Mittwoch, 11. August 2010
Konferenz der Sids - Animation made in Germany
"Seit den 70er-Jahren werden eine Reihe deutscher Filme erfolgreich, die den Konventionen folgen, die in erster Linie von der amerikanischen Filmindustrie geprägt werden."

(Joseph Garncarz, Der deutsche Film)
Im US-Musical "Hair" heißt es im "Let the Sunshine In"-Medley: "This is the dawning of the Age of Aquarius." Popsänger Xavier Naidoo machte daraus in seinem neuen Song "Wild vor Wut" die Catch Phrase "This is the dawning of the age of the animals". Nicht unbedingt, weil er an die sehr baldige Machtübernahme der Menschenaffen glaubt ("Hail to the Chimp" war mal ein fiktiver Filmtitel bei den Simpsons), sondern weil "Wild vor Wut" der Titelsong des Animationsfilms "Konferenz der Tiere" ist. Und dieser ist der ambitionierte Versuch der Constantin Film, auf dem von Hollywood Majors dominierten Markt der unheimlich lukrativen animierten Trickfilme durchzubrechen.

Der Naidoo-Song ist zweisprachig, englisch und deutsch; unterstreicht somit die internationalen Ambitionen des Münchner Studios, welches demnächst Alexandre Dumas' "Die drei Musketiere" mit Hollywoodstars wie Orlando Bloom und Milla Jovovich verfilmen lässt und sich auch die weltweiten "Tarzan"-Rechte gesichert hat. Der Starproduzent Bernd Eichinger will gegenüber Hollywood nicht länger Naidoos letzten großen Filmsong, "Sie sieht mich nicht", trällern, der den paneuropäischen Kinoerfolg "Asterix und Obelix gegen Caesar" vergoldete. Klar, klopfte Bernd die letzten Jahrzehnte immer wieder an die Himmelspforten der Traumfabrik: In den 1970er-Jahren mit Hans-Jürgen Syberbergs "Hitler", in den 1980er-Jahren mit "Christiane F." und "Die unendliche Geschichte", in den 1990er-Jahren mit "Das Geisterhaus" und "Fräulein Smillas Gespür für Schnee", in den letzten Jahren vor allem wieder mit Adi in "Der Untergang".

Aber einen international vermarktbaren Animationsfilm, der dem ganzen "Shrek"- und "Madagascar"-Gedöns die Stirn bieten könnte, das hatte Eichinger noch nicht. Wie schwer das ist, zeigten erst letztes Jahr die Spanier, als sie "Planet 51" weltweit in die Kinos brachten und Lehrgeld zahlen mussten. Von daher heißt es für Eichinger und seine Constantin erst den einheimischen Markt erobern: Man nehme einen deutschen Buchklassiker, Erich Kästners "Die Konferenz der Tiere", mixe ihn mit dem Stil und den Figuren der "Ice Age"-Blockbuster, lasse dann die knuddeligen Persönlichkeiten von deutschen Comedy-"Stars" wie Ralf Schmitz, Christoph Maria Herbst und Bastian Pastewka sprechen und hoffe auf das beste.

Und dann ist es laut Eigenwerbung sogar "der erste europäische 3D-Animationsfilm der Filmgeschichte", ein selbst auferlegter Titel, der etwa den vor zwei Jahren herausgebrachten belgischen 3D-Erfolg "Fly Me to the Moon" völlig unterschlägt. Dafür hat man David Newman, den oscarnominierten Score-Komponisten, angeheuert, der bereits Halbhollywood neuvertonte. Dass aber auch das keine Garantie ist, zeigte dieses Frühjahr Hans Zimmers Arbeit an Regina Zieglers Traumprojekt "Henri 4". Ich bin befangen: Allein aus filmpatriotischen Beweggründen, aber auch, um die im Spätherbst hoffentlich positiv verlaufende Entwicklung von Ambient Entertainment, dem Hannover Animationsstudio hinter "Konferenz der Tiere", weiter nachverfolgen zu können. Visuell und im Figurendesign erscheint mir der Sprung von den kindlichen Urmel-Filmen zu Erich Kästners Weltverbesserern gewaltig zu sein.

Links: - Wild vor Wut, - Neuester Trailer

... comment