Sonntag, 15. Oktober 2017
Negative-Space-Preise des Filmfests Hamburg 2017
Der Werner-Hochbaum-Preis für den besten Film geht an:
  • „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“
    (Martin McDonagh)

© Twentieth Century Fox of Germany
Der Eberhard-Schroeder-Preis für die beste Regie geht an:
  • Frederick Wiseman („Ex Libris: New York Public Library“)

© Don Pollard / The New York Public Library
Der Rod-Taylor-Preis für den besten Darsteller geht an:
  • Willem Dafoe („The Florida Project“)

© Prokino Filmverleih / Marc Schmidt
Der Ludivine-Sagnier-Preis für die beste Darstellerin geht an:
  • Sarah Adler („The Cakemaker“)

© Films Boutique
Der Richard-Fleischer-Preis für neue Perspektiven auf das Weltkino geht an:
  • Robin Campillo („120 BPM“)

© Salzgeber & Co. Medien GmbH
Der Brigitte-Lahaie-Preis für Sinnlichkeit geht an:
  • Laetitia Dosch („Jeune femme“)

© Be For Films
Der Amy-Nicholson-Preis für Kickass Cinema geht an:
  • „Babylon Berlin“
    (Tom Tykwer, Henk Handloegten & Achim von Borries)

© X Filme Creative Pool
Außerdem geht der Kimberly-Wallace-Preis für die beste Karaoke an Raffey Cassidy, die in „The Killing of a Sacred Deer“ ihre Version von Ellie Gouldings „Burn“ singt. Und der Regisseur John Carroll Lynch erhält für „Lucky“ den Preis des besten Johnny-Cash-Song des Festivals („I See a Darkness“).

Die zehn besten Filmfest-Hamburg-Filme 2017 (alphabetisch)

* 120 BPM (Robin Campillo)
* L'AMANT DOUBLE (François Ozon)
* BABYLON BERLIN (Tykwer, Handloegten & von Borries)
* THE CAKEMAKER (Ofir Raul Graizer)
* EX LIBRIS: NEW YORK PUBLIC LIBRARY (Frederick Wiseman)
* THE FLORIDA PROJECT (Sean Baker)
* JEUNE FEMME (Léonor Serraille)
* THE KILLING OF A SACRED DEER (Yorgos Lanthimos)
* MRS. FANG (Wang Bing)
* THREE BILLBOARDS OUTSIDE EBBING, MISSOURI
(Martin McDonagh)

Link: - Negative-Space-Preise Berlinale 2017

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Mittwoch, 11. Oktober 2017
Rangliste Filmfest Hamburg 2017

Cinemaxx am Dammtor | © Filmfest Hamburg / Cordula Kropke
Unser Blog Negative Space war zum ersten Mal auf dem Filmfest Hamburg vertreten, das vom 5. bis 14. Oktober stattfand. Wenn auch die Anreise aufgrund des Orkans Xavier schwierig bis stürmisch verlief, kann der Besuch des Filmfests insgesamt als großer Erfolg gewertet werden. Das Filmfest Hamburg ist das deutsche Festival, was es zu besuchen gilt, wenn man zeitnahe an diversen Attraktionen der beiden bedeutendsten Herbstfestivals in Venedig und Toronto interessiert ist.

Hier lief praktisch einem Monat nach seiner Weltpremiere in Venedig der wundervolle Oscar-Kandidat „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“. Auch die am Lido begeistert gefeierte Frederick-Wiseman-Dokumentation „Ex Libris: New York Public Library“ war im Hamburger Programm vertreten. Die Macher haben eine anregende Mischung aus Filmen der internationalen Festivals von Sundance, Rotterdam, Cannes, Locarno, Karlovy Vary und Toronto hinbekommen. Besonders angetan waren wir von der französischsprachigen Sektion Voilà!: Mit „Jeune femme“, „120 BPM“ und „L'amant double“ aus Cannes sind gleich drei Sektionsvertreter unter unseren Lieblingsfilmen des Filmfests gelandet.
Exklusive Filmtitel rar gesät
Kritischer kann man auf die Weltpremieren zurückblicken, die Hamburg aufgeboten hat. Das Filmfest ist kein A-Festival mit internationalem Wettbewerb, sondern ein Filmstaubsauger, der die Highlights der größeren Festivals einsammelt. Exklusive Filmtitel musste man schon sehr genau suchen. Fand man sie aber beispielsweise im russischen Film „Mathilde“ oder im deutschen Film „Es war einmal Indianerland“, waren sie wie im ersteren Fall sehenswert oder wie im letzeren Fall ärgerlich. Vielleicht müsste man da, ähnlich wie es das Filmfest München in den vergangenen Jahren sehr gut gemacht hat, einheimischen Talenten eine besonders attraktive Plattform geben. Richtig spannende deutsche Filmprojekte haben wir im Angebot eher vermisst. Dafür punktete das Filmfest weiter mit sehr freundlichen Mitarbeitern, einer entspannten Atmosphäre und nicht überlaufenen Pressevorführungen.

Es folgen die Twitter-Kurzbesprechungen, die Negative Space während des Filmfests geschrieben hat. Im Blog sind sie aber jetzt in eine wertende Reihenfolge gebracht und inhaltlich teils deutlich ergänzt worden:

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★★★★★ (Meisterwerk)

THREE BILLBOARDS OUTSIDE EBBING, MISSOURI: Ein waschechtes Meisterwerk des Hollywood'schen Erzählkinos. Ich habe gelacht und geweint. Regisseur und Drehbuchschreiber Martin McDonagh („In Bruges“) hat das Wunder vollbracht, eine erinnerungswürdige Szene an die nächste zu reihen – und sich noch langsam dabei zu steigern. Lest nichts über den Inhalt!

