Dienstag, 8. September 2009
"It's the little differences": Das 'Basterds'-Casting von Andrè Penvern
Wenn man die "Inglourious Basterds"-Credits genauer untersucht, findet man schnell viele Besonderheiten. Vielleicht fällt zum Beispiel auf, dass dort zwei Herrmans aufgeführt werden: Ein Herrman namens Wolfgang Lindner, ein anderer Herrman namens Michael Kranz. Woraus ich gefolgert habe, dass der SS-Oberst Hans Landa immer Assistenten aussucht, die Herrman heißen müssen, was damals angesichts der sonderbaren Schreibweise gar nicht mal so einfach gewesen sein dürfte.

... read more?

... comment

 
Und es fällt auf, dass Christian Brückner, die legendäre deutsche Robert De Niro-Stimme, Hitlers Bodyguard Kliest am Telefon spricht. Dessen Rollenname könnte ein Verweis auf den Mitverschwörer des 20. Juli, Ewald von Kleist-Schmenzin, sein. Aber viel wichtiger ist doch die Frage, warum ausgerechnet Christian Brückner? Hat Tarantino in der Castingabteilung fragen lassen, wer eine der bekanntesten Stimmen Deutschlands hätte. Oder stimmt folgende Version, die ich deutlich cooler fände: Tarantino ist solch ein Cinephiler, dass er Brückners Stimme aus diversen Krautploitation-Filmen der 1960er und 1970er-Jahre kennt. So abwegig erscheint es mir nicht, dass Tarantino Filme wie "Winnetou 3", "Der Arzt von St. Pauli", "Ich ein Groupie", "Bademeister-Report" oder das Jess Franco-Delirium "Der Teufel kam aus Akasava" gesehen, Brückners Stimme wiedererkannt und als besonders außergewöhnlich herausgefiltert hat. Wer weiß. Hat ihn ja keiner danach gefragt.

Mein Lieblingsfund in den Credits war aber bisher der Name des alten französischen Veterinärs, der die angeschossene Bridget von Hammersmark zusammenflicken soll: Andrè Penvern. Mal abgesehen davon, dass ich nach dem ersten Kinobesuch hätte wetten können, dass die gesamte Diane Kruger-Szene - ihr Setting, ihre Exotik und ihre Logik - aus dem 1950er-Jahre Film noir "Von der Polizei gehetzt" mit dem ganz jungen Charles Bronson entliehen wurde, blieb das goofige Gesicht des alten Mannes im Hintergrund besonders hängen. Und ja, ich kannte ihn, vor allem aus einem Fremdenlegionärs-Film der 1970er-Jahre, den Tarantino selbst einmal empfohlen hatte. Er trägt den genialen Titel "Marschier oder stirb" und ist eine ganz wunderbare, noch weitgehend unentdeckte Abenteuerperle mit einem absoluten Wahnsinns-Cast: Es spielen unter anderem Gene Hackman, Catherine Deneuve, Terence Hill, Max von Sydow und Ian Holm. Und Andrè Penvern spielt eben neben Hauptdarsteller Terence Hill einen der Fremdenlegionäre, die einem während des Films furchtbar ans Herz wachsen.

Und auch darüber hinaus hat Penvern eine sehr interessante Karriere gemacht: Seinen Durchbruch feierte in der Louis de Funes-Komödie "Die Abenteuer des Rabbi Jakob". Dann tauchte er immer mal wieder in kleineren Rollen in "Unternehmen Rosebud", "French Connection II" oder "Der Mieter" auf. Mit seinem lustigen Aussehen war er prädestiniert für Kurzauftritte, ob in Jean-Paul Belmondo-Filmen oder "Herbie Goes to Monte Carlo". Sogar in einen der späteren "Cheech und Chong"-Filme packte er es. Und gerade in den letzten Jahren erfuhr in einigen der erfolgreichsten französischen Produktionen eine kleine Renaissance als Kurzdarsteller. Dass Tarantino gerade ihm diese Rolle gegeben hat, hat auf jeden Fall Stil. Und macht Lust darauf, einmal einen Film zu sehen, bei dem er aus dem Vollen der französischen Schauspielkunst schöpfen kann.

... link  


... comment