Mittwoch, 26. Mai 2010
Eine Handvoll deutsche Exportschlager
Babelsberg ist keinesfalls Hollywood. Denn die deutsche Filmindustrie hat unter anderem keine zweihundert Millionen Dollar pro wöchentlich veröffentlichten Blockbuster, um die Zuschauer auf der ganzen Welt zu ihren Werken bekehren zu können. Dass sich aber diese einfältige Hollywoodsche Reboot-, Sequel- und Prequel-Maschinerie so langsam endgültig totgelaufen hat, stellen inzwischen sogar die wichtigsten Allesfresser der amerikanischen Blogosphäre wie etwa Hitfix's Drew McWeeny oder CHUD's Devin Faraci fest. Vom aller schlimmsten Blockbuster-Jahrgang seit einem Jahrzehnt ist angesichts von Gurken wie "Kampf der Titanen" und potentiellen Gurken wie "Knight and Day" die Rede.

Die deutsche Filmindustrie backt deutlich kleinere Brötchen, die etwa der Chefkritiker des Hollywood Reporter, Kirk Honeycutt, schmerzlich auf dem Cannes-Filmfestival vermisst hat und die weiterhin nette Achtungserfolge im Ausland feiern. Zum Beispiel läuft Fatih Akins internationaler Hit "Soul Kitchen" seit zwei Wochen auch in Australien, und das so gut, dass er beinahe mehr Zuschauer gefunden hat als der Oscarkandidat "Das weiße Band" nach zwei Monaten. Egal wo "Soul Kitchen" gestartet wird, findet er sein Publikum. Ob in Russland oder Griechenland, in Frankreich oder Spanien, in der Türkei oder Italien - überall ist die Komödie mindestens ein Arthouse-Erfolg und manchmal sogar ein echter Dauerbrenner und Publikumsliebling.

"Soul Kitchen" ist ein süß-herbes Phänomen dank seines europäischen Starregisseurs, der sich seine Gefolgschaft durch Jahre harter Arbeit redlich verdient hat. "Wickie und die starken Männer" dagegen ist ein echter teutonischer Blockbuster, der in den deutschen Kinos knapp fünf Millionen Menschen begeisterte, der aber auch in Österreich, Spanien und der Schweiz ganz erstaunliche Besucherzahlen schrieb. Aktuell schart Michael Bully Herbigs ziemlich fantastischer Kinderfilm eine fast ebenso getreue Gefolgschaft in den Beneluxländern um sich. In den Niederlanden schrieb der Film vier Wochen lang so konstante Zahlen, dass es immer für die Top Ten reichte. Und in Belgien schaffte "Wickie" in seiner siebten Woche sogar den bisher mit Abstand besten Kopienschnitt. Kein Wunder also, dass man sich in ganz Europa auf die 3D-Fortsetzung "Wickie auf großer Fahrt" freuen wird.

Til Schweiger fährt dank isländischer Aschewolke mit dem Auto nach Russland, um für "Zweiohrküken" zu werben, der wiederum ein schöner Achtungserfolg wird. Sherry Hormanns überraschend starke Bestseller-Verfilmung "Wüstenblume" findet zahlreiche Zuschauer in Griechenland, Frankreich und Österreich. Die Trickfilme "Hexe Lilli" und "Prinzessin Lillifee" sind tolle kleine Erfolgsgeschichten. Das schwerfällige "Weiße Band" von Michael Haneke geht um die Welt. Nicht zu vergessen die deutsch-finnische Co-Produktion "Niko - Ein Rentier hebt ab", die um Weihnachten herum europaweit und sogar in Asien ziemlich starke Zahlen schrieb. Als nächstes geht die Bremer Ulysses Filmproduktion gemeinsam mit ihren skandinavischen Partnern den animierten Trickfilm "Thor - Die Edda Chroniken" in 3D an. Im Schatten vom leider immer noch alles bestimmenden Hollywood sind einige sehr sympathische deutsche Erfolgsgeschichten gewachsen.

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