EX LIBRIS: NEW YORK PUBLIC LIBRARY: Ein fast 200-minütiger Doku-Monolith über die öffentliche Bibliothek New Yorks, die den Trip nach Hamburg allein schon wert war. Frederick Wiseman erzählt von einer Vorzeige-Institution der Aufklärung in all ihren Facetten: Es reicht von einem launigen Q & A mit Elvis Costello, der mit einer Greil-Marcus-Kritik konfrontiert wird, bis zu Internetkursen für sozial Benachteiligte und Weiterbildungen für Blinde. Die Doku zeigt die weit verzweigten Verästelungen der New Yorker Bibliothek in die Gesellschaft und feiert Bildung als höchstes Gut und geistiges Menthol für die Menschheit. Wissen ist Macht und „Ex Libris“ ein dokumentarisches Meisterstück, das nie langweilig wird.

„L'amant double“ | © Mandarin Production / Jean Claude Moireau
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★★★★½ (Meisterlich)

JEUNE FEMME: Ein vor französischer Lebensfreude übersprudelnder Selbstfindungstrip der 31-jährigen Paula in Paris. Eine magische, fast süchtigmachende Filmerfahrung. Paula wird von ihrem wohlhabenden Künstlerfreund vor die Tür gesetzt. Fortan muss sie wieder auf eigenen Füßen stehen, eine Unterkunft und Arbeit finden. Hauptdarstellerin Laetitia Dosch zuzuschauen, wie sie sich lustvoll leidend freistrampelt, ist der wahre Genuss des Films. Es gab in den vergangenen Jahren zahlreiche tolle Selbstfindungstrips junger Frauen auf der Leinwand zu bewundern („Frances Ha“, „Baden Baden“, „Dora oder die sexuellen Neurosen unserer Eltern“). Aber französischer und sinnlicher als „Jeune femme“ war keiner.

BABYLON BERLIN: Die ersten beiden Episoden auf großer Leinwand aneinandergeschnitten, als seien sie ein richtiger Film. Sie sind mehr als das: Sie sind verheißungsvoll, appetitmachend und episch. Tom Tykwer ist endlich zurück. Ich liebe das Casting (Volker Bruch, Liv Lisa Fries), wie historische Persönlichkeiten (Adenauer, Trotzki) in die Geschichte eingebunden sind und die Weimarer Republik zum Leben erweckt wurde. Die morbid-laszive Nachtklub-Musiknummer „Zu Asche, zu Staub“ von Severija Janusauskaite wird mit Sicherheit in die Fernsehgeschichte eingehen.

THE FLORIDA PROJECT: Es ist ein Drahtseilakt, Filme über soziale Brennpunkte zu drehen und sie nicht schlicht einer Zirkusattraktion gleich auszubeuten. Dieser Balanceakt gelingt Regisseur Sean Baker in einem Apartmentkomplex mit Billigwohnungen nahe Disney World, wo die jungen Protagonisten Monnee, Jancey und Scooty mit ihren Eltern die Sommerferien durchleben. Weil der Film wundervoll konsequent auf Augenhöhe mit seinen Protagonisten bleibt, funktioniert es. So ist es ein Sommer, der wegen schmerzhafter Veränderungen, aber auch Eis auf dem Lobbyfußboden, Spucke auf der Windschutzscheibe und nicht eingepackten Brüsten am Swimming Pool erinnert wird. Eine Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller ist das Mindeste, was Willem Dafoe für seine Rolle als liebenswerter Manager Bobby erwarten kann. In seinem Wesen ist viel angelegt, was den Menschen menschlich macht. Eine unglaublich warme, nur scheinbar unspektakuläre Performance.

120 BPM: Stark nachwirkendes, hypnotisches Porträt der mutigen Aktivistengruppe Act Up Paris, die Ende der 1980er-Jahre über AIDS aufklärte. Die Verbindungslinie zwischen Sex und Tod ist vielleicht nie zwingender und eindringlicher inszeniert worden. Der Gewinner des Großen Preis der Jury in Cannes ist auch Frankreichs Oscar-Kandidat. „120 Beats Per Minute“ ist ebenso eine feine Ansammlung einiger der spannendsten französischsprachigen Schauspieltalente der jungen Generation: Nahuel Pérez Biscayart, Arnaud Valois, Adèle Haenel und Antoine Reinartz.

L'AMANT DOUBLE: Sehr erotischer und abgründiger Psychothriller, der extrem unterhält. François Ozon in Bestform und auf den Spuren Brian De Palmas, was Splitscreens, Doppelgänger-Motive und nackte Haut angeht. Der Film taucht tief in die Psyche und damit in die sexuellen Fantasien von Chloé Fortin ab, die eine Affäre mit dem Zwillingsbruder ihres Freundes beginnt. Unheimlich dicht inszeniert. Fühlt sich leicht wie eine Fingerübung an, verlangt seinen Hauptdarstellern wie Marine Vacth aber körperlich und schauspielerisch alles ab.

THE KILLING OF A SACRED DEER: Wahnsinnig unangenehmer, beunruhigender Film. Praktisch das Alte Testament ohne Gott. Ich grüble noch.

THE CAKEMAKER: Deutsch-israelisches Crying Game. Sarah Adler: erste Kandidatin für einen Hauptpreis. Bester Filmkuss des Jahres.

MRS. FANG: So möchte man sterben. Oder nicht. Im Kreis der Familie. An Alzheimer. Wang Bings Doku schaut genau hin, wahrt aber Würde.

„Battle of the Sexes“ | © Twentieth Century Fox of Germany
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★★★★ (Herausragend)

LICHT: Stark. Vielschichtiges Künstlerporträt über Menschenwürde in Mozarts Vienna – mit einer zum Niederknien guten Maria Dragus.

