Donnerstag, 9. Februar 2012

schwanenmeister, 01:02h
"Farewell, My Queen" (Benoît Jacquot) ***½
[Eröffnungsfilm]
"Smart, muted & intimate take on the French revolution. No heads roll, but we hear about 'em", twittert Eric Kohn (indieWIRE). "More bodices rustled than ripped in tart, tasteful upstairs/downstairs take on Marie Antoinette. Seydoux impresses (B)", twittert Guy Lodge (HitFix). "A distanced but extraordinarily atmospheric costumer set in the heady final days of Versailles amid the commotion of the dawning French Revolution, FAREWELL, MY QUEEN is a visual joy to watch", schreibt Deborah Young (THR). "More than glam, less than sensible look at Marie Antoinette's court as dulcet Sapphic love nest. Heavy on pouting (C-)", twittert Tim Robey (The Telegraph). "This is a solid, sometimes provocative piece, although substantially more old school than the knowingly hip revisionism of MARIE ANTOINETTE", schreibt Jonathan Romney (Screen Daily). "Statt auf Ausstattung und Pomp setzt der Film auf die Reduktion der Mittel, ohne an filmischer Dynamik einzubüßen", schreibt Dominik Kamalzadeh (Standard). "What’s really magical about the film is that it gives the audience something to do other than stare at the scenery. It’s thrilling. A rare example of something antique feeling genuinely brand new", schreibt Neuling Cole Abaius (Film School Rejects). "Mit fortschreitender Dauer bekommt die Erzählung von der ihrer Königin bedingungslos ergebenen Vorleserin eine zynische, fast grausame Note, wenn sie aufzeigt, dass der Gang aus der Unmündigkeit zunächst vor allem nicht Gewinn, sondern schwerwiegende Verluste bedeutet", weiß nur zu gut Janis El-Bira (Filmgazette).
---Entdeckungen---
"Death Row" (Werner Herzog) ★★
[Berlinale Special]
"Satisfyingly articulate and straightforward, but at the same time so disquieting it leaves a queasy feeling in the stomach, DEATH ROW is a powerful gathering of four 47-minute television portraits of prisoners awaiting execution in Texas and Florida", schreibt Deborah Young (THR). "DEATH ROW is subtle propaganda, maybe too subtle to change many minds, but whichever side of the divide you sit on, it is riveting, thought-provoking, true-life filmmaking, and it deserves your time (A-)", schreibt Jessica Kiang (The Playlist). "DEATH ROW is certainly never less than compelling in what it shows of American life at its most brutally disadvantaged", schreibt Jonathan Romney (Sight & Sound). "Herzogs humanistisches Monument stellt die Eröffnungsfilme der Berlinale in den Schatten", findet Markus Keuschnigg (Die Presse). "Herzog erweist sich als großer Geschichtenentdecker. Mit seinem sehr speziellen Englisch, seiner engagiert-pathetischen Sprecherhaltung, die genau weiß, was sie von dem Stoff, den Delinquenten, dem Apparat will, gelingt dem Regisseur eine Reise in die amerikanische Finsternis", schreibt Matthias Dell (Freitag).
"Bestiaire" (Forum, Denis Côté): "A mesmerizing free-association visual study of the interaction between humans and captive animals", schreibt David Rooney (THR).
