Dienstag, 13. September 2011
Sony lässt "The Raid"-Buzzblase steigen
"Not since Tony Jaa has an action star exploded onto the world stage with such fireworks. And as he demonstrates in The Raid, Iko Uwais has the potential to be twice the star", schreibt Twitch Film. "I had no expectations, and no idea how hard my ass was going to get kicked by this Indonesian action movie. This is the best action film I’ve seen in years", schwärmt Slashfilm. "Holy shit I haven't seen an action movie this good in years! I felt that way only 30 minutes in, but after the full 100 minutes, I still felt the same and had to exclaim that here, right upfront, because it deserves that much praise", schwurbelt First Showing. Egal, welchen amerikanischen Movie Blog man derzeit liest, man stolpert immer über den kleinen indonesischen Actioner "The Raid". Überall stehen die gleichen Superlative - als ob dahinter eine riesige Werbemaschinerie steckt.

Und es stimmt auch. Denn dahinter steht niemand geringeres als der Weltkonzern Sony, der sich frühzeitig, nach ersten Ausschnitten in Cannes, die Verleih- und Remakerechte für "The Raid" sicherte. Daran ist nichts verwerfliches. Eigentlich sollte ich mich darüber freuen, dass ein asiatischer Actionfilm mit Power in den amerikanischen Kinomarkt gedrängt wird, vor allem wenn er so kompromisslos und blutrünstig ausschaut. Aber da fangen meine ersten kleineren Probleme schon an. Eine Spezialeinheit, die sich in einer einzigen Adrenalinhatz durch ein mehrstöckiges Gebäude voller ultrabrutaler Gangster kämpfen muss. Moment, den Film kenne ich schon. Er heißt "Revenge of the Warrior", Tony Jaa spielte die Hauptrolle. Und der brauchte dafür weder Knarren, noch Macheten. Wie nun aber der "The Raid"-Trailer den Gore und die halsbrecherischen Stunts verkauft, lässt darauf schließen, dass im Film noch weniger Wert auf Handlung und Figuren gelegt wird. Aber ehrlich, noch weniger Wert darauf als etwa "Ong-Bak" oder "Revenge of the Warrior"? Das verträgt kein guter Film. So etwas heißt auch "Chocolate" und müffelt.

Und dann stand auch noch eine der ersten wahnsinnig begeisterten Kritiken im Hollywood Reporter. Dort schrieb David Rooney: "Ultra-violent action movies don’t get much more exciting or inventive than this kick-ass feature from Indonesia." Ehrlich, das ist für mich jenseits einer Entdeckung, das ist die ähnliche Hollywood'sche Dröhnung, die bei teuren Blockbustern über die Blogs ausgestrahlt wird. Die trägt "The Raid" selbst in die kleinsten deutschen Blogs und Foren. Und es geht weiter: Das Linkin Park-Bandmitglied Mike Shinoda soll für den US-Markt einen neuen, noch trendigeren Score beisteuern. Ich kann nur schreiben: Herzlichen Glückwunsch, Sony, für diesen Netz-Coup! Aber mich persönlich hat das ganze Theater mehr abgeturnt, als angemacht. Normalerweise interessieren mich die Highlights der Midnight Madness-Reihe aus Toronto sehr. Aber nicht so. Deutlich mehr interessieren mich die bisher eher buzzlosen "Sleepless Night", "The Day" und "Livid".

Nachtrag: Dass der kanadische Twitch Film-Chef Todd Brown mit der US-Firma XYZ Films auch hinter "The Raid" steht und die Fäden zieht, erklärt zusätzlich den so organisiert wirkenden Buzz. Das hat schon ein Geschmäckle. Der Filmkritiker hinter der einflussreichsten Genreseite des Internets ist ausführender Produzent eines idonesischen Actioner, der in Toronto von seinen Kollegen abgefeiert wird. Also nee!

Links: - IMDb, - Trailer

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Klar ist Über-Hype nie was Gutes (ich entdecke die Perlen auch lieber nur für mich), aber das turnt Dich echt ab!? Ich kann's kaum erwarten, den zu sehen! Wenn ich bedenke, was die in Toronto gerade alles sehen können, werde ich ohnehin neidisch - HEADSHOT ist ja auch so ein geiler Action- bzw. Thriller-Kandidat ...

Sony scheint in der Tat alles richtig gemacht zu haben, Kudos dafür.

edit: Der Buzz zu SLEEPLESS NIGHT scheint auch schon los zu gehen: http://www.slashfilm.com/frdric-jardins-sleepless-night-tiff-review-trailer/

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Ja, wenn zu gleichförmig berichtet wird, werde ich skeptisch. Das ist wie wenn der neueste Pixar-Film herauskommt und Blogs Armond White dafür ächten wollen, dass er den 100 Prozent-Schnitt auf Rottentomatoes.com kaputt macht. Dieses In-Reih-und-Glied für die Industrie verdirbt zumindest mir den Appetit.