CRASH TEST AGLAÉ: Charmantes Roadmovie aus Frankreich im Wes-Anderson-Stil. Für ein Debüt beachtlich. Éric Gravel ist vorgemerkt.

BATTLE OF THE SEXES: Unterhaltsames Oscarmaterial (Emma Stone!) über ein Tennis-Showmatch der 1970er, das für Gleichstellung wirbt.

THE RIDER: Simpel gestricktes Charakterporträt eines gebrochenen Rodeoreiters. Bewegend, weil authentisch. Aufregende Dressurszenen.

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★★★½ (Sehenswert)

MATHILDE: Altmodisches, opulentes Kostümkino über den letzten Zaren Nikolaus. Mochte ich. Schön, Michalina Olszanska wiederzusehen.

LUCKY: Hommage an die Legende Harry Dean Stanton. Nicht ohne Makel (David Lynch), aber so entwaffnend nah dran und würdevoll.

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★★★ (Brauchbar)

COCOTE: Sehr viele Gebete & Geschrei. Aber eine audiovisuelle Wucht aus der Dominikanischen Republik. Etwas für die Härtesten der Harten unter den Cineasten. Ein christlicher Gärtner kehrt in die Heimatstadt zurück, um den Tod seines Vaters zu betrauern. Familienmitglieder drängen ihn zu einem Racheakt gegen den örtlichen Gangsterchef. Auf 16mm gedreht, teils schwarzweiß, teils atemberaubende 360-Grad-Kamerabewegungen und tolle Arbeit mit Klangteppichen, die aus späteren Szenen bereits in die aktuelle Szenerie ragen und sie so verfremden.

„Submergence“ | © NFP Marketing & Distribution*
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★★½ (Ansätze)

SUBMERGENCE: Alicia Vikander und James McAvoy gerne beim Turteln zugeschaut. Aber dann muss Wim Wenders Terrorismus bekämpfen. Schade.

LOVE BIRDS: Unspektakuläres Nackidei-Filmchen aus Israel, das trotz gerade mal 70 Minuten viel über Längen zu erzählen weiß.

BEACH RATS: Sundance-Film über sexuelle Selbstfindung, dem das Alleinstellungsmerkmal fehlt. Dickinson sieht aus wie Fernando Torres.

NUR GOTT KANN MICH RICHTEN: Auweia! Die Unlogik der Figuren schmerzt. Nur in der Action ganz in seinem Element. Schade um Frankfurt!

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★★ (Anstrengend)

ES WAR EINMAL INDIANERLAND: Die deutsche Romanverfilmung über einen jungen Boxer gibt sich alle Mühe, gehasst zu werden. Die wirr vor- und zurückgespulte Geschichte ist auf eine anstrengende Art kindisch verspielt, weil der Film die nervöse Aufmerksamkeitsspanne eines Fünfjährigen besitzt. Der Boxer steht zwischen zwei Frauen, einem egalen Wettkampf, auf den das Ganze motivationslos zustrebt, einem durchgeknallten Vater und einem noch durchgeknallteren besten Freund. Irgendwie taucht auch Bjarne Mädel in unterschiedlichen Rollen auf, was mit David Foster Wallace zu tun hat. Eingebildete Indianer und ein Flower-Power-Fest in Osteuropa gibt es auch. Alles ein bisschen schade, weil bei den hölzernen Dialogen doch gute Techniker hinter der Kamera gearbeitet haben und Schauspieltalente (Emilia Schüle, Clemens Schick) vor der Kamera für einen besseren Film da gewesen wären.

THE FIRST LAP: Das ist ein superzäher koreanischer Beziehungsfilm, dem die Leichtigkeit eines Auteur-Vorbilds wie Hong Sang-soo völlig abgeht. Ein Paar besucht seine Eltern. Schmerzhaft entschleunigte, starr gefilmte Gesprächszenen werden aneinander gereit. Der Erkenntnisgewinn bleibt indes bescheiden: Konservative Eltern machen Druck, was Hochzeit und potenzielle Kinder des seit Jahren zusammenlebenden Paares angeht. Im Hintergrund der Tristesse köchelt der gesellschaftliche Protest gegen die koreanische Präsidentin Park Geun-hye, die 2017 wegen Korruptionsvorwürfen ihres Amtes enthoben wurde.

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Donnerstag, 28. September 2017
Galapremiere für Bleibtreu-Gangsterfilm „Nur Gott kann mich richten“

„Nur Gott kann mich richten“ mit Moritz Bleibtreu und Edin Hasanovic | © Constantin Film Verleih
„Nur Gott kann mich richten“ von Özgür Yildirim feiert am 7. Oktober in einem Special Screening seine Deutschlandpremiere beim 25. Filmfest Hamburg.

Nach seinem soliden, harten Gangsterfilmdebüt „Chiko“ hat der Hamburger Regisseur und Drehbuchautor Özgür Yildirim erneut einen Gangsterfilm fürs Kino inszeniert. Erzählt wird die Geschichte von Ricky (Moritz Bleibtreu), der nach einem missglückten Überfall für seinen Bruder Rafael (Edin Hasanovic) und Kumpel Latif (Kida Khodr Ramadan) ins Gefängnis geht. Latif möchte sich bei Ricky für seine Zeit im Knast erkenntlich zeigen und bietet ein scheinbar sicheres letztes Ding an, mit Aussicht auf viel Geld.

