Montag, 27. Juli 2009
Warum "Inglourious Basterds" Tarantinos nächster Film werden musste
Nichts verletzt einen Regisseur mehr, als sein Publikum zu verlieren. Gerade wenn man die letzten 25 Jahre lang als hippster Filmemacher des Erdballs galt. Wo ihr gewesen seid, wollte Tarantino zwischen den Zeilen und einige Male auch ganz direkt von seinen Anhängern in paralysierten Interviews wissen, nachdem sie nicht gekommen waren. Er hatte ihnen mit "Grindhouse" das Kinoerlebnis des Jahrhunderts anrichten wollen. Aber nur wenige kosteten überhaupt. Magere 25 Millionen Dollar spielte das Retro-Double Feature an den Kinokassen der USA ein. Und im Rest der Welt lief es nicht viel besser.

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In Großbritannien, wo Tarantinos Karriere durch den überraschenden Kinoerfolg von "Reservoir Dogs" erst richtig ins Rollen kam, wo regelmäßig sein Fansprachrohr 'Empire' erscheint, das er einmal umschmeichelnd die beste und witzigste Filmzeitschrift der Welt genannt hatte, floppte das inzwischen aufgespaltende "Grindhouse" als "Death Proof" katastrophal. In Australien, Japan oder Spanien lief es ähnlich. Die einzigen Länder, in denen "Death Proof" einigermaßen Kasse machte und nicht völlig versagte, waren tatsächlich Frankreich (4,9 Mio. Dollar) und Deutschland (5,0 Mio. Dollar). Komischerweise genau die beiden Länder, in denen Tarantinos neuer Film spielt, deren Schauspieler er huldigt – Christoph Waltz' Darstellerpreis in Cannes, Melanie Laurent plötzlich auf der "Oh, is' die geil!"-Liste der Movie Geeks – und deren Filmgeschichten er predigt.

Sicher wollte der geschundene Tarantino auch einfach wieder schnell in den Sattel zurück, nachdem ihn der "Grindhouse"-Flop heftig durchgeschüttelt hatte. Nur schwärmte er von seinem Traumprojekt "Inglourious Basterds" seit den 1990er-Jahren. Vielleicht hatte er Angst nach Flop und Weltwirtschaftskrise sowie den Sparmaßnahmen in und um Hollywood, dass er, wenn er den Film jetzt nicht auf die Beine stellen würde, wahrscheinlich längere Zeit nicht mehr die Gelegenheit dazu bekäme. Deswegen die Hatz, unbedingt bis zum nächsten Cannes-Filmfestival fertig werden zu müssen. Ich denke aber ebenso, dass die sehr schmerzhafte Enttäuschung durch die Zuschauer, mit Ausnahme der größeren Filmmärkte Frankreich und Deutschland, eine Rolle gespielt haben könnten, gerade deshalb "Inglourious Basterds" und kein anderes auf Halde liegendes Script plötzlich in rasender Geschwindigkeit fertigzuschreiben.

Und ich habe den Film natürlich noch nicht gesehen, aber ehrlich: Wie ein Film für ein englischsprachiges Publikum, ob nun für Australien, Großbritannien oder die USA, das Fremdsprachiges in eigenen Kategorien und Kinos ghettoisiert hat, hört sich "Inglourious Basterds" mit seinen verschiedenen Originalsprachen und langen Dialogsequenzen auf Deutsch und Französisch einfach nicht an.
"Look, with the possible exception of Jews, if there is anybody from the planet earth, that wishes they can take down the Third Reich and have taken down Third Reich fantasies, it's the last three generations of Germans."
(Quentin Tarantino)

Weltweites "Death Proof"-Boxoffice:

USA – 25 Mio. Dollar (als Double Feature „Grindhouse“)
Deutschland – 5,0 Mio.
Frankreich – 4,9 Mio.
Italien – 3,1 Mio.
Spanien – 2,3 Mio.
Großbritannien – 1,6 Mio.
Japan – 0,9 Mio.
Australien – 0,8 Mio.

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