Sonntag, 4. September 2011
Fantasy Filmfest-Nachklapp #2
schwanenmeister, 15:36h
"Point Blank" (Fred Cavayé) ★★★
"Á bout portant" ist ein grundsolider Thriller im klassischen Stile von Alfred Hitchcocks "Der unsichtbare Dritte", an dem der doch sehr charismatische Hauptdarsteller Gilles Lellouche und die Genrewolke, die ihn umgibt, am interessantesten sind. Sieht man sich nur Lellouches Filmografie an, erahnt man, wie vielfältig und anregend der aktuelle französische Genrefilm ist: "Anthony Zimmer", "Kein Sterbenswort", "Die Kammer der toten Kinder", "Public Enemy No. 1", "Adèle und das Geheimnis des Pharaos" und "Kleine wahre Lügen", um nur einmal die Highlights zu nennen. Die eine Hälfte davon sind Lieblingsfilme von mir, aus der anderen Hälfte hat Hollywood Remakes versucht. Ein bisschen ironisch ist es da schon, dass sein neuester Film den internationalen Verleihtitel "Point Blank" trägt, was bekanntlich einer der wichtigsten Klassiker des amerikanischen Gangsterfilms ist. Nun, es gibt keinerlei Berührungspunkte. Und doch wirkt der französische "Point Blank" wie eine gekonnte Abkupferung - aber aus seinem eigenen Land. Der unschuldige Bürger, der in eine politische Intrige hineingezogen wird und mit Angst und Überlebenswillen gerade noch die brenzligsten Situationen meistert. Ja, das kennt man doch besser und süchtiger machend etwa aus "Kein Sterbenswort". Aber wenn Lellouche für das Leben seiner hochschwangeren Frau einen angeschossenen Gangster aus dem Krankenhaus schleust, die zahlreichen Verwicklungen immer undurchsichtiger werden und der Zuschauer nicht mehr weiß, wem er jetzt trauen soll, dann macht "Point Blank" eine Menge Spaß und ist dabei gekonnt und ohne unnötige Mätzchen erzählt. Fred Cavayés Weg nach Hollywood ist vorgezeichnet, wurde doch schon sein Diane Kruger-Thriller "Ohne Schuld" von den Amis mit dem Prügelbarden Russell Crowe nachgedreht ("The Next Three Days"). Und der gute Gilles Lellouche taucht demnächst neben Noomi Rapace im neuen "Sherlock Holmes"-Blockbuster auf. Hollywood hat schon eine sehr verquere Art, europäischen Schauspieltalenten Tribut zu zollen; indem sie nämlich weitgehend in schlechten Nebenrollen verheizt werden.
"The Prey" (Eric Valette) ★★★
Mhm. Wieder grundsolide Thrillerkost aus Frankreich, wieder fehlt das Außergewöhnliche. Der kleine Entdecker in mir freute sich über einen in Teilen schön morricone-esken Soundtrack, die sehr heiße Alice Taglioni als investigative Polizistin mit gottgegebener weiblicher Intuition und Schießhemmung und den großen Sergi López in einer viel zu kleinen, eigentlich herrlich egalen Nebenrolle. Die Story um einen Bankräuber, der mit einem Kinderschänder im Knast sitzt und vorzeitig ausbrechen muss, da sein Bettkamerad scharf auf seine Familie ist, lebt von der kriminellen Energie des Pädophilen, als dieser fälschlicherweise nach Intervention seines Anwalts entlassen wird. Weniger interessiert die Hatz, die der Protagonist veranstaltet, um seine Frau und sein Kind zu retten. Zu sehr Profi ist der gute Mann, zu sehr kennt er sich mit Waffen und Schlossknacken aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis er seinen Gegenspieler ausgemacht hat. Auch die Recherche der Polizei nervt zunehmend trotz attraktiven Ermittlerin. Die Staatsmacht lässt sich hier ablenken wie Schiedsrichter beim Wrestling. Natürlich sind sie hinter dem falschen Häftling her. Natürlich gibt es nur Eine, die es besser weiß. Und natürlich will ihr bis zuletzt niemand Glauben schenken. Nein, wenn "The Prey" fasziniert, dann durch die bizarr abstoßende Dynamik zwischen dem Kinderschänder und seiner herzallerliebsten Frau, die für ein eigenes kleines Kind wortwörtlich über Leichenberge geht. In dem Hollywoodfilm "Running Scared" mit Paul Walker gibt es eine ziemlich ähnliche Episode eines solchen Pädo-Pärchens, das in schalldichten Kinderzimmern mit Videokameras die unglaublichsten Grausamkeiten anstellen, die unsere Fantasie zulassen. Und auch dort war bereits das größte Problem, dass die Kinderschänder zu unmenschlichen Monstren aufgebauscht werden. So sehr, dass sie letztlich nicht mehr sind als emotionale Punching Balls, an denen sich die Volksseele abreagieren kann. Wenn ich dagegen etwa Stefan Kurts Molesch-Figur in der Serienkiller-Geschichte "Eine Minute Dunkel" des "Dreileben"-Projekts der ARD halte, verflacht der schicke französische Thriller umso mehr.