Der Constantin-Film „Nur Gott kann mich richten“ ist im Frankfurter Gangstermilieu angesiedelt. Mal sehen, ob Yildirim mit deutschen Klassikern wie „Zinksärge für die Goldjungs“, „Blutiger Freitag“, „In Frankfurt sind die Nächte heiß“, „Vulkan der höllischen Triebe“ oder „Frankfurt Kaiserstraße“ mithalten kann. Die Besetzung mit Moritz Bleibtreu, „4 Blocks“-Durchstarter Kida Khodr Ramadan, Birgit Minichmayr, Peter Simonischek („Toni Erdmann“) und Alexandra Maria Lara ist jedenfalls sehr hochkarätig. Das Werk, das am 25. Januar 2018 offiziell im Kino startet, wird seine Deutschlandpremiere in Anwesenheit des Regisseurs und seiner Hauptdarsteller am 7. Oktober in Hamburg feiern. Das hat das Filmfest heute bekannt gegeben. Die Weltpremiere ist am 1. Oktober auf dem Festival in Zürich.

Der Filmblog Negative Space wird das Filmfest Hamburg berichtend begleiten. Das Filmfest zeigt vom 5. bis 14. Oktober in seinem 25. Jubiläumsjahr 130 Filme in elf Sektionen aus 59 Ländern.

Link: - Geheimtipps für das Filmfest Hamburg?

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Dienstag, 26. September 2017
Perfect 10 – Die aktuellen Oscar-Favoriten

Greta Gerwigs Regiedebüt „Lady Bird“ mit Saoirse Ronan | © A24

Immer mehr Favoriten bilden sich im Oscarrennen heraus. Erstaunlich, wie sympathisch, anregend und erfrischend die Filme daherkommen. Einen richtigen Frontrunner gibt es noch nicht. Ein kurzer Blick in die Glaskugel von Michael Müller

Gefühlt gibt es unzählige Oscarblogs. Jedes Fachmagazin hat mittlerweile seinen Oscar-Experten. Über die Jahre entwickelt man selbst Präferenzen und Aversionen. Am liebsten habe ich lange Zeit die Podcasts von Jeffrey Wells (Hollywood Elsewhere) und Sasha Stone (AwardsDaily) gehört. Beides sind sie Alphatierchen in der Szene, die sich über eine unterschiedliche sexuelle Präferenz in die Haare bekamen. Das Traumduo zerbrach. Das andere Lieblingsgespann hieß Anne Thompson (indieWIRE) und Kris Tapley (Variety). Alle vier sind größer denn je ins Oscar-Business verstrickt.

Meine Erfahrung ist allerdings: Umso kontinuierlicher man ihrer Berichterstattung folgt, umso weniger Spaß hat man letztlich bei den Oscars, weil man praktisch alles vorher weiß. Als ich auf Abstand zu den Experten gegangen bin, fand ich den exzellenten Awards Chatter Podcast von Scott Feinberg. Der ist natürlich auch ein wahnsinniger Oscar-Nerd. Aber im Podcast spricht Feinberg mehr mit potenziellen Kandidaten, als dass er sie zu Tode analysiert. Da wir uns aktuell aber in einem so frühen Stadium des Oscarrennens befinden, muss ich sagen, dass ich jetzt sehr viel Spaß mit seiner ersten Oscar-Vorhersage beim Hollywood Reporter hatte.
Eine Liste wie die eigene Wunschvorstellung
Das mag daran liegen, dass sich unter Feinbergs Favoriten in der Best Picture-Kategorie hauptsächlich Filme befinden, die ich selbst im Blog frühzeitig vorhergesagt habe („Dunkirk“, „Call Me by Your Name“, „The Shape of Water“); oder es sind Filme auf der Liste, die ich selbst sehr schätze („Get Out“, „Wonder Woman“); oder es stehen Filme unter den ersten zehn, die ich auf dem Filmfest Hamburg sehen will („The Florida Project“, „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“, „Battle of the Sexes“); oder es ist das Regiedebüt der verehrten Greta Gerwig („Lady Bird“).

Zum jetzigen Zeitpunkt mutet die Feinberg-Liste wie meine eigene Wunschvorstellung an: Die liebste Mumblecore-Darstellerin, die durch die Filmindustrie stolperte, landet mit ihrem Regiedebüt direkt einen Homerun; ein meisterhafter Horrrorfilm über Vorurteile und Rassismus wird noch ernsthaft für den Oscar gehandelt; der beste Film des Jahres („Call Me by Your Name“) scheint auch gewürdigt zu werden. Da wird sich sicherlich bis Dezember noch einiges verschieben, aber mir gefällt diese Momentaufnahme sehr.

Favoriten:

* Dunkirk (Christopher Nolan)
* The Shape of Water (Guillermo del Toro)
* Darkest Hour (Joe Wright)
* The Florida Project (Sean Baker)
* Lady Bird (Greta Gerwig)
* Three Billboards Outside Ebbing, Missouri (Martin McDonagh)
* Get Out (Jordan Peele)
* Battle of the Sexes (Jonathan Dayton & Valerie Faris)
* Call Me by Your Name (Luca Guadagnino)
* The Big Sick (Michael Showalter)

Verfolger:

* Detroit (Kathryn Bigelow)
* Molly's Game (Aaron Sorkin)
* Okja (Bong Joon-ho)
* I, Tonya (Craig Gillespie)
* Wonder Woman (Patty Jenkins)
* War of the Planet of the Apes (Matt Reeves)

Was noch kommt (Auswahl):

* The 15:17 to Paris (Clint Eastwood)
* Blade Runner 2049 (Denis Villeneuve)
* Last Flag Flying (Richard Linklater)
* The Meyerowitz Stories (Noah Baumbach)
* Phantom Thread (Paul Thomas Anderson)
* The Post (Steven Spielberg)
* Star Wars: The Last Jedi (Rian Johnson)
* Wonder Wheel (Woody Allen)

