Samstag, 2. Januar 2010
Januar-Showdown: Hollywood Vs. Babelsberg
Sieht man einmal vom neuen Coen-Film "A Serious Man" ab, geht es mit hochwertiger Cineastenkost erst wieder so richtig im Februar weiter. Der Januar indes steht ganz im Zeichen eines Zweikampfes, der sich im letzten Jahr bereits zart angedeutet hatte: Nämlich die relative Ausgeglichenheit der möglichen Zuschauererfolge von deutschen und amerikanischen Produktionen jenseits der heißen Blockbustersaison im Sommer, die dieses Mal auch noch fußball-vermint scheint. Gut, James Camerons "Avatar" wird den Januar hindurch weiter fantastische Zahlen schreiben. Schaut man aber auf die Neustarts, sehe ich beide Industrien zwar noch lange nicht auf Augenhöhe. Die deutschen Produktionen erscheinen jedoch zumindest auf dem Papier sehr konkurrenzfähig.

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Hollywood bietet den teuren "Sherlock Holmes"-Hit auf, der es in Deutschland deutlich schwerer haben wird, allein weil Robert Downey Jr. hier kein Star ist. Dann haben sie den sehr, sehr amerikanischen Trickfilm "Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen", der es hier noch schwerer haben dürfte. Die neue Nancy Meyers-Komödie "Wenn Liebe so einfach wäre", ohne Mel Gibson, Jack Nicholson oder Cameron Diaz, dafür mit Meryl Streep, Alec Baldwin und Steve Martin könnte begeistern. Hüstel. Der Sci-Fi-Actioner "Surrogates" mit Bruce Willis dürfte überraschen, weil harte Genrefilme mit Old School-Stars in Europa sogar besser als in den USA funktionieren können. Ein großes Fragezeichen steht hinter Heath Ledgers letztem Kinoauftritt in "Das Kabinett des Dr. Parnassus", der zumindest ein Achtungserfolg für Terry Gilliam werden könnte. Und dann gibt es noch Krimskram wie den blutarmen Vampirflop "Mitternachtszirkus", den nächsten Gerard Butler-Film "Gamer", die RomCom "Haben Sie das von den Morgans gehört?" mit Sarah Jessica Parker und einem augenscheinlich gealterten Hugh Grant und die Gurke "Old Dogs". Das wird der üblichen Gemischtladen werden, der von allem etwas, aber wenig überzeugendes anbietet.

Die deutsche Filmindustrie versucht es dagegen gezwungenermaßen weniger mit Quantität als mit Qualität. Ein solides Dutzend deutscher Filme hat diesen Januar die Möglichkeit, vom wachen Kinozuschauer wahrgenommen und dadurch zu einem ansehnlichen Erfolg gemacht zu werden. Die Uni-Komödie "13 Semester" und die 'Ossies Go West'-Komödie "Friendship!" mit Matthias Schweighöfer, der bereits im Dezember die Erfahrung machen durfte, wie schwer es war, Zuschauer in die Störtebecker-Verfilmung "12 Meter ohne Kopf" zu kriegen, haben Potential durchzubrechen. Bei solchen leichten Genreprojekten ist es wichtig, über eine gewisse Grundaufmerksamkeit hinauszukommen, so dass der deutsche Kinozuschauer den Film überhaupt wahrnimmt. Ist er dann in den Köpfen, findet er auch immer häufiger den ihm beschiedenen Erfolg. Josef Vilsmaier ist zurück, dieses Mal mit "Nanga Parbat", der tragischen Bergsteigergeschichte um Reinhold Messner und seinen Bruder. Ein bisschen erschreckend, dass man dazu noch so gut wie keine Werbung sieht oder so etwas ähnliches wie Buzz gehört oder gelesen hat. Ich will an dieses Senator-Projekt glauben. Endlich wieder einen populären Bergfilm zu haben, wäre toll.

Detlef Buck hat mit seiner Entdeckung David Cross das asiatisch angehauchte Roadmovie "Same Same But Different" am Start und hofft inständig auf mehr Aufmerksamkeit, als es ihm bereits mit "Knallhart" verwehrt blieb. Nicht zu vergessen ist die vielversprechende Constantin Kinderfilm-Fortsetzung "Vorstadtkrokodile 2", die gekonnt vermarktet wird und möglicherweise den ersten Teil zuschauertechnisch noch überflügeln könnte. Und wer weiß, ob die deutschen Zuschauer nicht vielleicht auch Bock auf die internationale Co-Produktion "Ein russischer Sommer" haben. Im Land der Dichter und Denker mag es einen Zuschauerkreis für die letzten Tage Leo Tolstois geben, auch weil in Deutschland gedreht wurde, und die Hauptrollen von Helen Mirren, Christopher Plummer und James McAvoy gespielt werden. Hey, ich habe nicht gesagt, dass wir ebenbürtig sind, nur konkurrenzfähig! :)

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Update: Der Branchendienst InsideKino wagt die ersten vorsichtigen Schätzungen des deutschen Kino-Januars: Chef Mark G. glaubt an einen Durchmarsch für Nancy Meyers (2,5 Mio.) und "Sherlock Holmes" (2,0 Mio.), wenn er sie auch eher konservativ zurückhaltend schätzt. Assistent Drebin schätzt die Lage ähnlich, nur noch ein bisschen pessimistischer ein. Und beide sind sich einig, dass das Schweighöfer-Vehikel "Friendship!" die besten Erfolgsaussichten unter den deutschen Filmen hat (1,0 bzw 0,8 Mio.). Zu den Hollywoodfilmen sage ich: Mal schauen! Auch die können stolpern, gerade wenn sie von Sherlock Holmes handeln oder Steve Martin in der Hauptrolle haben. Und ich glaube, sie unterschätzen einige der deutschen Filme, was dem Prinzip der verbrannten Finger entspricht. Tippte Mark G. in der Vergangenheit bei "Hui Buh" doch schon mal auf sieben Millionen Zuschauer. "13 Semester" wird mehr als 300k Zuschauer haben, und der zweite Teil Vorstadtkrokodile könnte den ersten Teil überflügeln. 600k Zuschauer für "Nanga Parbat" wären dagegen zum jetzigen Zeitpunkt sogar ein unerwarteter Erfolg für mich.

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Update #2: So viel zum Thema "13 Semester" und wie man nicht über 300k Zuschauer kommt: Die Komödie wird in nur 150 Kinos gestartet und von InsideKino jenseits der Top Ten geschätzt.

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