--- Zeiten ändern dich ---
Vor gut einer Woche erinnerte sich der Festivalchef Dieter Kosslick in der Zeit: "Ich will nicht verschweigen, dass es für mich eine riesige Enttäuschung war, wie der Wettbewerb im letzten Jahr teilweise rezipiert wurde." Aber so ganz langsam, Dieter, ändert sich das Image doch. Wenn schon Nick James, der lakonische Sight & Sound-Chef, halbbegeistert ist, dass es wieder losgeht, lässt das tief blicken. Es war eben nicht nur der weltweite Triumph von "Nader & Simin", dem Goldenen Bären-Gewinner des letzten Jahres, der die Stimmung kippen ließ. Es gab "The Turin Horse", "Margin Call", "Schlafkrankheit", "Pina", "Cave of Forgotten Dreams", "Dreileben", "Mishen", "Bullhead" oder auch "Tomboy" - und das sind ausschließlich die Filme, die international durchbrachen. Von den Lieblingen der deutschen Kritiker will ich gar nicht erst anfangen. Vor allem den englischsprachigen Filmkritikern ist aber in ihren Previews eine neue verhaltene Euphorie anzumerken. Scott Roxborough erklärt sich im Hollywood Reporter die ewige zutiefst pessimistische Grundstimmung mit dem Wetter. Der Brite Guy Lodge, der zum dritten Mal nach Berlin kommt und neben der eigenen Webseite HitFix das erste Mal auch Variety als Kritiker bedienen darf, sieht vor allem in der bewussten Entscheidung des Festivals zum Unspektakulären den Hauptgrund, warum die Berlinale in den letzten Jahren so an Profil gewinnen konnte. Peter Knegt von indieWIRE schwärmt sogar von einer exzellenten Plattform für aufsteigende und etablierte Talente des Weltkinos. Ja, irgendetwas muss wohl passiert sein, wenn sogar der Perlentaucher, eigentlich in den letzten Jahren unter der Führung von Ekkehard Knörer die elitäre Waffenschmiede für die fiesesten Giftpfeile gegen Kosslick, mildere Töne anstimmt. Jetzt muss nur noch der aktuelle Jahrgang nicht enttäuschen, und alle liegen sich in den Armen. Dann gehört es nicht mehr zum guten Ton, die Berlinale zu verdammen und verträumt nach Cannes zu schielen. Dann ist es nicht mehr so einfach, sich als guter Kritiker zu definieren, indem man die Berlinale schlecht findet. Dann stehen auch mal die Kritiker in der Pflicht, die Perlen an den Zuschauer zu bringen.
[Eröffnungsfilm]
"Smart, muted & intimate take on the French revolution. No heads roll, but we hear about 'em", twittert Eric Kohn (indieWIRE). "More bodices rustled than ripped in tart, tasteful upstairs/downstairs take on Marie Antoinette. Seydoux impresses (B)", twittert Guy Lodge (HitFix). "A distanced but extraordinarily atmospheric costumer set in the heady final days of Versailles amid the commotion of the dawning French Revolution, FAREWELL, MY QUEEN is a visual joy to watch", schreibt Deborah Young (THR). "More than glam, less than sensible look at Marie Antoinette's court as dulcet Sapphic love nest. Heavy on pouting (C-)", twittert Tim Robey (The Telegraph). "This is a solid, sometimes provocative piece, although substantially more old school than the knowingly hip revisionism of MARIE ANTOINETTE", schreibt Jonathan Romney (Screen Daily). "Statt auf Ausstattung und Pomp setzt der Film auf die Reduktion der Mittel, ohne an filmischer Dynamik einzubüßen", schreibt Dominik Kamalzadeh (Standard). "What’s really magical about the film is that it gives the audience something to do other than stare at the scenery. It’s thrilling. A rare example of something antique feeling genuinely brand new", schreibt Neuling Cole Abaius (Film School Rejects). "Mit fortschreitender Dauer bekommt die Erzählung von der ihrer Königin bedingungslos ergebenen Vorleserin eine zynische, fast grausame Note, wenn sie aufzeigt, dass der Gang aus der Unmündigkeit zunächst vor allem nicht Gewinn, sondern schwerwiegende Verluste bedeutet", weiß nur zu gut Janis El-Bira (Filmgazette).
---Entdeckungen---
"Death Row" (Werner Herzog) ★★
[Berlinale Special]
"Satisfyingly articulate and straightforward, but at the same time so disquieting it leaves a queasy feeling in the stomach, DEATH ROW is a powerful gathering of four 47-minute television portraits of prisoners awaiting execution in Texas and Florida", schreibt Deborah Young (THR). "DEATH ROW is subtle propaganda, maybe too subtle to change many minds, but whichever side of the divide you sit on, it is riveting, thought-provoking, true-life filmmaking, and it deserves your time (A-)", schreibt Jessica Kiang (The Playlist). "DEATH ROW is certainly never less than compelling in what it shows of American life at its most brutally disadvantaged", schreibt Jonathan Romney (Sight & Sound). "Herzogs humanistisches Monument stellt die Eröffnungsfilme der Berlinale in den Schatten", findet Markus Keuschnigg (Die Presse). "Herzog erweist sich als großer Geschichtenentdecker. Mit seinem sehr speziellen Englisch, seiner engagiert-pathetischen Sprecherhaltung, die genau weiß, was sie von dem Stoff, den Delinquenten, dem Apparat will, gelingt dem Regisseur eine Reise in die amerikanische Finsternis", schreibt Matthias Dell (Freitag).
"Bestiaire" (Forum, Denis Côté): "A mesmerizing free-association visual study of the interaction between humans and captive animals", schreibt David Rooney (THR).