Link: - Scott Feinbergs komplette Vorhersage

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Montag, 25. September 2017
Filmen beginnt im Kopf – und in 3D

Ein Blick in die Zukunft | © Rote Mütze Video Produktion

Wie planen Hollywoodstudios ihre Großproduktionen digital? Und ist dieses technische Equipment auch für deutsche Filme erschwinglich? Ein Beitrag von Jörn Schumacher

Für manchen Regisseur wäre es schön, wenn er eine Szene schon einmal virtuell durchgehen könnte, bevor er ans Eingemachte geht und für den Dreh seine Schauspieler holt und die Kamera, die Lichter und Mikrofone aufstellt. In der Tat machen das bereits einige Filmemacher. Für die „Previs“ (der „Previsualization“) bieten mittlerweile Studios die Möglichkeit an, eine Szene virtuell im Computer aufzubauen, um in der digitalen Welt zu sehen, wie sie nachher im Film wirken wird.

Die Universität Bremen forscht im Projekt „first.stage“ an einem solchen System. Der Vorteil: Ihr Equipment ist deutlich günstiger als das der Hollywoodstudios, und ein Film- oder auch Theater-Regisseur kann schon in wenigen Minuten Einarbeitungszeit lernen, damit umzugehen. Wir haben das Technologiezentrum Informatik und Informationstechnik der Universität Bremen (TZI) besucht und uns den ersten Prototypen angesehen. Das Ergebnis sehr ihr oben im Video.

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Samstag, 23. September 2017
Geheimtipps für das Filmfest Hamburg
„People Power Bombshell: The Diary of Vietnam Rose“ | © Peliculas Los Otros
Von wieder ausgegrabenen philippinischen Erotikklassikern und russischen Endlos-Titeln als Empfehlung: Michael Müller stellt seine fünf Geheimtipps für das Filmfest Hamburg (5.-14.10.) vor.

Das ist ein Beitrag, der sich an den cineastischen Gourmet unter den Filmfans richtet. Es gibt natürlich offensichtliche Kandidaten, die ins Auge springen, wenn man das Filmfest Hamburg im Oktober besucht. Hier soll es aber nicht um Hollywood und potenzielle Oscarkandidaten wie „Battle of the Sexes“, Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ oder „The Florida Project“ gehen. Die hat man sowieso auf der Liste, wenn man sich für das aktuelle Kino interessiert. Es geht auch nicht um die bereits sehr geschätzten Auteurs wie Yorgos Lanthimos, François Ozon oder Tom Tykwer. Hier soll es um eine Handvoll Geheimtipps für das Festival in der Hansestadt gehen, die nach einem ersten intensiveren Studiums des Programms hängen geblieben sind.

„Cocote“
(Nelson Carlo de los Santos Arias)

In der aktuellen Oktober-Ausgabe des britischen Sight & Sound-Magazins hat der Kritiker Kieron Corless einen Rückblick auf das Festival von Locarno gewagt. Darin schwärmt er in den schillerndsten Farben von „Cocote“. Die westernartige Rachegeschichte aus der Dominikanischen Republik war sein Lieblingsfilm. Es geht um den evangelikalen Gärtner Alberto, der in seine Heimatstadt Santo Domingo zurückkehrt, weil sein Vater ermordet wurde. Corless schreibt: „Ein Film, der Moral und Gewalt, religiöse Rivalitäten und Rituale, Sprache und Identität untersucht. Mit seiner thematischen Fülle überwältigt er den Zuschauer durch seine kraftvolle, ursprüngliche und körperliche Erzählkraft.“

„People Power Bombshell: The Diary of Vietnam Rose“
(John Torres)

Ein echtes Kuriosum des Programms: Es gab das unvollendete philippinisches Erotikdrama „The Diary of a Vietnam Rose“ aus dem Jahre 1986. Dann brach der Aufstand gegen die Marcos-Diktatur aus und das Filmmaterial verschwand. 30 Jahre später fand es der philippinische Independent-Regisseur John Torres wieder und drehte den Film fertig. Allein die Art und Weise, wie Torres das mit Interviewschnipseln der alten Darsteller und neu gedrehten Szenen gemacht hat, klingt bereits atemberaubend. Über den logistischen Akt hinaus schaut „People Power Bombshell“ aber auch wie einer der quintessentiellen Filme unserer retrogerichteten Zeit aus.

„What Will People Say“
(Iram Haq)

Auf den ersten Blick erscheint die Geschichte von „What Will People Say“ altbekannt: Eine junge pakistanischstämmige Frau lebt in Norwegen in zwei Welten, konservativ in der Familie, liberal unter ihren Freunden. Das führt zu einem unvermeidlichen Konflikt. Aber Kritiker wie indieWIREs Eric Kohn, die dem Film in Toronto eine Chance gegeben haben, waren begeistert. Der Trailer sieht danach aus, als ob Regisseurin Iram Haq sehr genau wusste, was sie da macht. Außerdem soll Hauptdarstellerin Maria Mozhdah fantastisch sein.

„How Viktor 'the Garlic' Took Alexey 'the Stud' to the Nursing Home“
(Alexander Hant)

Manche Filme müssen aufgrund ihrer Titel gesehen werden, um die Originalität oder den Größenwahn zu überprüfen, welcher die Regisseure bei der Produktion befeuerte. Dieses überdreht klingende russische Roadmovie über eine Familienzusammenführung der gröberen Art hat zusätzlich den Großen Preis der Jury in Karlovy Vary gewonnen. Das tschechische Karlovy Vary, auch bekannt als Karlsbad, ist für mich sowieso ein ganz eigener Mythos. Das Festival sollte ursprünglich hinter Venedig und Cannes das große europäische A-Festival werden, bevor die Berlinale dazwischen grätschte. Der serbische Gewinner des Spezialpreises der Jury in Karlovy Vary, „Men Don't Cry“, läuft auch in Hamburg.

