Donnerstag, 21. Mai 2009
Cannes-Ticker: 21. Mai
23.23 Uhr
Wer hätte es gedacht. Rüdiger Suchsland endlich in Topform: Nicht der schnellste sein zu müssen und trotzdem blitzschnell differenzierter zu analysieren und alternative Blickwinkel aufzuzeigen, wo andere hauptsächlich am Skalp berühmter Regisseure interessiert sind, ist eindeutig seine Stärke. Artechock über "Inglourious Basterds". Na ja, vielleicht auch die Flucht, sich nicht einer Besprechung von Brillante Mendozas "Kinatay" stellen zu müssen. ;)

21.04 Uhr
Das Ranking der Screen Daily-Jury:

A Prophet - 3,4 (beinahe alle)
Bright Star - 3,3 (beinahe alle)
Broken Embraces - 3,2 (Schulze-Ojala, Kim, Ciment)
Vincere - 2,9 (Foundas, Ciment, Crespi)
Looking for Eric - 2,9 (Crespi)
Wild Grass - 2,5 (Ciment)
Inglourious Basterds - 2,4 (Foundas)
Thirst - 2,4 (Schulz-Ojala, Ciment, Jensen)
Fish Tank - 2,3 (Olm, Kim, Jensen)
Vengeance - 2,1 (Kim)
Taking Woodstock - 2,0 (Kim, Jensen)
Antichrist - 1,6 (Jensen)
Spring Fever - 1,6 (Schulz-Ojala)
Kinatay - 1,2 (Schulz-Ojala, Foundas)

Die Zahlen repräsentieren den durchschnittlichen Punkteschnitt der Wettbewerbsfilme, wobei vier Punkte die Höchstwertung darstellen. In Klammern stehen die Kritiker, die jeweils die freundlichste Wertung abgegeben haben.

18.49 Uhr
Eine anstrengende "Das weiße Band"-Pressekonferenz, in der fast immer alles auf Deutsch, Französisch und Englisch gesagt werden musste. Sie passt dennoch zu Tobias Kniebes "Inglourious Basterds"-Text, wo er schreibt: "Und im mindestens viersprachig perfekten Judenjäger Landa schließlich, einem 'linguistischen Genie' (Tarantino), verdichtet sich diese Idee noch mehr. Er lullt seine Opfer mit einer Konversation ein, die fast wie eine Art Hypnose funktioniert. Was sie aber sehen, wenn sie diesem Mephisto schließlich direkt ins Schlangenauge blicken? Es könnte durchaus eine reine Idee sein - die Idee des Bösen an sich." Haneke treibt den Leiter der Pressekonferenz in den Wahnsinn, spaßeshalber bietet dieser dem Österreicher das Abziehen seiner Haut an, wenn er das nicht alles übersetzen müsste. Und man erfährt, dass Peter Brunette, Kritiker des Hollywood Reporter, ein Buch über Michael Haneke fertiggeschrieben hat, was ihn aber nicht vor den Spitzen des Meisters bewahrt.

12.35 Uhr
Noch drei Tage Programm. Erste Reaktionen zu "Das weiße Band". Kritikerdarling bleibt "Un prophète". Genügend Anwärter auf die Schauspielerpreise gibt es auch. Christoph Waltz ("Inglourious Basterds") ist da der neue heiße Scheiß. Offen bleibt, wie die Jury wohl "Antichrist" einschätzen wird, ob Gaspar Noès "Enter the Void" den Erwartungen gerecht wird und wie die letzten Filme aufgenommen werden. Die letzten Länder: Frankreich, Palästina, Taiwan, Spanien.

0.25 Uhr
Meinen Frieden mit "Inglourious Basterds" insoweit gemacht, dass ich Todd McCarthy (Variety) auf Knien danke, dass er zu den Befürwortern gehört. Wenn mir eine englischsprachige Meinung wichtig war, dann diese. Die Cannes-Premiere wurde kein absoluter Supergau, so wie es mein Bauchgefühl ankündigte, wenn auch die Gelegenheit von einigen nicht ungenutzt blieb, mit Harvey Weinstein und Tarantino abzurechnen, nachdem sie es sich bei "Death Proof" nicht rechtzeitig getraut hatten. Freue mich jetzt auf die hoffentlich noch zahlreich folgenden Interviews der Crew. Was ich schon mal spannend fand: In der großen, hitzigen Pressekonferenz erzählte Melanie Laurent, dass ihr Tarantino viele Danielle Darrieux-Filme zeigte und Diane Kruger, dass sie ihre Filmdiva unter anderem an Hildegard Knef angelehnt hat. Tarantino dachte bei Bridget von Hammersmarck hauptsächlich an die gebürtige Budapesterin Ilona Massey ("Invisible Agent", "Frankenstein Meets the Wolfman").

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