Samstag, 20. Februar 2010
Berlinale-Preisträger 2010
1964 gewann das letzte Mal ein türkischer Film ("Trockener Sommer") den Goldenen Bären. Semih Kaplanoglus "Honig" ("Bal") errang im Vorfeld leider so bescheidene Aufmerksamkeit wie so viele andere Wettbewerbsteilnehmer. Umso schöner fiel die Überraschung aus, als Jurypräsident Werner Herzog den Triumph verkündete. Die Berlinale ist bekannt und gehasst für ihre Außenseitersiege. Manchmal werden sie aber zu stilsetzenden Ausrufezeichen, wie der letztjährige Goldene Bär für den peruanischen Film "Eine Perle Ewigkeit", der es sogar in die meistens doch ziemlich willkürliche Oscar-Kategorie des besten fremdsprachigen Films geschafft hat.

Der Große Preis der Jury ging an den rumänischen Gefängnisfilm "If I Want to Whistle, I Whistle", der vom Feuilleton auch mehr hätte gefeiert werden können. Die rumänische neue Welle rollt also weiter. Richtig gefreut hat mich der Silberne Bär für Roman Polanski und seinen "Ghost Writer". Das Projekt hatte bereits verloren, als sich die unzähligen Blogs über den ersten, etwas trockenen Trailer lustig machten. Von der medialen Hetzkampagne gegen den Regisseur ganz zu schweigen. Inzwischen gibt es ziemlich großartige Hymnen von bedeutenden Kritikern wie Peter Travers und sogar ein kleinbisschen Oscar-Buzz im verschneiten Februar zu lesen.

Der Silberne Bär für die Hauptdarstellerin Shinobu Terajima in Wakamatsus "Caterpillar" verstärkt das Gefühl, es mit einem Pflichtfilm zu tun zu haben. Und wenn die unverkrampfte Preisverleihung auf etwas besonders Lust gemacht hat, dann auf den russischen Preisträger "How I Ended This Summer", der laut der Jury die besten Hauptdarsteller und die beste Kamera bot. Allein ein kurzer Ausschnitt von einem jungen Mann, der von einem hungrigen Eisbär gejagt wird, lässt sofort an Werner Herzog denken, an Verrücktheiten und Wagnisse, die man nur allzu selten im heutigen Film geboten bekommt.

Nicht zu vergessen der Drehbuchpreis für den chinesischen Eröffungsfilm "Apart Together", den ein britischer Kritiker schönerweise mit Ozu verglichen hat. Und man muss sich nicht einmal schämen, dass dieser oder jene deutsche Film noch einen Schauspielpreis zugeschoben bekam, um das Bild für die einheimischen Medien abzurunden. Klar, Heisenbergs "Der Räuber" hätte man erwartet, vielleicht sogar erhofft. Und ein Wahnsinnspreis für Oskar Roehler hätte ich auch mehr als amüsant gefunden. Musste aber auch nicht sein. Jetzt heißt es im Schnitt gut ein Jahr warten, bis man sich auch von den dazugehörigen Filmerlebnissen überzeugen lassen kann.

... comment