„Love Birds“
(Dover Kosashvili)

Wenn es um israelische Filme auf dem Filmfest Hamburg geht, wäre „The Cakemaker“ die naheliegendere Option, weil der bereits ein Crowdpleaser auf Festivals war. Den will ich auch sehen, weil ich eine Schwäche für das israelische Kino entwickelt habe. Aber noch etwas spannender finde ich „Love Birds“ von Dover Kosashvili, der ein länger verheiratetes Paar zeigt, bei dem die Liebestraditionen nicht mehr so recht funktionieren wollen. Das Filmfest Hamburg schreibt von einem Film mit „sinnlicher Stimmung und von seltener Intimität“.

Der Filmblog Negative Space wird das Filmfest Hamburg berichtend begleiten. Das Filmfest zeigt vom 5. bis 14. Oktober in seinem 25. Jubiläumsjahr 130 Filme in elf Sektionen aus 59 Ländern.

Link: - Filmfestprogramm komplett, - Lido-Weltpremieren

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Dienstag, 19. September 2017
Filmfest Hamburg komplettiert starkes Programm

Filmfest-Oscartipp „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ | © Twentieth Century Fox of Germany
Wer braucht schon Fatih Akin, wenn er aus dem Vollen des Weltkinos schöpfen kann? Das Filmfest Hamburg (5.-14.10.) hat heute sein komplettes Programm veröffentlicht.

Fatih Akin kommt nicht. Der Sohn der Stadt, den das Filmfest Hamburg mit groß gemacht hat, als es in den 1990er-Jahren seinen Debütfilm „Kurz und schmerzlos“ zeigte. Der Regisseur von internationalem Rang, der 2014 den Douglas-Sirk-Ehrenpreis auf dem Festival überreicht bekam. Der Mann, der mit seinem neuen Film „Aus dem Nichts“ Deutschland im Oscar-Rennen vertritt. So heißt es in jeder übernommenen Meldung der Deutschen Presse-Agentur zur heutigen Veröffentlichung des vollständigen Filmfestprogramms. Bei solch einem großen Auteur sagt man natürlich nicht Nein. Aber selbst wenn „Aus dem Nichts“ als Gala-Premiere mit Hauptdarstellerin Diane Kruger gezeigt worden wäre, hätten die filmischen Highlights anders geheißen. Ein bisschen weniger Blitzlichtgewitter auf dem Roten Teppich schadet gar nicht, weil die Organisatoren ein tolles, spannendes Programm zusammengestellt haben.

Zu den bislang noch nicht bekannten Highlights des Filmfestes zählen Yorgos Lanthimos' dunkle Satire „The Killing of a Sacred Deer“, die 197-minütige Frederick-Wiseman-Doku „Ex Libris: New York Public Library“, der umfeierte Martin-McDonagh-Film „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ mit Frances McDormand (Bild) und die Claude-Lanzmann-Doku „Napalm“. Die 91-jährige Dokumentarfilm-Legende Lanzmann („Shoah“, „Der Letzte der Ungerechten“) wird persönlich nach Hamburg kommen.
Exquisite französischsprachige Sektion
Der erste Eindruck der kuratierenden Hand ist ein starker: Hier wurde aus den bedeutenden internationalen Festivals wie Rotterdam, Locarno, Venedig und Toronto sorgfältig ausgewählt. Das zeigt sich etwa an der französischsprachigen Sektion Voilà!: Darin laufen unter anderen der französische Oscar-Kandidat „120 BPM“, François Ozons Thriller „L'Amant Double“, der Cannes-Geheimtipp „Jeune Femme“ (aka „Montparnasse Bienvenue“), Guillaume Canets lustvoller Publikums-Hit „Rock'n Roll“ und Denis Côtés Muskelmänner-Doku „A Skin So Soft“. Allein mit dieser Reihe wäre man cineastisch für eine Woche abgedeckt und würde beschwingt abreisen. Und dabei sind potenzielle Entdeckungen wie die kanadische Bestseller-Verfilmung „Worst Case, We Get Married“ und das anarchische Roadmovie „Crash Test Aglaé“ noch gar nicht mit eingerechnet.
„Babylon Berlin“ & Lars Eidinger auf Russisch
Aber gerade auch bei deutschen Filmen sind Entdeckungen zu machen: Das gilt für die Weltpremiere von „Es war einmal Indianerland“ mit Emilia Schüle oder die Premiere auf großer Leinwand für die TV-Megaproduktion „Babylon Berlin“ von Tom Tykwer. Die ersten beiden Folgen werden gezeigt. In Hamburg gibt es Barbara Alberts Kostümfilm „Licht“ mit Shootingstar Maria Dragus gleich nach seiner Weltpremiere in Toronto zu bewundern. Und wer Lars Eidinger als Thronfolger Nikolaus Russisch parlieren sehen will, kann das bei der Weltpremiere von „Mathilde“ tun. Rapper Sido spielt im TV-Film „Eine Braut kommt selten allein“ und Jürgen Vogel ist „Der Mann aus Eis“, ein Urzeitmenschen-Abenteuer, das in Locarno fast ohne Dialoge für seine visuelle Ausdruckskraft gefeiert wurde.

