Freitag, 16. September 2011
Oscar-Chancen für Wim Wenders' "Pina"
schwanenmeister, 17:21h
In Mexiko wird die Tage zwischen "Miss Bala" und "We Are What We Are" entschieden, wenn es darum geht, den richtigen Vertreter zu den Oscars zu schicken. Wirklich keine schlechte Auswahl. Ich will nicht behaupten, dass die Kategorie des besten fremdsprachigen Films ganz plötzlich cool geworden ist. Aber es ist doch kein Zufall, wenn im letzten Jahr unter den fünf nominierten Filmen das wilde griechische Meisterwerk "Dogtooth" auftauchte. Ok, es gewann dann Susanne Bier mit dem Tränendrücker "In a Better World", aber hey, den hatte immerhin Drehbuchgott Anders Thomas Jensen geschrieben. Wenn man sich mit der Ungerechtigkeit abgefunden hat, dass die Welt nur fünf Startplätze in einer klein gehaltenen Nebenkategorie hat und dafür meist erschreckend einfallslose Hollywoodware mehrere Stunden in aller epischen Breite abgefeiert und beworben wird, dann macht das richtig Spaß.
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"Tanzt, tanzt - sonst sind wir verloren"Und zwar schon in der Vorauswahl-Phase, wenn die einzelnen Länder von Kommissionen brav ihre vielversprechendsten Werke einreichen lassen. Deutschland schickte nach "Die Fremde" in diesem Jahr Wim Wenders' Bausch-Hommage "Pina" ins Rennen, was mutig ist. Denn weder Hitler, Terroristen noch die Stasi kommen ausdrücklich vor. Dann ist es ein 3D-Dokumentarfilm. Das wird schwer, aber nicht unmöglich. Auf der Berlinale lagen die internationalen Filmkritiker der Filmerfahrung zu Füßen. Und so ging es beim Telluride-Festival, dem ersten echten Gradmesser der Oscar-Season, weiter. "Waltz with Bashir" wurde 2008 für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert. Auch das macht Hoffnung. Und dass Wenders für die Academy kein Fremder ist, sondern bereits 2000 einen Oscar für "Buena Vista Social Club" mit nach Hause nehmen durfte, könnte letztlich hilfreich sein. Die noch junge, im Oscarspiel eher unerfahrene Verleihfirma Sundance Selects bringt "Pina" in die US-Kino.
Von Palmen, Bären und LöwenDie aktuell größten Konkurrenten heißen "A Separation" (Iran) und "Le Havre" (Finnland). Festivalpreise schaden inzwischen nicht mehr. So haben etwa auch Griechenland ("Attenberg") und Ungarn ("The Turin Horse") auf ihre prämierten Aushängeschilder gesetzt. Der polnischen Einsendung von Agnieszka Hollands Weltkriegsdrama "In Darkness", das auch in Telluride gezeigt wurde, wird eine rosige Zukunft prophezeit. Aber wir stehen noch ganz am Anfang. Über sechzig Länder werden Filme einschicken. Nur knapp ein Drittel der Auswahl steht schon fest. "The Skin I Live In" von Almodóvar scheint in Spanien wahrscheinlich, nachdem er von der Oscarschmiede Sony Pictures Classics für den US-Markt gekauft wurde. Auch der israelische Film "Footnote" gehört zu ihrem Repertoire. Belgien wird wohl die Dardenne-Brüder mit "The Kid with a Bike" schicken. In der Türkei deutete einiges auf das Epos "Once Upon a Time in Anatolia" hin. Die schmächtige Kategorie des besten fremdsprachigen Films ist zu einem Stell-dich-ein der Festival-Darlings geworden, die dann aber wiederum nicht selten von Out-of-the-Blue-Nennungen verdrängt werden. Exotik und großes Gefühlskino spielen keine untergeordnete Rolle. Es bleibt spannend.
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