"Á bout portant" ist ein grundsolider Thriller im klassischen Stile von Alfred Hitchcocks "Der unsichtbare Dritte", an dem der doch sehr charismatische Hauptdarsteller Gilles Lellouche und die Genrewolke, die ihn umgibt, am interessantesten sind. Sieht man sich nur Lellouches Filmografie an, erahnt man, wie vielfältig und anregend der aktuelle französische Genrefilm ist: "Anthony Zimmer", "Kein Sterbenswort", "Die Kammer der toten Kinder", "Public Enemy No. 1", "Adèle und das Geheimnis des Pharaos" und "Kleine wahre Lügen", um nur einmal die Highlights zu nennen. Die eine Hälfte davon sind Lieblingsfilme von mir, aus der anderen Hälfte hat Hollywood Remakes versucht. Ein bisschen ironisch ist es da schon, dass sein neuester Film den internationalen Verleihtitel "Point Blank" trägt, was bekanntlich einer der wichtigsten Klassiker des amerikanischen Gangsterfilms ist. Nun, es gibt keinerlei Berührungspunkte. Und doch wirkt der französische "Point Blank" wie eine gekonnte Abkupferung - aber aus seinem eigenen Land. Der unschuldige Bürger, der in eine politische Intrige hineingezogen wird und mit Angst und Überlebenswillen gerade noch die brenzligsten Situationen meistert. Ja, das kennt man doch besser und süchtiger machend etwa aus "Kein Sterbenswort". Aber wenn Lellouche für das Leben seiner hochschwangeren Frau einen angeschossenen Gangster aus dem Krankenhaus schleust, die zahlreichen Verwicklungen immer undurchsichtiger werden und der Zuschauer nicht mehr weiß, wem er jetzt trauen soll, dann macht "Point Blank" eine Menge Spaß und ist dabei gekonnt und ohne unnötige Mätzchen erzählt. Fred Cavayés Weg nach Hollywood ist vorgezeichnet, wurde doch schon sein Diane Kruger-Thriller "Ohne Schuld" von den Amis mit dem Prügelbarden Russell Crowe nachgedreht ("The Next Three Days"). Und der gute Gilles Lellouche taucht demnächst neben Noomi Rapace im neuen "Sherlock Holmes"-Blockbuster auf. Hollywood hat schon eine sehr verquere Art, europäischen Schauspieltalenten Tribut zu zollen; indem sie nämlich weitgehend in schlechten Nebenrollen verheizt werden.
"The Prey" (Eric Valette) ★★★
Mhm. Wieder grundsolide Thrillerkost aus Frankreich, wieder fehlt das Außergewöhnliche. Der kleine Entdecker in mir freute sich über einen in Teilen schön morricone-esken Soundtrack, die sehr heiße Alice Taglioni als investigative Polizistin mit gottgegebener weiblicher Intuition und Schießhemmung und den großen Sergi López in einer viel zu kleinen, eigentlich herrlich egalen Nebenrolle. Die Story um einen Bankräuber, der mit einem Kinderschänder im Knast sitzt und vorzeitig ausbrechen muss, da sein Bettkamerad scharf auf seine Familie ist, lebt von der kriminellen Energie des Pädophilen, als dieser fälschlicherweise nach Intervention seines Anwalts entlassen wird. Weniger interessiert die Hatz, die der Protagonist veranstaltet, um seine Frau und sein Kind zu retten. Zu sehr Profi ist der gute Mann, zu sehr kennt er sich mit Waffen und Schlossknacken aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis er seinen Gegenspieler ausgemacht hat. Auch die Recherche der Polizei nervt zunehmend trotz attraktiven Ermittlerin. Die Staatsmacht lässt sich hier ablenken wie Schiedsrichter beim Wrestling. Natürlich sind sie hinter dem falschen Häftling her. Natürlich gibt es nur Eine, die es besser weiß. Und natürlich will ihr bis zuletzt niemand Glauben schenken. Nein, wenn "The Prey" fasziniert, dann durch die bizarr abstoßende Dynamik zwischen dem Kinderschänder und seiner herzallerliebsten Frau, die für ein eigenes kleines Kind wortwörtlich über Leichenberge geht. In dem Hollywoodfilm "Running Scared" mit Paul Walker gibt es eine ziemlich ähnliche Episode eines solchen Pädo-Pärchens, das in schalldichten Kinderzimmern mit Videokameras die unglaublichsten Grausamkeiten anstellen, die unsere Fantasie zulassen. Und auch dort war bereits das größte Problem, dass die Kinderschänder zu unmenschlichen Monstren aufgebauscht werden. So sehr, dass sie letztlich nicht mehr sind als emotionale Punching Balls, an denen sich die Volksseele abreagieren kann. Wenn ich dagegen etwa Stefan Kurts Molesch-Figur in der Serienkiller-Geschichte "Eine Minute Dunkel" des "Dreileben"-Projekts der ARD halte, verflacht der schicke französische Thriller umso mehr.
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