Weiter machen könnte man mit Produktionen, die besonders kuriose Titel tragen. Als da wären die deutsche Komödie „Fühlen Sie sich manchmal leer und ausgebrannt?“, die auf dem Filmfest München gute Kritiken bekommen hat. In Hamburg läuft aber auch der russische Film „How Viktor 'The Garlic' Took Alexey 'The Stud' to the Nursing Home“ oder der Schweizer Essay-Film „Die Gentrifizierung bin ich: Beichte eines Finsterlings“. Von gefeierten amerikanischen Produktionen wie „The Florida Project“, „Battle of the Sexes“ und „The Rider“ oder der verheißungsvollen Sektion Asia Express (z. B. der philippinische Thriller „Town in a Lake“ oder der Gewinner des Goldenen Leoparden in Locarno, Wang Bings Alzheimer-Doku „Mrs. Fang“) ganz zu schweigen. Dazu haben sich angenehmerweise auch zahlreiche südamerikanische Filme in das Programm „eingeschmuggelt“. Auch ohne Fatih Akins „Aus dem Nichts“ wird das garantiert ein sehr lohnenswerter Jahrgang.

Der Filmblog Negative Space wird das Filmfest Hamburg berichtend begleiten. Das Filmfest zeigt vom 5. bis 14. Oktober in seinem 25. Jubiläumsjahr 130 Filme in elf Sektionen aus 59 Ländern.

Links: - Programm nach Sektionen, - Lido-Weltpremieren, - Girl Power in Hamburg

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Freitag, 15. September 2017
US-Lieblingskritikerin Amy Nicholson schreibt für Variety

Amy Nicholson auf der San Diego Comic Con 2016 | Foto: Gage Skidmore, Wikimedia Commons (CC BY-SA 2.0)
Das Branchenblatt Variety hat einen klugen Schachzug getätigt: Es hat sich die Schreibkräfte der überaus talentierten Filmkritikerin Amy Nicholson gesichert.

Das Karriererad dreht sich bei amerikanischen Filmkritikern immer schneller: War meine US-Lieblingskritikerin Amy Nicholson gerade erst hochmotiviert zu den MTV News gewechselt, arbeitet sie seit dem 13. September offiziell für das Branchenblatt Variety. Wenn ich den Film Comment-Kritikerspiegel aufschlage, sind es eigentlich nur die Wertungen der früheren L.A. Weekly-Chefkritikerin, die mich richtig interessieren. Sie hat in der Szene eine originelle, sehr unterhaltsame Stimme, weil sie sich im Trash wie in der Hochkultur zu Hause fühlt. Es wird ein Fest werden, wenn Variety sie auf die internationalen Filmfestivals wie die Berlinale oder Cannes schickt.

Negative Space hatte erst im Februar auf der Berlinale den Amy-Nicholson-Preis für Kickass Cinema ins Leben gerufen. Erster Gewinner war die Genreperle „Tiger Girl“ von Jakob Lass. Im vergangenen Jahr setzte Nicholson Yorgos Lanthimos' Film „The Lobster“ auf Platz eins ihrer persönlichen Top Ten. Sie ist ein steter Quell an Inspiration für die eigene Filmauswahl, weil sie nicht nur auf ausgetretenen Pfaden unterwegs ist, sondern die gesamte Bandbreite des Kinos abdeckt.

Auch betreibt sie immer noch den sehr empfehlenswerten The Canon-Podcast, bei dem sie die Hörer abstimmen lässt, ob ein präsentierter Klassiker oder eine wiedergefundene Perle in den podcasteigenen Filmkanon eingehen soll. Ihr Co-Moderator Devin Faraci, der wegen der Anschuldigung der sexuellen Belästigung auf Twitter durch eine Frau aus dem Podcast ausgeschieden war, macht aktuell wieder Schlagzeilen: Weil der Alamo Drafthouse-Betreiber Tim League Faraci still und heimlich nach einem Jahr Pause wieder mit an Bord des Fantastic Fest genommen hat, verabschiedete sich der langjährige Mitarbeiter und Filmkritiker Todd Brown aus moralischen Gründen.

Links: - Nicholson bei Variety, - Liste 2016, - The Canon

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Donnerstag, 14. September 2017
Amerikanerin Harrington neue Leiterin des Deutschen Filminstituts

Ellen M. Harrington | © Deutsches Filminstitut
Claudia Dillmanns Nachfolgerin im Deutschen Filminstitut und dem Deutschen Filmmuseum in Frankfurt am Main ist gefunden: Die Amerikanerin Ellen M. Harrington kommt aus dem Umfeld der Academy Awards.

Ellen M. Harrington, derzeit Leiterin der Sammlungen am Academy Museum of Motion Pictures in Los Angeles, wird Direktorin des Deutschen Filminstituts in Frankfurt am Main. Die studierte Film- und Literaturwissenschaftlerin wird die Leitung des Instituts, zu dem auch das Deutsche Filmmuseum gehört, in Nachfolge von Claudia Dillmann zum 1. Januar 2018 übernehmen.

„Ich freue mich sehr, dass wir mit Ellen M. Harrington eine herausragend qualifizierte Direktorin gefunden haben und nach Frankfurt holen können“, sagte die Verwaltungsratsvorsitzende des Deutschen Filminstituts, Ina Hartwig, Kulturdezernentin der Stadt Frankfurt am Main: „Harrington bringt eine mehr als 20-jährige Erfahrung in einer der renommiertesten Filminstitutionen der Welt in ihre neue Position ein. Sie hat in allen für das Deutsche Filminstitut wesentlichen Bereichen – Archiv, Museum, Kino – in leitender Funktion gearbeitet. Ich bin überzeugt, dass das Deutsche Filminstitut samt Filmmuseum von ihrer Erfahrung profitieren wird, und freue mich sehr auf die Zusammenarbeit.“
And the Oscar goes to ...
Harrington arbeitet seit 1993 für die Academy of Motion Picture Arts and Sciences in Beverly Hills. Zuvor war sie für gemeinnützige Filminitiativen sowie in der Filmproduktion tätig. Sie war Direktorin für Ausstellungen und Filmveranstaltungen sowie Gründungsdirektorin des International Outreach Program der Academy, die auch die Oscars verleiht. Mit der Gründung des akademieeigenen Filmmuseums im Jahr 2013 wechselte sie als Direktorin für Ausstellungen und Sammlungen in den Planungsstab des Großprojektes und ist seit 2015 für Aufbau und Konzeption der Museumssammlung zuständig.

