Dienstag, 23. Februar 2010
Schön böse Replik auf die Kosslick-Hasser
schwanenmeister, 14:12h
Während aktuell "The Ghost Writer", Polanskis von der angereisten Fachpresse weitgehend geschmähter Berlinale-Wettbewerbsteilnehmer und spätere Preisträger, immer größere Jubelstürme in den USA entfacht, ob nun in der Los Angeles Times oder in Entertainment Weekly, findet sich endlich eine vernünftige Gegenstimme zum alljährlichen Kosslick-Bashing im Internet wieder. Hier die Meinung des anonym bleibenden Gastautors:
"Ob nun Jan Schulz-Ojala oder Knörer: Wenn sie der Berlinale wirklich vorhalten wollen, das Auswahlgremium habe keine Ahnung, dann sollen sie doch bitte auch benennen, welche Filme verschnarcht wurden. Welche Titel hätten den Wettbewerb der Berlinale 2010 denn besser gemacht als das, was tatsächlich gezeigt wurde? Auch ein Dieter Kosslick kann nunmal keine Filme zeigen, die es nicht gibt oder die nicht fertiggestellt sind.
Ich muss bei so bräsigen Kommentaren wie 'eine Mediokrität wie Wang Quan'ans 'Apart Together' dann peinlicherweise sogar zu Eröffnungsfilmehren und geldwerter Aufmerksamkeit kommt' lachen, weil sie doch nur beweisen, wie beschränkt die Sicht Knörers ist (und ich stimme ihm zu, dass der Film weder toll noch ein würdiger Eröffnungsfilm ist). Nur: Glaubt Knörer allen Ernstes, dass das der Film war, den Kosslick sich für die 60. Berlinale gewünscht hat?? Echt? So naiv kann der doch nicht sein. Könnte es nicht vielleicht sein, dass man lieber vielleicht 'Alice im Wunderland' gehabt hätte? Dass der vielleicht von Cannes abgeschossen wurde, das seinem Jury-Präsidenten zu verstehen gegeben haben könnte, dass man es nicht so cool fände, wenn er drei Monate vor Cannes einen Großauftritt auf der Berlinale hätte? Ich sage nicht, dass es so ist. Vielleicht aber schon. Dass man dann in der Not gerne 'The Kids Are All Right' gehabt hätte, der sich immerhin als Publikumsliebling der zweiten Woche erwies und auch die nötige Starpower für einen zünftigen Eröffnungsfilm gehabt hätte? Kann es sein, dass die Produzenten dann aufgrund irgendwelcher internationaler Festivalregularien auf ihre Weltpremiere in Sundance verzichten hätten müssen, was für sie nicht in Frage kam? Muss nicht so gewesen sein. Kann aber sein. Klar war "Tuan Yuan" eine Notlösung. Aber immerhin kann man sie argumentieren: ehemaliger Goldener-Bär-Gewinner etc. Sicherlich besser, als sich hinzustellen und zu sagen: Sorry, wir haben nix Besseres gekriegt, auch wenn man weiß, dass es so ist. Und wenn ich bedenke, dass Cannes erst vor ein paar Jahren mit so einem Sockenschuss wie 'Fanfan la tulipe' eröffnet hat, finde ich 'Tuan Yuan' gleich wieder richtig klasse.
Welche Filme liefen denn nicht in Berlin, die denn fertig sind? Mir fällt nur 'The Green Zone' von Greengrass ein. Kann es sein, dass Universal den abgeschossen hat, um ihn nicht zu sehr in die Filmkunstecke zu rücken? Man darf sich sicher sein, dass Kosslick wie ein Löwe um den neuen Malick gekämpft hat. Ist halt nicht fertig, und wird wohl auch nicht bis Cannes fertig sein. Es ist so einfach. Es wäre schön, wenn Leute wie Knörer sich auch nur einen Funken Mühe geben würden, ein bisschen die Zusammenhänge zu durchschauen. Nee, besser mal einem Strippen ziehenden Multimillionenunternehmen wie der Match Factory (vier Mitarbeiter) eine mitgeben. Cannes spielt ja nur etwa zehn bis 15 Filme von Studio Canal pro Wettbewerb. Das ist aber cool, weil Cannes ist toll. Viel toller als Berlin."
Links: - Knörer, - Gastautor
"Ob nun Jan Schulz-Ojala oder Knörer: Wenn sie der Berlinale wirklich vorhalten wollen, das Auswahlgremium habe keine Ahnung, dann sollen sie doch bitte auch benennen, welche Filme verschnarcht wurden. Welche Titel hätten den Wettbewerb der Berlinale 2010 denn besser gemacht als das, was tatsächlich gezeigt wurde? Auch ein Dieter Kosslick kann nunmal keine Filme zeigen, die es nicht gibt oder die nicht fertiggestellt sind.
