Samstag, 24. April 2010
Ufa Cinema - Wie geht's, wie steht's?
Damals hieß die Firma schlicht UFA und die Filme „Die Nibelungen“, „Der letzte Mann“ und „Der blaue Engel“. Heute heißt das Ganze Ufa Cinema und die Filme „Teufelskicker“, „Hanni und Nanni“ und „Tauben auf dem Dach“. Schon eine ziemlich unfaire Gegenüberstellung der Programme, ich weiß, da die legendäre UFA der zwanziger und dreißiger Jahre auch hauptsächlich Unterhaltungsware ausstieß, die heute längst vergessen ist. Und die Kinolinie Ufa Cinema, hinter der der Bertelsmann-Konzern, Europas größtes Medienunternehmen, steht, hat sich schließlich gewaltige Ansprüche und Ziele gesetzt. Ufa-Chef Wolf Bauer will gemeinsam mit dem Teamworx-Tandem Nico Hofmann und Jürgen Schuster sowie dem legendären ehemaligen Filmvorstand der Constantin, Thomas Friedl, ab kommenden Jahr pro Saison acht bis zehn Kinoproduktionen stemmen. Weitere Zahlen: Die Budgets sollen durchschnittlich von vier bis zu fünfzehn Millionen Euro reichen. Ein internationales Großprojekt wie die Bestsellerverfilmung „Der Medicus“ wird großzügig mit fünfundzwanzig Millionen Euro kalkuliert.

Und so langsam kommen die Unternehmungen ins Rollen. Zwei Filmstaffeln sind inzwischen planungstechnisch abgeschlossen. Am 11. März kam die erste Produktion, der Kinderfilm „Teufelskicker“, in die Kinos, knackte eine halbe Million Zuschauer und wurde eine der ganz wenigen, gerade angesichts der 3D-Technik Hollywoods besonders bewundernswerten deutschen Erfolgsgeschichten des Frühjahres. Und Erfolgsgeschichten werden fortgesetzt. Den tapferen Teufelskickern wie auch dem zweiten Ufa-Kinderfilm, „Hanni & Nanni“, der mutig als Kontrastprogramm während der Fußballweltmeisterschaft angesetzt wurde, wird ein zweiter Teil spendiert. Diese Praxis kennt man ansonsten nur aus dem fernen Amerika, wenn Starproduzenten von ihren perfekt kalkulierten Filmpaketen so überzeugt sind, dass sie keine Boxoffice-Zahlen brauchen, um mit Gewissheit aufs grüne Knöpfchen drücken zu können.

Denn was die wenigsten wissen: Letztlich bezahlt Ufa Cinema dank Filmförderungen und Vorabverkäufen von Rechten nur ungefähr zehn Prozent der Produktionskosten. Das Risiko ist minimiert und doppelt und dreifach abgesichert, gerade wenn die Produktionen hauptsächlich günstige und erfolgsversprechende Kinderfilme oder Adaptionen von Bestsellern sind. Deswegen wird der September-Start der untypischen RomCom „Tauben auf dem Dach“ über vier verschiedene Pärchen in Beziehungskrisen, die jeweils von Olli Dietrich und Katja Riemann gespielt werden, besonders spannend. Der vierte und letzte Ufa Cinema-Film 2010 dagegen bewegt sich auf altbekannten Terrain und könnte somit der erfolgreichste werden: Die Romanverfilmung „Dschungelkind“ von Roland Suso Richter („Dresden“) mit Thomas Kretschmann und Nadja Uhl.

In eine ähnliche Kategorie fallen die beiden Buchadaptionen des ehemaligen „Mein Leben und ich“-Autors und heutigen Bestseller-Schrifstellers David Safier, die ich im ersten Kinohalbjahr 2011 erwarte. „Mieses Karma“, die Geschichte um eine eitle Talkshow-Moderatorin, die als Ameise wiedergeboren wird, steht seit ungefähr zweihundert Monaten als meistverkaufste Reiseliteratur in der Spiegel-Liste und „Jesus liebt mich“, Safiers ungleich weniger erfolgreiches zweites Buch um eine am Altar stehengelassene Frau, die sich in einen Zimmermann verknallt, hat bereits mit Jessica Schwarz und Florian David Fitz („Vincent will Meer“) eine erstklassige Besetzung erhalten. Auf die großen europäischen Projekte, die auf den Spuren von „Der Name der Rose“ wandern, muss noch etwas länger gewartet werden. Sicher ist nur, dass fieberhaft und im Stillen an den Verfilmungen zu „Der Medicus“ und Robert Harris’ „Vaterland“ gearbeitet wird.

Fortgeschrittener sind hingegen die Vorbereitungen für die ersten hauseigenen animierten Trickfilme „Glennkill“ und „Marnies Welt“, denen die Herbstpremiere des Constantin-Films „Konferenz der Tiere“ ein gutes Omen sein könnte. Ufa Cinema versucht es weiterhin mit Comicverfilmungen von Ralf König, dessen „Bewegter Mann“ eine Zuschauersensation war, die inzwischen ein paar Jährchen her ist. Ob „Hempels Sofa“ und „Prototyp“ daran anknüpfen können, wird sich zeigen. Anspruchsvollerer Stoffe sind neben Lars Kraumes für Cannes gehandeltes, aber immer noch nicht aufgetauchtes Drama „Die kommenden Tage“ Bernhard Schlinks „Das Wochenende“ und Julia Francks „Die Mittagsfrau“, deren Produktionen im engeren Sinne wohl deshalb auch noch nicht angelaufen sind. Nicht zu vergessen „Niemandsland“ und „Gott will es“, Filme über Stasi und Terrorismus. Und wenn man dem Bestseller-affinen Haus Ufa Cinema einen Tipp geben dürfte: Wenn schon mal Roland Emmerich in Deutschland verweilt und deutsche Endzeitkracher wie „2016“ für die Paramount verfilmen lässt, warum ihn, der sich ganz offenbar in Europa umschaut, weil für viele die Filmfinanzierung in Hollywood immer schwieriger wird, nicht auf Frank Schätzings „Der Schwarm“ ansetzen.

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