Im Lauf ihrer Karriere hat Harrington für die Academy und für Partnerinstitutionen rund 50 Filmausstellungen kuratiert sowie weitere 30 Ausstellungsübernahmen verantwortet. Sie hat außerdem für die Academy, für internationale Filminstitutionen und Festivals mehr als 500 Filmvorführungen realisiert, darunter Retrospektiven, Hommagen und Bildungsveranstaltungen. Mit dem Deutschen Filmmuseum arbeitete sie mehrfach zusammen, besonders intensiv im Rahmen der Ausstellung „And the Oscar goes to... 85 Jahre ‚Bester Film‘“, welche das Deutsche Filmmuseum 2012 in Frankfurt realisierte. Derzeit schließt Harrington in Zusammenarbeit mit dem Getty Museum ein großes Ausstellungsprojekt über lateinamerikanische Filmkultur der 1960er-Jahre bis in die Gegenwart ab.

Die polyglotte US-Amerikanerin, die fließend Französisch, Spanisch und Italienisch spricht, widmet sich in den kommenden Monaten zudem intensiv dem Erlernen der deutschen Sprache.

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Dienstag, 5. September 2017
Filmfest Hamburg: Frische Weltpremieren vom Lido

Der Neo-Noir „Angels Wear White“ | © 22 Hours Films
Das Filmfest Hamburg eröffnet mit dem Locarno-Crowdpleaser „Lucky“, der den 91-jährigen Harry Dean Stanton in der Hauptrolle hat. Dazu laufen frische Weltpremieren vom Lido.

Mit dem Film „Lucky“ von John Caroll Lynch wird am 5. Oktober in Anwesenheit des Regisseurs das 25. Filmfest Hamburg eröffnet. Weitere Programmhighlights kommen frisch aus dem Wettbewerb von Venedig: „Suburbicon“ von George Clooney und „Angels Wear White“ von Vivian Qu. Außerdem läuft der Film „Looking for Oum Kulthum“ von Shirin Neshat, der auch seine Weltpremiere am Lido feierte.

„Lucky ist ein zutiefst intimer und humorvoller Film über das größte aller Themen – über das Abschied nehmen. Damit hat er mein Herz gewonnen“, sagt Festivalleiter Albert Wiederspiel. Die Hauptrolle spielt die 91-jährige Hollywood-Legende Harry Dean Stanton („Straight Time“, „Paris, Texas“, „Pretty in Pink“). Erzählt wird die Geschichte des 90-jährigen Eigenbrötlers Lucky, der abgeschieden in der Wüste Arizonas lebt und nach einem Sturz feststellt, dass er unweigerlich am Ende seines Lebens angekommen ist. Mit „Lucky“ gibt der Schauspieler John Caroll Lynch sein Regiedebüt. Ihn kennt man optisch vor allem als treusorgenden Ehemann Norm von Frances McDormands Figur Marge Gunderson in „Fargo“. Der Film feierte seine Welturaufführung beim South By Southwest in Austin, Texas, und war beim Locarno Festival im August einer der Publikums- und Kritikerlieblinge.
Produzentin von „Black Coal, Thin Ice“ zurück
„Angels Wear White“ (Sektion: „Asia Express“) erzählt die Geschichte der zwölfjährigen Wen. Sie wird in einem Urlaubsort an der Südküste Chinas Opfer eines Verbrechens, welches die Hotelrezeptionistin Mia gesehen hat, die Tat aus Angst vor den Behörden jedoch verheimlicht. Das Filmfest Hamburg schreibt: „In ihrem Neo-Noir-Drama konzentriert sich die chinesische Regisseurin Vivian Qu auf die Perspektiven der komplexen weiblichen Figuren und liefert einen entlarvenden Blick auf patriarchale Strukturen.“ Es ist nach „Trap Street“ das zweite Werk der Chinesin, die Produzentin beim Berlinale-Gewinner „Black Coal, Thin Ice“ war. In Deutschland kennt man den wundervollen Neo-Noir eher unter dem Titel „Feuerwerk am hellichten Tag“.

„Suburbicon“ ist George Clooneys neueste Regiearbeit, für die er zusammen mit den Coen-Brüdern und mit Grant Heslov auch das Drehbuch schrieb. Nach einem Einbruch in seinem Haus, der tragisch endet, versucht Gardner Lodge (Matt Damon) zu retten, was zu retten ist. Zur gleichen Zeit wendet sich ein wütender Mob gegen eine farbige Familie. Der Film wird in Hamburg in der Sektion „Transatlantik“ gezeigt.

In ihrem Spielfilm „Looking for Oum Kulthum“ nähert sich die in Amerika lebende iranische Künstlerin Shirin Neshat der ägyptischen Sängerin Oum Kulthum, die als „Maria Callas des Orients“ gefeiert wird. Im Film ist es die iranische Künstlerin Mitra, gespielt von Hamburger Schauspielerin Neda Rahmanian, die ihren Traum wahrmacht und einen Film über ihr Idol Oum Kulthum realisiert. Der Film läuft in der Sektion „Freihafen“.

Das Filmfest Hamburg findet vom 5. bis 14. Oktober statt. Gezeigt werden über 120 neue Produktionen aus aller Welt.

Link: - Filmfest Hamburg 2017 in weiblicher Hand

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