Ich muss bei so bräsigen Kommentaren wie 'eine Mediokrität wie Wang Quan'ans 'Apart Together' dann peinlicherweise sogar zu Eröffnungsfilmehren und geldwerter Aufmerksamkeit kommt' lachen, weil sie doch nur beweisen, wie beschränkt die Sicht Knörers ist (und ich stimme ihm zu, dass der Film weder toll noch ein würdiger Eröffnungsfilm ist). Nur: Glaubt Knörer allen Ernstes, dass das der Film war, den Kosslick sich für die 60. Berlinale gewünscht hat?? Echt? So naiv kann der doch nicht sein. Könnte es nicht vielleicht sein, dass man lieber vielleicht 'Alice im Wunderland' gehabt hätte? Dass der vielleicht von Cannes abgeschossen wurde, das seinem Jury-Präsidenten zu verstehen gegeben haben könnte, dass man es nicht so cool fände, wenn er drei Monate vor Cannes einen Großauftritt auf der Berlinale hätte? Ich sage nicht, dass es so ist. Vielleicht aber schon. Dass man dann in der Not gerne 'The Kids Are All Right' gehabt hätte, der sich immerhin als Publikumsliebling der zweiten Woche erwies und auch die nötige Starpower für einen zünftigen Eröffnungsfilm gehabt hätte? Kann es sein, dass die Produzenten dann aufgrund irgendwelcher internationaler Festivalregularien auf ihre Weltpremiere in Sundance verzichten hätten müssen, was für sie nicht in Frage kam? Muss nicht so gewesen sein. Kann aber sein. Klar war "Tuan Yuan" eine Notlösung. Aber immerhin kann man sie argumentieren: ehemaliger Goldener-Bär-Gewinner etc. Sicherlich besser, als sich hinzustellen und zu sagen: Sorry, wir haben nix Besseres gekriegt, auch wenn man weiß, dass es so ist. Und wenn ich bedenke, dass Cannes erst vor ein paar Jahren mit so einem Sockenschuss wie 'Fanfan la tulipe' eröffnet hat, finde ich 'Tuan Yuan' gleich wieder richtig klasse.
Welche Filme liefen denn nicht in Berlin, die denn fertig sind? Mir fällt nur 'The Green Zone' von Greengrass ein. Kann es sein, dass Universal den abgeschossen hat, um ihn nicht zu sehr in die Filmkunstecke zu rücken? Man darf sich sicher sein, dass Kosslick wie ein Löwe um den neuen Malick gekämpft hat. Ist halt nicht fertig, und wird wohl auch nicht bis Cannes fertig sein. Es ist so einfach. Es wäre schön, wenn Leute wie Knörer sich auch nur einen Funken Mühe geben würden, ein bisschen die Zusammenhänge zu durchschauen. Nee, besser mal einem Strippen ziehenden Multimillionenunternehmen wie der Match Factory (vier Mitarbeiter) eine mitgeben. Cannes spielt ja nur etwa zehn bis 15 Filme von Studio Canal pro Wettbewerb. Das ist aber cool, weil Cannes ist toll. Viel toller als Berlin."
