Dienstag, 18. Mai 2010
Cannes-Ticker: 18. Mai
Und wenn eine gewisse Anzahl von Kritikern zusammengefunden hat, die einen Film herausragend findet, dann gibt es die Möglichkeit, der eine Nicht-Begeisterte zu sein, was Todd McCarthy bei Mike Leighs "Another Year" für sich in Anspruch genommen hat. Hier also die neue Herausforderung, Todd: Wohin man blickt, ob zu Time Out London, Sasha Stone (AwardsDaily), dem Briten Guy Lodge (InContention) oder Ioncinema, alle unbekannteren Kritiker, die schneller schießen, lieben über Twitter Abbas Kiarostamis "Certified Copy" mit Juliette Binoche. Ohne dabei zu vergessen, die ansonstige, angebliche Ablehnung des buhrufenden Publikums zu betonen. Rossellinis "Reise nach Italien" und Linklaters "Before Sunrise/Sunset"-Double sind die am häufigsten genannten Referenzpunkte.

Wer stottert: Mir fällt auf, dass es um Empire's Damon Wise ganz still geworden ist. Der englische Spezi für die Hollywood-Blockbuster und Mega-Superstars hat bisher, für seine Verhältnisse mikrige drei Blogeinträge geschrieben. Wenn es um Tarantino, Spielberg und Clooney geht, ist er immer ganz vorne dabei. Cannes 2010 bot ihm aber nur "Robin Hood", "Wall Street 2" und tja ... dann verließen ihn die Götter. Seinem Eintrag zu "Another Year" spendierte er aus lauter Langeweile nicht mal mehr ein Bild. Ähnlich sieht es zum Beispiel bei der Welt aus. Ebenfalls bisher ganze drei Artikel, zwei davon über "Robin Hood", der letztes Wochenende übrigens katastrophale Zahlen in den USA geschrieben hat.

Mark Kermode von der BBC hat einen schrecklichen Filmgeschmack, aber er kann sehr schnell reden und bildet sich viel auf seine Urteile ein, was sie wiederum unterhaltsam macht. Länger stand ein einziges Video online. Am Montag waren es dann plötzlich vier. Aber - und das muss man Mark Kermode zugute halten - er mochte Gregg Arakis "Kaboom", der einfach fantastisch aussieht. Irgendwo habe ich aufgeschnappt, dass der Film eine Mischung aus "Nowhere" und "Mysterious Skin" sein soll. Das würde passen: Bin Fan von Arakis Frühwerke wie "The Doom Generation", zähle aber auch besagten "Mysterious Skin" zu den Meisterwerken und liebe "Smiley Face".

Alan Jones hat immer noch nicht "Jerry Cotton" gesehen. Er wird ihn vielleicht nie sehen, dieser Lügner. Und vielleicht ist das besser für die Welt und "Jerry Cotton". Ich träume trotzdem weiter von der ganz großen teutonischen Entdeckung am Rande, bis der aller letzte Tag verstrichen ist. Bayonas erwähnte "The Impossible" stellte sich als der eigene Film des "Orphanage"-Regisseurs heraus, den er mit Ewan McGregor und Naomi Watts in Thailand drehen wird. Klingt interessant. Und Jones hat sich nicht vom Horror-Reifen "Rubber" bezirzen lassen. Bin gespannt, was er von "The Silent House" und dem französischen "The Pack" halten wird.

Der Branchendienst Blickpunkt:Film sucht verzweifelt Meisterwerke an der Croisette: Lobt den schwer verdaulichen "Biutiful" von Inarritu, mochte Leighs "Another Year", feiert ein bisschen Kitanos Rückkehr ins Gangstergenre und schließt ab mit seinem Highlight, Xavier Dolans "Heartbeats" ("Les amours imaginaires"), der an die Nouvelle Vague und Wong Kar-wai erinnere und vom Cannes-Publikum Standing-Ovations erfuhr. Der wundervolle, gerade mal einminütige Trailer, unterlegt vom schmachtigen Dalida-Cover des Cher-Songs "Bang Bang", bestätigt das voll und ganz.

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Danke übrigens für die Ticker, ist nahezu mein einziger täglicher Input aus Cannes, aber der reicht m.M. auch - wie würden es die Amerikaner sagen? Much appreciated!

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Wie würden die Amis sagen: You're welcome!

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