P.S. Ah, jetzt weiß ich auch, warum der Hase so läuft: Twitch Film-Chef Todd Brown gehört zu den ausführenden Produzenten von "The Raid" - das erklärt noch mal zusätzlich einiges.

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Oha, das ist ja interessant. Wusste gar nicht, dass der gute Todd jetzt schon Filme produziert ...

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Wie ich gesehen habe, hat er auch den spanischen Zeitreise-Thriller "Timecrimes" produziert, was im Nachhinein einiges erklärt.

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Kann einerseits deine Geschmäckle-Bedenken schon verstehen (allein das mit dem neuen Score hat einen sehr faden Beigeschmack), wobei zu den Fans immerhin auch jemand wie Robert Koehler in Variety zählt, den ich schon für integer genug halte, sich nicht einfach vor einen Karren spannen zu lassen.

Andererseits machen Trailer und Prämisse schon enorm neugierig. Gerade die scheinbar völlige Plot-Reduktion finde ich extrem reizvoll. Das Problem ist ja meistens nicht, dass zu wenig Wert auf Handlung und Figuren gelegt wird, sondern dass fast immer viel zu viel Wert auf Alibi-Handlung und Alibi-Figuren gelegt wird (bekay hat das in seinem filmforen-FTB kürzlich gut auf den Punkt gebracht: http://bit.ly/o29JCp). Es ist ja bezeichnend, dass man bei REVENGE OF THE WARRIOR immer zuerst an die Treppenhaus-Kampfsequenz denkt, die im Film vergleichsweise wenig Raum einnimmt, während der Film ansonsten leider stark unter dem aufgeblasenen, käsigen Elefanten-Plot leidet. Auch beim französischen POINT BLANK hat mich kürzlich der abgestandene Intrigen-Plot sehr genervt. Da wirkt es erstmal sehr befreiend, wenn endlich mal ein Film verspricht, auf den ganzen Bullshit weitestgehend zu verzichten. Ich träume schon seit langem von einem Actionfilm, der endlich einmal nur auf Bewegung, Rhythmus, Physis setzt, und sich halbgare Legitimationen und sonstigen konstruierten Ballast weitestmöglich schenkt. THE RAID ist seit längerem endlich ein Film, der in diese Richtung zu gehen verspricht. Ob er dieses Versprechen halten kann, bleibt abzuwarten, aber ich bin vorerst doch sehr gespannt.

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Ohne seine Variety-Review gelesen zu haben: So sehr ich inzwischen Bob Koehler als Kritiker schätze, so wenig betrachte ich ihn persönlich als echte Kapazität auf dem Gebiet des Actionfilms. Du magst da andere Erfahrungen gemacht haben. ;)

Du meinst, einen Film zu haben, bei dem die "langweilige" Handlung vorgespult und übersprungen wird, so dass man sich rein auf die Actionszenen konzentrieren kann? So in etwa wie damals, als uns "Ong-Bak" präsentiert wurde? Die kuriose Filmerfahrung als solche ist mir von damals in Erinnerung geblieben. Aber ich würde mir niemals erlauben, den Film als Ganzes bewerten zu wollen, weil da emotional gar nichts hängen geblieben ist. Und das gab es und gibt es immer wieder in der Filmgeschichte. Einige Arnold Fanck-Bergfilme funktionierten schon so. Aber nicht umsonst ist der beste Fanck-Film "Die weiße Hölle vom Piz Palü", wo Georg Wilhelm Pabst die ach so lästigen Handlungsszenen übernommen hat und daraus Magie und Poesie entstehen ließ. "Crank" ist zum Beispiel ein aktuelleres Beispiel. Ich finde, das sind dann aber meist Filme, die es höchstens in eine Top-Liste der besten Actionszenen schaffen, die aber selten bis gar nicht im Lieblingsfilme-Kanon landen. Der "The Raid"-Trailer sprach mich im ersten Augenblick an. Alles, was danach gekommen ist, turnt mich ab.

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Ich finde eigentlich gerade den Umstand, dass man Koehler in der Tat nicht gerade als Actionfilm-Aficionado kennt, umso vielversprechender. Wenn ein paar Action-Fanboys einen Film hochjubeln, ist das eine Sache, wenn sich davon jedoch auch "neutralere", aber filmisch interessierte und aufgeschlossene Kritiker begeistern lassen, gleich nochmal etwas anderes.

