Freitag, 10. August 2018
Locarno 2018: „Trote“ (Xacio Baño)
schwanenmeister, 12:34h
Der Spanier Xacio Baño erzählt in seinem Debütfilm „Trote“ atemberaubend schön vom tristen Alltag einer Familie, die wegen eines Schicksalsschlags auseinanderzubrechen droht. Vielleicht ist das aber für alle Beteiligte auch besser so.
María Vázquez in „Trote“ | © Frida Films
Xacio Baños spanischer Debütfilm „Trote“ schildert in unfassbar atmosphärischen Bildern den Zerfall einer Familie in der Küstenregion Galicien nahe der Hafenstadt Vigo. Teil des Vergnügens und der inneren Spannung ist es dabei, selbst herauszufinden, wie die Personen zueinander stehen und was überhaupt passiert. So viel sei gesagt: Es gab einen Autounfall, bei dem die Mutter verstarb und sich die erwachsene Tochter Carme (fantastisch: María Vázquez) verletzte. Gleichzeitig steht das Rapa das Bestas an, ein jahrhundertealter galicischer Brauch, bei dem in der ersten Juliwoche die Wildpferde aus den Bergen hinabgetrieben, geschoren und markiert werden. Der Vater ist für das Erhitzen der Brandzeichen zuständig.
Das Werk feierte seine Weltpremiere am 8. August in der Sektion Concorso Cineasti del presente auf dem Filmfestival von Locarno. Regisseur Baño inszeniert sehr eigen und auch reif, hat bereits eine ausgeprägte Bildsprache. Das Fundament, von dem aus er erzählen will, ist noch relativ dünn. „Trote“, was übersetzt „Trab“ bedeutet, geht unter 83 Minuten. Aber wie er die angerissenen Biografien und Konflikte der Figuren erzählt, ist sehr kunstvoll und mit der Leichtigkeit eines erfahrenen Auteurs inszeniert. Bei ihm wird der Gang durch ein Kornfeld sinnlich erfahrbar, wenn er seine Protagonisten auf Hüfthöhe filmt. Die eine Hälfte des Bildes hängt im Feld, die andere Hälfte klebt an den Hüften seiner Figuren. Als ob er die Hand des Zuschauers über das Feld streicheln lässt.
Die verschrobene Familie ist wortkarg. Die Dialoge sind eigentlich die Blicke untereinander oder eben die fehlenden Blicke, wenn sie abgehackt miteinander reden. So wie die Zeit in diesem Dorf stehen geblieben ist, so brechen die alten Strukturen der Familie nur sehr langsam und unter lautem Ächzen und Stöhnen auf. Der 35-jährige Baño ist ein Regisseur, den es zu beobachten gilt. Er bringt eine erstaunliche visuelle Erzählgabe mit. Bei ihm haben Besäufnisse auf schlichten Dorffesten bereits einen existenzialistischen Anklang. Er bringt atemberaubende Schönheit und herzzereißende Tristheit gekonnt zusammen. „Trote“ ist ihm schon sehr sehenswert gelungen.
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