Links: - Knörer, - Gastautor
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knoerer,
Mittwoch, 24. Februar 2010, 17:05
Ich habe keine sonderliche Lust, hier oder bei kino.de auf ano- bzw. pseudonyme Anwürfe dieser Art ausführlicher einzugehen. Nur zwei Dinge recht kurz deshalb: 1. habe ich jeden Wettbewerbsjahrgang unter Kosslick ausführlich mitgekriegt und glaube deshalb sehr wohl, mir ein Urteil über seinen (und des Auswahlgremiums) Kunstverstand bilden zu können. Von seinen stets völlig indiskutablen Interviewäußerungen mal ganz abgesehen. Es zeichnet sich da ein ganz klares (anti-)intellektuelles und (an-)ästhetisches Profil ab. Wie er das Kino begreift, das ist und bleibt für den Hauptzuständigen eines Filmfestivals eine Schande. 2. Nein, ich weiß nicht, was - von einzelnen Filmen im Forum abgesehen - im Wettbewerb besser gezeigt worden wäre. Woher soll ich es wissen, ich habe die Filme aus denen das Gremium auswählt, naturgemäß nicht gesehen? Ich sage allerdings, dass die Qualität eines Wettbewerbs die Folge von Beziehungsarbeit ist. Die Chance von Berlin kann nur sein, Entdeckungen zu machen und diese zu pflegen. Berlin "entdeckt" aber Jahr für Jahr nur Mediokritäten wie Pernille Fischer Christensen oder Wang Quan'an. Im Umkehrschluss: Ich habe nicht das mindeste Vertrauen darein, dass dieses Gremium eine echte Entdeckung als das erkennen würde, was sie dann wäre. Oxhide, einer der fantastischsten Filme, die in Berlin in den letzten zehn Jahren liefen, war im Forum. Der Nachfolger ging dann nach Cannes. Deutschland hat mit der "Berliner Schule" die spannendste Bewegung seit Jahrzehnten, aber Kosslick zeigt in diesem Jahr einen einzigen Film. "Orly" und "Im Schatten" statt "Shahada" und "Jud Süß" zu zeigen, wäre ein Statement gewesen, es wäre ihm um die Ohren geflogen und genau drum hätte er es tun müssen. Gerade wenn es schwierig ist, die Berühmtheiten zu kriegen (ich sehe da aber keine Zwangsläufigkeit), dann muss man den Wettbewerb anders profilieren, wie es Marco Müller in Venedig nicht immer mit Fortüne, aber ganz nachweislich tut. Der Wettbewerb in Berlin profiliert sich allerdings gar nicht, oder nur dadurch, dass da fast ausschließlich Filme laufen, von denen man zu Recht nie wieder hört. Er hat keinerlei Bandbreite, Kosslick verachtet das Unterhaltungskino so sehr wie alle avanciertere Ästhetik. Da kommt dann sehr konsequent höchst mittelmäßiger Arthousequark dabei raus.
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schwanenmeister,
Montag, 1. März 2010, 13:40
(Sorry, hatte die letzten Tage keinen Internetzugang)
Die Kritik am Berlinale-Wettbewerb ist so alt wie der Wettbewerb selbst. Gerade in den 1960er-Jahren, als die Nouvelle Vague in Berlin und nicht in Cannes entdeckt wurde und regelmäßig Roman Polanski neue Filme vorstellte, überboten sich die Filmkritiker in ihren negativen Superlativen. Das hat also Tradition und ist auch legitim. Und Sie, Herr Knörer, sind ja lange nicht allein mit ihrer Meinung zum aktuellen Jahrgang: Von Rüdiger Suchsland über Sight & Sound bis Variety fielen die Urteile vernichtend aus. Und das langweilt mich als mehr oder weniger neutralen Betrachter von außen. Deswegen habe ich den kino.de-Beitrag hier gepostet, weil er zur Abwechslung mal in Ansätzen anreißt, warum dieser oder jener heiß erwartete Film nicht geklappt hat und auch andeutet, dass die Auswahl der Wettbewerbsfilme kein reines Wunschkonzert ist, sondern auch viel mit Politik zu tun hat. Das dabei schwer zugespitzt und polemisiert wurde, ist geschenkt, machte das doch schließlich auch die Gegenseite. Dass der Wettbewerb nicht so pralle war, ist ja auch die Meinung des Autors. Mir ging es um einen alternativen Blick, wohl auch weil ich offensichtlich mit Dieter Kosslick sympathisiere.
Die Kritik am Berlinale-Wettbewerb ist so alt wie der Wettbewerb selbst. Gerade in den 1960er-Jahren, als die Nouvelle Vague in Berlin und nicht in Cannes entdeckt wurde und regelmäßig Roman Polanski neue Filme vorstellte, überboten sich die Filmkritiker in ihren negativen Superlativen. Das hat also Tradition und ist auch legitim. Und Sie, Herr Knörer, sind ja lange nicht allein mit ihrer Meinung zum aktuellen Jahrgang: Von Rüdiger Suchsland über Sight & Sound bis Variety fielen die Urteile vernichtend aus. Und das langweilt mich als mehr oder weniger neutralen Betrachter von außen. Deswegen habe ich den kino.de-Beitrag hier gepostet, weil er zur Abwechslung mal in Ansätzen anreißt, warum dieser oder jener heiß erwartete Film nicht geklappt hat und auch andeutet, dass die Auswahl der Wettbewerbsfilme kein reines Wunschkonzert ist, sondern auch viel mit Politik zu tun hat. Das dabei schwer zugespitzt und polemisiert wurde, ist geschenkt, machte das doch schließlich auch die Gegenseite. Dass der Wettbewerb nicht so pralle war, ist ja auch die Meinung des Autors. Mir ging es um einen alternativen Blick, wohl auch weil ich offensichtlich mit Dieter Kosslick sympathisiere.
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