Und natürlich macht die reine Aneinanderreihung von Actionszenen bestimmt noch keinen guten Film. Genauso wenig wie Handlung per se "langweilig" oder "lästig" ist, es kommt eben immer auf die Umsetzung und nicht zuletzt den Interessenschwerpunkt des Filmemachers an. Gerade einige der besten Actionfilme wie BULLITT oder so mancher Peckinpah-Film haben im Grunde relativ wenig Action, sind eher Charakterstudien und sehr "handlungslastig". Alles prima und gut so. Mich nervt es eben nur, wenn ein Regisseur sich im Grunde nur für die Action interessiert, aber dann trotzdem lustlos viel Laufzeit für Schablonen-"Inhalt" (inkl. Nebenplots, Intrigen, love interest) verschwendet, als ob er sich für sein eigentliches Interesse schämen würde. Das ist für meinen Geschmack dann meistens schade und überflüssig.

Kenne nur einen Fanck-Film, der mir etwas zu statisch und steif war. Müsste da aber vielleicht endlich mal mehr sehen. Und CRANK geht tatsächlich ansatzweise in die Richtung, verdeutlicht aber auch, was für eine ungeheure Herausforderung so ein "purer" Actionfilm ist. Und natürlich bräuchte sowas irgendeine Form von (und sei's nur formaler) Dramaturgie und vor allem Timing, Rhythmus, Dynamik, um nicht zur reinen Nummernrevue zu werden. Vielleicht ein wenig wie das, was AMER mit dem Giallo probiert hat, aber eben auf den Actionfilm bezogen. Da landet man wohl wirklich beim Experimentalfilm, oder beim reinen Sportfilm. Die unabhängig produzierten 16mm-Surferfilme der 60er und 70er Jahre kamen dem teilweise schon durchaus nahe, nicht umsonst äußerte ich letztes Jahr die Vermutung, dass der purste aller Actionfilme vermutlich ein Surferfilm ist. Und auch ohne "Handlung" im klassischen Sinne lassen sich ja, über Kamera, Montage, Musik etc., Bedeutungsebenen oder gar ein existenzialistischer Unterbau integrieren.

Ganz so radikal wird THE RAID so oder so bestimmt nicht sein. Aber zumindest die Tendenz finde ich spannend.

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Du findest aber auch immer eine Lösung das Nachteilige ins Positive zu verdrehen. ;) Und ja, ich hatte vor längerem in irgendeiner deiner Listen gelesen, dass du großer Willy Bogner-Fan geworden bist. Na ja, wir werden das Ganze in ein, zwei Monaten auf einer halbseidenen Hongkong-DVD überprüfen können.

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Bzgl. Actionfilme: Ich seh's im Prinzip wie Andreas.

Bzgl. THE RAID: Ich persönlich versuch Hypes immer aus dem Weg zu gehen (was mir gerne negativ ausgelegt wird, von wegen unterm Stein leben etc.:)) - aber ich find's immer ein bisschen ärgerlich, wenn ein Film unter von wem auch immer entfachten Hypes leiden muss.

Auf THE RAID freue ich mich, hoffe ihn aber mit der Originalmusik sehen zu können. Der neue Soundtrack bremst schon die Dynamik des Trailer total aus...

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@Unterm-Steinwohner Ich sehe das Hypen nicht so tragisch. Ohne echte Erwartungshaltung würde das Filmeschauen doch nur halb so viel Spaß machen. Und über die Jahre findet jeder Film den ihm angestammten Platz. Ohne den doch sehr plumpen "The Raid"-Hype wäre man wahrscheinlich erst in ein paar Jahren zufällig darüber gestolpert.

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Willy Bogner ist ein gutes Stichwort, irgendwie habe ich da nach FEUER UND EIS (auch schon wieder fünf, sechs Jahre her) gar nicht mehr weiter gemacht, was ich aber vielleicht doch mal tun sollte. Und ganz so schnell wird's mit THE RAID wohl nicht gehen, nachdem er selbst in Indonesien wohl erst im Januar ins Kino kommt. Halbseidene Hongkong-DVDs wären aber wohl tatsächlich mit die beste Chance, noch den Original-Soundtrack zu kriegen, um den ich mir bei den westlichen Veröffentlichungen doch etwas Sorgen mache.

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Ich predige inzwischen schon rundum gegen den Buzz um THE RAID, nachdem ich ihn in Sitges gesehen habe - das ist zwar alles aufregend und knallig, aber über die gesamte Filmlaufzeit doch recht monoton und relentlessly brutal. Sobald es losgeht, geht es nämlich ununterbrochen zur mörderischen Sache, mit Schußwaffen, Klingen und Körperteilen. Das ist nicht unbedingt prinzipiell doof, findet aber außer in der Häufung und Repetition hier zu keinem wirklichen Ergebnis. Aber wir werden's ja alle zu sehen bekommen.

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Dein Wort in Gottes Gehörgang! Das entspricht nämlich auch in etwa dem, was ich mir da vorstelle. Die Halbwertzeit des Buzzes für "The Raid" sehe ich auch arg beschränkt. Nicht einmal ein Kritiker hatte den Film bereits letztes Jahr auf seiner Liste, obwohl sie alle ein paar Monate davor noch so groß rumgetönt hatten.

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