte nicht nur jemand der Erste sein, der in Buchform die nächsten Schritte eines der angesagtesten Regisseure der Gegenwart analysiert. Nein, das sah eher nach dem Versuch aus, ins Guinessbuch der Rekorde zu kommen. Die ultimative Definition eines Schnellschusses.

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176 Seiten.
- 6 Seiten Vorlauf.
- 6 Seiten Vorwort.
- 14 Seiten Biografie.
- 12 Seiten Produktionsgeschichte.
- 61 Seiten Nacherzählung der Handlung mit Hilfe des Scripts, aus dem sinngemäß und ausführlich große Teile eingefügt wurden.
- 40 Seiten Kriegsfilmgeschichte à la Seeßlen, die er wahrscheinlich bereits fürs nächste Genre-Standardwerk in der Schublade liegen hatte. Vom Guys-on-a-Mission-Movie über das Macaroni Combat Movie bis hin zur ironischen Besprechung von Enzo Castellaris „Inglorious Bastards“.
- 35 Seiten das eigentliche Buch, die größenwahnsinnige bis smarte, aber auf jeden Fall total verfrühte Analyse des titelgebenden Films. Wenn man ehrlich ist: Ein einziger langer Blow-Job.
- 2-3 Seiten Literatur und Stabangaben.
„Look, everyone knows that I love movies, so I can’t hide that, nor do I want to hide that. Because of it, it’s like I have a target on me. Most critics are cinephiles to one degree or another, so there is nothing a cinephile loves more than showing off their knowledge. They want to play games with the mastermind when they sit down to watch my movies, and they start playing a game of ‘spot the reference’ that a lot of is completely of their own making.”
Ein entscheidender Vorteil: Seeßlens Buch hat dieses tolle DINA-5-Format, dass man sich, wenn man will, in die Hosentasche stecken kann. Es ist ein niedliches Buch. Es ist voller Fehler. Und es ist viel zu schnell erschienen. Aber davon abgesehen und dass es eigentlich nur ein Werk im Umfang von 35 Seiten ist, hat Seeßlen eine inspirierende, faszinierende Arbeit hingelegt. Voller nützlicher bis obskurer Anregungen: Beispielsweise in der hebräischen Sprachanalyse des Bärenjuden, oder wenn er verrät, dass Hitler die Ermordung der Attentäter vom 20. Juli aufnehmen lassen hat und sich immer wieder vorspielen ließ. Ich habe es gerne durchstöbert, auch wenn es dank einiger komplizierter Gedankengänge teilweise etwas schwieriger zu goutieren war. Schließlich sammle ich Tarantino-Bücher. Und letztlich verrät es mehr über den Autor Seeßlen als über den Filmemacher Tarantino, aber auch das kann spannend sein.

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