--- Zeiten ändern dich ---
Vor gut einer Woche erinnerte sich der Festivalchef Dieter Kosslick in der Zeit: "Ich will nicht verschweigen, dass es für mich eine riesige Enttäuschung war, wie der Wettbewerb im letzten Jahr teilweise rezipiert wurde." Aber so ganz langsam, Dieter, ändert sich das Image doch. Wenn schon Nick James, der lakonische Sight & Sound-Chef, halbbegeistert ist, dass es wieder losgeht, lässt das tief blicken. Es war eben nicht nur der weltweite Triumph von "Nader & Simin", dem Goldenen Bären-Gewinner des letzten Jahres, der die Stimmung kippen ließ. Es gab "The Turin Horse", "Margin Call", "Schlafkrankheit", "Pina", "Cave of Forgotten Dreams", "Dreileben", "Mishen", "Bullhead" oder auch "Tomboy" - und das sind ausschließlich die Filme, die international durchbrachen. Von den Lieblingen der deutschen Kritiker will ich gar nicht erst anfangen. Vor allem den englischsprachigen Filmkritikern ist aber in ihren Previews eine neue verhaltene Euphorie anzumerken. Scott Roxborough erklärt sich im Hollywood Reporter die ewige zutiefst pessimistische Grundstimmung mit dem Wetter. Der Brite Guy Lodge, der zum dritten Mal nach Berlin kommt und neben der eigenen Webseite HitFix das erste Mal auch Variety als Kritiker bedienen darf, sieht vor allem in der bewussten Entscheidung des Festivals zum Unspektakulären den Hauptgrund, warum die Berlinale in den letzten Jahren so an Profil gewinnen konnte. Peter Knegt von indieWIRE schwärmt sogar von einer exzellenten Plattform für aufsteigende und etablierte Talente des Weltkinos. Ja, irgendetwas muss wohl passiert sein, wenn sogar der Perlentaucher, eigentlich in den letzten Jahren unter der Führung von Ekkehard Knörer die elitäre Waffenschmiede für die fiesesten Giftpfeile gegen Kosslick, mildere Töne anstimmt. Jetzt muss nur noch der aktuelle Jahrgang nicht enttäuschen, und alle liegen sich in den Armen. Dann gehört es nicht mehr zum guten Ton, die Berlinale zu verdammen und verträumt nach Cannes zu schielen. Dann ist es nicht mehr so einfach, sich als guter Kritiker zu definieren, indem man die Berlinale schlecht findet. Dann stehen auch mal die Kritiker in der Pflicht, die Perlen an den Zuschauer zu bringen.
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johnbanville,
Donnerstag, 9. Februar 2012, 11:59
Ja, ein meiner Meinung nach sehr schönes Beispiel für unsere schnelllebige Zeit.
Letztes Jahr wurde noch von vielen Seiten auf das Festival (bzw. die Leitung) gehauen und jetzt entwickelt es sich zum Hippen InsiderTipp.
push it, don't hype ;-)
Letztes Jahr wurde noch von vielen Seiten auf das Festival (bzw. die Leitung) gehauen und jetzt entwickelt es sich zum Hippen InsiderTipp.
push it, don't hype ;-)
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grammaton cleric,
Samstag, 11. Februar 2012, 15:20
Hach ja, dein täglicher Berlinale-Ticker - danke dafür! Ist mir ein großer Trost in diesem Jahr, wo ich nicht in Berlin sein kann. :)
Nur schade auch, dass es so viele aus dem letzten Jahr noch immer nicht wirklich geschafft haben. Allen voran unser beider Highlight THE DEVIL'S DOUBLE!
Nur schade auch, dass es so viele aus dem letzten Jahr noch immer nicht wirklich geschafft haben. Allen voran unser beider Highlight THE DEVIL'S DOUBLE!
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schwanenmeister,
Samstag, 11. Februar 2012, 16:11
Schön zumindest, dass du bei mir als Leser dabei bist! ;) Und ja, sehr schade vor allem, dass es so einige potenzielle Highlights wie "Innocent Saturday" oder "Mishen" noch nicht mit englischen Untertiteln gibt. Aber kommende Woche laufen zum Beispiel einige andere Berlinale-Highlights auf Arte, 3sat und ZDF-Kultur: "The Ballad of Genesis and Lady Jane", "Orly", "Alles über Elly" und "Die rote Traumfabrik".
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