Montag, 15. Februar 2010
Berlinale-Ticker: 15. Februar
19.56 Uhr - "Caterpillar" & "The Wolf's Mouth" & "Der Räuber"

Größte Empfehlung des gesamten Festivals bisher: InContention-Kritiker Guy Lodge, der in Venedig bereits "Soul Kitchen" zum Rohrkrepierer abstempeln wollte, nannte den japanischen Wettbewerbsbeitrag "Caterpillar" bodenlos ("abysmal thing") und verließ den Film vorzeitig.
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THR's Neil Young will das neue Talent des italienischen Films entdeckt haben: "The Wolf's Mouth" soll vor Magie und Meisterschaft nur so zerbersten. Der Gewinner des letztjährigen Fipresci-Preises ist eine siebzigminütige Mischung aus Doku und Fiktion um eine pulsierende Liebesgeschichte zwischen einem machohaften Ex-Knacki und einem drogensüchtigen Transsexuellen. Na, wenn das nichts ist ...
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Für Heisenbergs "Der Räuber" ist alles dabei: Das ausführliche Interview mit D-Radio Kultur, der plumpe Verriss von Screen International oder die Hymne von den eingeweihten Perlentauchern.

16.01 Uhr - Peter Bradshaw, Guardian

Es gibt sie also doch, die britischen Filmjournalisten abseits der Trade Press auf der Berlinale. Peter Bradshaw, einer der wichtigeren Kritiker Großbritanniens, hat einen schönen kleinen Artikel geschrieben: Er feiert "Exit Through the Gift Shop", eine Doku über den anarchischen Straßenkünstler Banksy, die auch Blickpunkt:Film als bisheriges Highlight der ersten Tage herausstellt. Überhaupt gebe es wenig Grund zu maulen. Die Qualität einiger Filme sei ausgezeichnet, so Bradshaw, der gesondert den Eröffnungsfilm "Apart Together", mit Abstrichen den deutschen Beitrag "Renn, wenn du kannst", Vinterbergs "Submarino" und den rumänischen Film "If I Want to Whiste, I Whistle", der mittlerweile als kleiner Geheimtipp für die Bärenvergabe gehandelt wird, anreißt. Nur "Howl" habe ihm nicht wirklich gefallen.

12.54 Uhr - "Winter's Bone"

"For once a Sundance winner lives up to the hype: the gripping 'Winter's Bone' is a backwoods teenage girl's 'High Noon'", twittert Sight & Sound-Herausgeber Nick James.

12.35 Uhr - Kritikenspiegel

Filmstarts hat jetzt ein ganz praktisches Feature, was ich letztes Jahr schon beim Cannes-Filmfestival von Screen International sehr nützlich und spaßig fand. Und wenn die Briten Kritikerurgesteine wie Michel Ciment dabei hatten, setzt Filmstarts auf französische Kritiker ihrer Partnerseite Allocine.fr.

Seitenblick: Deutsche Kinocharts

Die Top Ten ist fest in amerikanischer Hand. Aber es lohnt ein genauerer Blick auf die Filme und ihre Historie:

I. Die letzten RomComs mit Julia Roberts hießen "Ocean's Twelve" (2,84 Mio.), "Ocean's Eleven" (4,43 Mio.), "American Sweethearts" (1,32 Mio.), "Die Braut, die sich nicht traut" (5,01 Mio.) und "Notting Hill" (5,41 Mio.). Ihr neuer Film "Valentinstag", der relativ günstig produziert wurde und bereits grünes Licht für eine Fortsetzung erhalten hat, spielte in den USA in vier Tagen über 50 Millionen Dollar ein. In Amerika also ein gigantischer Blockbuster, in Deutschland trotz Staraufgebot, Dauerbeschallung und Feiertagsbonus nur recht nett gestartet (325k Zuschauer mit Previews).

II. "Percy Jackson", der neue Möchtegern-Harry Potter von Chris Columbus, schaffte mit unglaublichen 647 Kopien nur Platz drei und gerade mal 250k Zuschauer.

III. Horror abseits von "Saw" & Co. geht momentan in Deutschland fast gar nicht. Da nützt auch nicht eine superteure Studioproduktion wie "Wolfman" (120k), die sich in den deutschen Charts sogar der türkischen Komödie "Recep Ivedik 3" (150k) geschlagen geben muss.

IV. Andere Indizien für das schwächelnde Hollywood: "Küss den Frosch", ein klassischer Disney-Zeichentrickfilm, hat nur 1,5 Millionen Zuschauer. Die neueste Nancy Meyers-Komödie "Wenn Liebe so einfach wäre" muss schwer um die Milliongrenze kämpfen. "Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen", ein moderner Animationsfilm jenseits grüner Oger und prähistorischer Eichhörnchen, holt trotz 3D noch weniger Zuschauer als die letztjährige Enttäuschung "Monsters Vs. Aliens". Und "Up in the Air", die oscarnominierte Feelgood-Komödie mit Superstar George Clooney, kann von den letztjährigen Zahlen eines Slumdog Millionärs oder eines Benjamin Buttons nur träumen.

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Der Montag wird ganz im Zeichen zweier extrem heiß erwarteter Wettbewerbsfilme stehen: Koji Wakamatsus "Caterpillar" und Benjamin Heisenbergs "Der Räuber".

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